Die Meistersinger von Nürnberg – Bayreuther Festspiele

von Richard Wagner (1813 – 1883) in drei Aufzügen, Text vom Komponisten, UA: 21. Juni 1868 Königlichen Hof- und Nationaltheater, München

Regie: Matthias Davids, Bühne: Andrew D. Edwards, Kostüm: Susanne Hubrich

Dirigent: Daniele Gatti, Chor und Orchester der Bayreuther Festspiele, Choreinstudierung: Thomas Eitler de Lint

Solisten: Georg Zeppenfeld (Hans Sachs), Jongmin Park (Veit Pogner), Michael Nagy (Sixtus Beckmesser), Michael Spyres (Walther von Stolzing), Kordan Shanahan (Fritz Kothner), Matthias Stier (David), Christina Nilsson (Eva), Christa Mayer (Magdalene), Tobias Kehrer (Nachtwächter), u.a.

Besuchte Aufführung: 25. Juli 2025 (Eröffnungspremiere)

Die Meistersinger von Nürnberg
III. Aufzug
Michael Nagy (Sixtus Beckmesser), Christina Nilsson (Eva).
Musikalische Leitung: Daniele Gatti
Regie: Matthias Davids
Bühne: Andrew D. Edwards
Kostüm: Susanne Hubrich
Dramaturgie: Christoph Wagner-Trenkwitz
Licht: Fabrice Kebour
Chorleiter: Thomas Eitler de Lint

Kurzinhalt

Der Ritter Walther von Stolzing liebt Pogners Tochter Eva. Sie soll demjenigen zur Frau gegeben werden, der den Meistersingerwettstreit gewinnt. Die Meistersingervereinigung lehnt die Aufnahme des Ritters zunächst wegen seines unkonventionellen, nicht regelkonformen Probeliedes ab. Allein der Schuster Hans Sachs tritt für ihn ein und erkennt sein Talent. Auch der Stadtschreiber Beckmesser interessiert sich für Pogners Tochter, doch am Ende ist es Walther von Stolzing, der den Wettstreit und damit Eva gewinnt.

Aufführung

Die neue Produktion Die Meistersinger von Nürnberg in der Regie von Matthias Davids versucht sich an die bildgewaltige Inszenierung seines Vorgängers anzulehnen. Herausgekommen ist ein bildgewaltiges Werk mit detailliert und eindrucksvoll choreographierten Chorszenen, einem absurd surrealen Bühnenbild und Kostümen, die Bezug nehmen auf die aktuelle Trachtenmode der Spaß- oder Bussi-Bussi-Gesellschaft. Man denke hierbei durchaus an die Wiesn – an das aktuelle Oktoberfest.

Am Anfang steht man vor einer absurd und einzelnen Doppelstiege, die zu einem kleinen Kirchenraum führt. Den Choral hört man somit aus dem Hintergrund. Durch eine Drehung des Bühnenbildes kann man abwechselnd das Singgericht oder kommende/gehende Meister und Gäste beobachten. Der Aufbruch der Meister gerät doch zu einem erwarteten Stolpern auf der Steilen Treppe, denn eine augenzwinkernde aber nicht lustige Komödie soll es ja sein.

Der 2. Akt spielt auf einem ineinander verschachtelten Platz aus runden Platten, Begrenz von grünen Tannen und einer gelben Telefonzelle. Erfüllt sich zur Prügelfuge mit einem gezielten Aufmarsch, einer herrlichen allgemeinen Verfolgungsjagd und einem schnell auf- und abgebauten Boxring für David und Beckmesser, der nach Punkten verliert.
Für die Schusterstube wird dieser Platz mit Möbeln und einer Brüstung zu einer Stube umgebaut, die Verwandlung zur Festwiese erfolgt bei geschlossenem Vorhang. Es entsteht ein großer Platz, auf dem die Meister bei Ihrem Einzug von den Umstehenden bejubelt werden. Über dem Podium in der Mitte schwebt eine große bunte Kuh, die bei der Forderung „Ehrt Eure deutschen Meister“ den Kopf hängen läßt. Walter muß erst überzeugt werden den Meistertitel anzunehmen und Eva als Preis zu erhalten. Nichtsdestotrotz gibt er die Meisterkette zurück und verschwindet mit Eva vor der Schlußapotheose.

