Luzerner Theater (Schweiz) – FALSTAFF

von Giuseppe Verdi, Opera buffa, Libretto von Arrigo Boito, UA: 9.2.1893, Mailand
Regie: David Hermann, Bühnen- und Kostümgestaltung: Christof Hetzer, Dramaturg: Christian Kipper, Licht: David Hedinger, Videoanimation: Jürgen Kindermann
Dirigent: Rick Stengards, Luzerner Sinfonieorchester, Chor des Luzerner Theaters
Solisten: Gregor Dalal (Sir John Falstaff), Christof Breitenmoser (Bardolfo), Boris Petronje (Pistola), Tobias Hächler (Ford), Mechthild Bach (Alice Ford), Sumi Kittelberger (Nannetta), Martin Nyvall (Fenton), Annerose Hummel (Mrs. Quickly), Olga Privalova (Meg Page), Ferdinand von Plettenberg (Dr. Cajus)
Besuchte Aufführung: 18.11.07

Kurzinhalt
FalstaffIm Gasthof zum Hosenbund in Windsor frönt Falstaff seine Leidenschaften: die Freßsucht und die Liebe. Zur Abwehr seines finanziellen Ruins schreibt er zwei gleichlautende Briefe an Alice Ford und Meg Page, wobei er nicht damit rechnet, daß beide eng befreundet sind. Sie lesen sich gegenseitig die Briefe vor, sind empört und vereinbaren, Falstaff mit einem Stelldichein bei Alice in die Falle zu locken. Im Haus von Alice glaubt sich Falstaff schon am Ziel, als Mrs. Page und sogar Alices Ehemann Ford ins Zimmer treten. Der Schwerenöter versteckt sich schnell in einem Wäschekorb, den Alices Diener auf deren Anweisung in die Themse ausleeren im Glauben, es handele sich um Wäsche.
Bei einem Glühwein zu Hause erhält er eine weitere Einladung zu einem neuen Rendezvous mit Alice: Er solle sich als Schwarzer Jäger verkleidet um Mitternacht an die Eiche des Herne im Windsorpark begeben. Dort trifft er tatsächlich auf Alice, wird aber von „Waldgeister“ verängstigt. Diese Waldgeister sind die gesamte Bürgerschaft, einschließlich Alices Ehemann, der Tochter Nannetta, seine Zechkumpane Bardolfo und Pistola. So ist er des Spotts aller ausgesetzt.
Die Aufführung
Wer eine klassische Darbietung erwartet, wird enttäuscht. Eine Wand mit camouflagefarbener Tapete liegt im Halbdunkeln. In ihr ist eine Leuchtschiene mit der Aufschrift „F**K YEAH“ angebracht, welche notabene schon brennt, bevor die Oper beginnt. Gute Ideen ersetzten aufwendige Requisiten. Statt eines großen Wäschekorbes, steht eine Vase auf der Bühne, und, anstelle Masken und Kostümen, werden nur Kissenbezüge auf dem Kopf getragen. Falstaff wird als auf dem Bauch tätowierter Casanova dargestellt, der im Netzhemd, oder weißen Gilet die Frauenwelt verunsichert. Anders als im Libretto liegt ihm die Frauenwelt zu Füßen, und selbst Mrs. Quickly versucht bei ihrem Botengang, Falstaff zu bezirzen. Leider bleibt der Humor oft auf einer sehr profanen Ebene. Während Falstaff in der Schlußszene bei der Eiche des Hermes von den Männern mißhandelt wird, tauschen ihre Ehefrauen Zärtlichkeiten mit ihm aus. Bardulfo und Dr. Cajus spielen das glückliche, homosexuelle Paar und Meg Page erschießt sich, aus Kummer über ihr fehlendes Liebesleben.
Ich selber schwankte stets zwischen Amüsement und Kopfschütteln. Schade, denn die gesangliche Leistung war sehr gut. Insbesondere Gregor Dalal (Falstaff) und Sumi Kittelberger (Nanetta) stachen mit brillantem Schauspiel und Gesang aus dem auch sonst starken Ensemble heraus.

Matthias Gähwiler                                                         Foto: Ingo Höhn

Veröffentlicht unter Luzerner Theater (CH), Opern

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