ROMÉO ET JULIETTE – Seoul Arts Center, Korea National Opera

von Charles Gounod (1818-1893), Oper in 5 Akten, Libretto:  Jules Barbier und Michel Carré,  UA:  27 April 1867 Paris, Théâtre Lyrique

Regie: Elijah Moshinsky, Bühne/Kostüme: Richard Hudson, Licht: Nigel Levings, Choreographie: Terry  John Bates, Fechtmeister: Natalie Darkin, Makeup: Park Youngwa

Dirigent: Julian Kovachev, Prime Philharmonic Orchestra, Scala Opera Chorus, Jin Art Company, Choreinstudierung: Lim Byungwook

Solisten: Irina Lungu (Juliette), Francesco Demuro (Roméo), Kim Chuljun (Frère Laurent), Song Keechang (Mercutio), Park Junhyuk (Capulet), Kim Jungmi (Stephano), Choi Sangbae (Tybalt),Yang Gaehwa (Gertrude). Park Sangouk (Paris), Lee Weongyong (Benvoglio), Ahn Byunggil (Gregorio), Park Jinpyo  (Graf von Verona)

Besuchte Aufführung: 2. Oktober 2014 (Premiere)

Korea National Opera romeo et juliette 7Kurzinhalt
Das Libretto folgt ziemlich genau dem Text von Shakespeares Drama. Der einzige Unterschied: In der Schlußszene ist Romeo noch am Leben, als Juliette wieder erwacht, und sie sterben gemeinsam.

Aufführung
Elijah Moshinsky und sein Team bieten uns eine einfache, einleuchtende Inszenierung. Um ewaigen Ideologen von vornherein Einhalt zu gebieten, erklärt der Regisseur gleich: In dieser Oper geht es weder um politische Unruhen noch um Sex, sondern um Liebe….Die Inszenierung soll somit nach Schönheit streben und versuchen die Atmosphäre alles verzehrender Liebe, aber auch unentrinnbarer Tragik heraufzubeschwören. Das einheitliche Bühnenbild ist eine klassische Palladiofassade mit einem breiten Durchgang in der Mitte, der sich durch einfache Tranformationen der jeweiligen Szene anpaßt: Ballsaal, Garten mit Sternenwand, Klause mit Verkündigungsengel – ein Fresko à la Giotto, stilisiertes Himmelbett, Grabesgruft. Die Kostüme sind stilisiert, aber an Vorbilder des 16./17. Jahrhunderts angelehnt. Die Capulets in beige, die Montaigus in rot. Juliette in langem weißem Kleid, in der Schlußszene in rot. Romeo romantisch in schwarzem Umhang, schwarzen Hosen und weißem Hemd. Die Choreographie ist gut durchdacht, besonders bühnenwirksam in der Kampfszene.

Sänger und Orchester
Die zeitgenössische Kritik nannte diese Oper ironisch Vier Liebesduette mit Beilagen. Das trifft insofern zu, als die Duette tatsächlich den wesentlichen Teil der Partitur ausmachen. Und so steht und fällt eine Aufführung auch mit den beiden Hauptdarstellern. Hier ergibt der hell timbrierte Tenor des Italieners Francesco Demuros einen romantischen Romeo, besonders bewegend in der Gartenszene im zweiten Akt L’Amour! Oui, son ardeur a troublé mon être, oder in der Schlußszene C’est là! Salut! Tombeau sombre et silencieux. Die russische Sopranistin Irina Lugu als Juliette hat einen schönen, kräftigen, dramatischen Sopran, der in der großsartigen und unheimlichen Schlafszene im vierten Akt Dieu! Quel frisson court dans mes veines hervorragend zur Geltung kommt. Dennoch hätte man sich bei der Interpretation der lyrischen Szenen weniger Dramatik, weniger Vibrato, und mehr weiche mezza voce gewünscht, wie es der Sängerin im Gebet am Ende der Trauungsszene im dritten Akt gelungen war. Sehr wohlklingend Kim Chuljuns tiefer Baß als Frère Laurent in den legati der Trauungsszene. Er demonstriert dabei eine bemerkenswerte Diktion, die leider nicht allen Ausführenden gegeben war. Song Keechang mit tiefem abgerundeten Baß und Choi Sangbae mit dramatischem Tenor singen und spielen überzeugend die streitsüchtigen Mercutio und Tybalt. Yang Gaehwa ist mit verhaltenem Mezzosopran die fürsorgliche Amme Gertrude und Park Sangouk mit gemessenem Baß der würdige Patriarch der Capulets. Zu erwähnen wäre noch Kim Jungmi, die als übermütiger Stefano eine frische, heitere Note in das tragische Geschehen einbringt. Erwähnenswert wäre ebenfalls der kräftige gut einstudierte Chor, der immer wieder im Geschehen eine nachdrückliche Rolle spielt.
Julian Kovachev dirigierte Soli, Chor und Orchester mit Schwung, aber auch mit romantischem Feingefühl.

Fazit
Charles Gounods Roméo et Juliette, zu seinen Lebzeiten vielleicht seine erfolgreichste Oper, ist heute leider nur noch selten auf den Spielplänen zu finden. Es war ein besonderes Vergnügen, dieses Werk in der grandiosen Oper des Seoul Art Centers in einer ausgezeichneten Aufführung zu sehen und zu hören.

Alexander Jordis-Lohausen

Bild: JD Woo / Korea National Opera

Das Bild zeigt: Bildmitte, von der li Seite: Junhyuk Park (Capulet), Sangbae Choi (Tybalt), Sangouk Park (Paris), Francesco Demuro (Roméo)

 

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