Sänger und Orchester

Musikalisch erweist sich Daniele Gatti nicht nur als genialer musikalischer Leiter, sondern auch als subtiler Strippenzieher von Erzählung und Handlung. Ohne sich selbst in den Vordergrund zu drängen, gestaltet er den Ablauf mit einer klugen Zurückhaltung, die der Gesamtwirkung zugute kommt. Auf vordergründige Höhepunkte verzichtet er, und doch funktioniert der Spannungsbogen ausgezeichnet – selbst heikle Passagen wie die Prügelfuge oder der Einzug zur Festwiese fügen sich organisch ins Gesamtgefüge.

Georg Zeppenfelds Hans Sachs strahlt vokale Wärme und kultivierte Linienführung aus, doch die Figur bleibt in ihrer geistigen Tiefe eher ein kontemplativer Beobachter als ein impulsgebender Gestalter – mehr Philosoph als Anführer. An seiner Seite bringt Michael Spyres als Walther von Stolzing das notwendige Maß an jugendlicher Strahlkraft und textdeutlicher Leidenschaft mit, wodurch die Figur jene Mischung aus Ehrgeiz und Lyrik erhält, die den dramatischen Kern des Stücks mitträgt.

Christina Nilsson verleiht der Eva einen hellen, silbrigen Glanz, wirkt dabei aber stimmlich weniger raumgreifend, Sodas die Figur eher als sensible, zuweilen fast zurückgenommene Kraft erscheint. Umso prägnanter tritt Michael Nagys Beckmesser auf – kein bloßer Spötter, sondern ein detailversessener, tragikomischer Charakter, dessen präzise artikulierte Linien und szenische Präsenz das Spannungsfeld zwischen Komik und Tragik ausloten. Christa Mayer bringt als Magdalene jugendliche Wärme ins Spiel und kontrastiert so geschickt die zunehmend ernster gezeichnete Eva.

Jongmin Park gibt den Veit Pogner mit kultiviertem, doch zuweilen zu leichtgewichtigem Bass, wodurch die patriarchale Gravität der Figur etwas gemildert wirkt. Matthias Stier hingegen überzeugt als David mit frischem, beweglichem Tenor, der im Ensemblespiel immer wieder leuchtende Akzente setzt. Gemeinsam erzeugen diese Stimmen ein Beziehungsgeflecht, das weniger von stimmlicher Übermacht als von feiner Charakterarbeit lebt – und gerade darin seinen Reiz entfaltet.

Fazit

Sind die Meistersinger tatsächlich lustig – eine Komödie oder Satire? Man spricht zumeist von Augenzwinkernd.

Ehrt eure deutschen Meister. Typische zeitgemäße Ablehnung alles Deutschen. Dabei geht es im Höchstfall um eine Huldigung an Ludwig II (als Übermeister), den Eigenlob an Wagner. Und die Abrechnung mit seinen

Deutsche Meister. Neben einer Verteidigung gegen Musikkritikern handelt es sich wohl eher um eine Laudatio an Ludwig II und eine Lobhudelei gegen sich selbst, denn Wagner empfand sich als der große Künstler, der die Maßstäbe im seinerzeitigen Musikgeschäft gesetzt hat.

Wieder wurde aus den Meistersingern eine ernstzunehmende (sic!) Komödie gemacht, auch wenn dem Zuschauer das Lachen doch manchmal einschläft. Mit herausragenden Sängern und einer Bewegungschoreographie, die den hohen Aufwand rechtfertigt, zählen diese Meistersinger zu den positiven Höhepunkten des Regietheaters und der Bayreuther Festspiele. Und sie sind unüberhörbar absolute Publikumslieblinge!

Oliver Hohlbach

Das Bild zeigt: Michael Nagy (Sixtus Beckmesser), Christina Nilsson (Eva)

Bild: Enrico Nawrath

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