Rigoletto – Heidelberg, Stadttheater

von Giuseppe Verdi, Oper in drei Akten, Libretto: Francesco Maria Piave
UA: 11. März 1851 Venedig , Teatro la Fenice

Regie, Bühne und Kostüme: Alexandra Szemerédy und Magdolna Parditka, Licht: Ralph Schanz
Dramaturgie: Ulrike Schumann

Dirigent: Elias Grandy, Chor: Ines Kaun, Philharmonisches Orchester, Herrenchor, Extra-Herrenchor und Statisterie des Theaters Heidelberg

Solisten: Nenad Čiča (Graf von Mantua), James Homan (Rigoletto), Carly Owen (Gilda), Wilfried Staber (Sparafucile), Shahar Lavi (Maddalena), Ks. Carolyn Frank (Giovanna), Daniel Choi (Graf von Monterone), Ipča Ramanović (Marullo), Namwon Huh (Borsa), Woo Kyung Shin (Graf von Ceprano), Mi Rae Choi (Gräfin von Ceprano), Hans Voss (Gerichtsdiener), Jana Krauße (Page der Herzogin)

Besuchte Aufführung: 22. September 2018 (Premiere)

Kurzinhalt

Bei einem Festgelage beim Grafen von Mantua erscheint inmitten von Liebeleien und dem Spott des Hofnarren Rigoletto Graf von Monterone. Da der Graf von Mantua sich an dessen Tochter vergangen hat, verflucht dieser dessen Hofgesellschaft und überschüttet ihn mit Spott. Derweil kommt zum Amüsement der Höflinge heraus, daß der bucklige Rigoletto angeblich eine Geliebte habe. Sie erlauben sich den Spaß, das Mädchen zu rauben. Es handelt sich allerdings um Rigolettos Tochter Gilda. In seinem Palast stellt er zu seiner Überraschung fest, daß das entführte Mädchen die Tochter Rigolettos ist. Seine Freude ist groß. Rigoletto dagegen kann seinem Herrn die Schändung seiner Tochter nicht verzeihen und beauftragt einen Berufskiller, das Problem zu lösen.

Aufführung

Dem Zuschauer öffnet sich bereits während des Vorspiels der Blick auf ein Schlachthaus. Alles ist weiß gekachelt und steril gehalten. Die ersten Protagonisten bewegen sich derweil durch den Raum. Ist es Maddalena oder Giovanna? Der Herzog oder Graf Ceprano? Da die Handlung noch nicht eingesetzt hat, kann man nur spekulieren. Interaktion zwischen den Protagonisten findet so gut wie nicht statt, die Kostüme sind indifferent und machen die Figuren zu Schatten ihrer selbst. Gilda versucht sich mit einem Messer die Pulsadern aufzuschneiden, Rigoletto ist ein Koch, der den Herzog zu befriedigen hat – mit Vorliebe gibt es Menschenfleisch. Im Finale bringt sich Gilda schließlich selbst um.

Sänger und Orchester

Den besten Eindruck des Abends hinterlassen Elias Grandy und sein Philharmonisches Orchester Heidelberg. Die Musik ist dynamisch und akzentuiert. Vom sanften Pianissimo über donnernde Sforzati bis hin zu detaillierter Rhythmisierung läßt diese Aufführung wenig zu wünschen übrig. Verdis Tanzrhythmen wogen pulsierend durch den Saal, bei der Unwetterszene im dritten Akt meint man, der Sturm blase direkt aus dem Orchestergraben. Unter den Sängern krönt Carly Owen als Gilda diese Produktion. Ihr Timbre ist klar, nicht zu scharf und die Interpretation der Arie Caro nome – Geliebter Name gelingt auch in den Koloraturen und Spitzentönen tadellos. Etwas blasser erscheint hingegen Nenad Čiča, der zwar ein angenehmes leicht rauhes Timbre hat, jedoch oft vom Orchester übertönt wird. Als Rigoletto bietet James Homan eine solide Partie. Allerdings ist er an vielen Stellen nicht sonderlich ausdrucksstark was daran liegen kann, daß man mit ihm die Rolle nicht auf szenischer Ebene erarbeitet hat. Wilfried Staber als Sparafucile bietet einen sonoren Baß, der Freude beim Zuhören macht. Auch Shahar Lavi in der Partie der Maddalena ist eine erfreuliche Wahl wie auch Ks. Carolyn Frank als Giovanna. Ärgerlich ist nur, daß – wie so oft – die Bühnenmusik zu Beginn aus schlecht plazierten Lautsprechern zu hören ist und das Zusammenspiel mit den Sängern vorne und hinten nicht funktioniert.

Fazit

Während der Abend auf musikalischer Ebene in einigen Punkten sehr überzeugt, ist die szenische Umsetzung die Achillesverse dieses Opernabends. Die Regisseure erzählen eine Geschichte, welche mit der Handlung nichts mehr zu tun hat. Auf- und Abgänge werden willkürlich gesetzt und die Sänger finden oftmals nur schwer zu einer glaubhaften schauspielerischen Umsetzung. Die Regie ist an einigen Punkten etwas unglücklich angelegt: zu Beginn des Banketts im ersten Akt ist keine Hofgesellschaft zu sehen, der Herzog vergnügt sich allein mit der Gräfin Ceprano, während Rigoletto darüber spottet. Als die Menge sich etwas später auflöst und die Szene intimer wird, tummelt sich der Chor noch immer auf der Bühne.

Man muß den Rigoletto bereits sehr gut kennen, um nicht vollständig das Verständnis der Geschehnisse zu verlieren. Der Trick an solchen Produktionen scheint folgender zu sein: dem menschlichen Verstand vertraute Inhalte mit völlig neuen, zusammenhangslosen Sinneseindrücken zu verknüpfen, um letztendlich über die Irritation und das Unverständnis seiner Zuschauer triumphieren zu können. Wer sich also so weit vom eigentlichen Stück entfernt, sollte künftig die Finger sowohl von Rigoletto als auch von Verdi lassen.

Daniel Rilling

James Homann (Rigoletto), Carly Owen (Gilda)

Bild: Sebastian Bühler

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