LEUCIPPO – Köln, Oper im Palladium

von Johann Adolf Hasse (1699-1783), Favola pastorale(Schäferspiel)  per musica in drei Akten, Libretto: Giovanni C. Pasquini, UA: 1747 nach Dresden, Hubertusburg, 1757 für Schwetzingen überarbeitet.

Regie: Tatjana Gürbaca, Bühne: Henrik Ahr, Kostüme: Barbara Drosihn, Licht: Andreas Grüter

Dirigent: Gianluca Capuano mit dem Concerto Köln, Chor: Barock Vokal, Choreinstudierung: Andrew Ollivant

Valer Sabadus (Leucippo), Kenneth Tarver (Oberpriester Narete), Regina Richter (Dafne), Klara Ek (Climene, Schwester Leucippos), Claudia Rohrbach (Delio), Luke Stoker (Nunte)

Besuchte Aufführung: 2. Oktober 2014 (Premiere, Koproduktion Schwetzinger Festspielen)

Köln LeucippoVorgeschichte
Der Schäfer Delio raubt Leucippo seinem Vater Narete und bringt ihn zu Alcimedon, einem Priester der Göttin Diana. Dieser erzieht ihn unter dem Namen Aristeus. Nach einiger Zeit wird dieser für den Sohn Alcimedons gehalten. Delios Absicht war dabei, einen gefährlichen Nebenbuhler zu beseitigen. Sowohl Narete als auch Delio kommen später nach Arkadien, Delio, weil er Diana liebt und Narete, um seinen Sohn Leucippo wiederzufinden. Narete wird nach Alcimedons Tod dessen Nachfolger.

Im Mannsalter verliebt sich Aristeus in Dafne, die allerdings als Tempeldienerin der Diana der Keuschheit verpflichtete ist. Aristeus spricht gegenüber Dafne von Liebe, was in Arkadien ein schweres Vergehen ist und mit dem Tode bestraft wird. Hier setzt die Opernhandlung ein.

Kurzinhalt
Narete muß als Priester der Diana das Todesurteil an Aristeus vollstrecken. Doch er zögert, da er eine große Zuneigung zu ihm empfindet. Er läßt Aristeus fliehen. Zunächst versteckt dieser sich, wird aber entdeckt. Um die Todesstrafe vom ihm abzuwenden, will Dafne den Tod für Aristeus erleiden. Damit unterliegt Aristeus nicht mehr der Todesstrafe. Als Delio merkt, daß Dafnes Entschluß ernst ist und er es nicht ertragen kann, sie endgültig zu verlieren, offenbart er sein Verbrechen und erklärt öffentlich, daß er Aristeus seinem Vater Narete geraubt habe, dieser also Leucippo sei. Leucippo und Dafne sinken sich überglücklich in die Arme.

Aufführung
Die Bühne stellt ein zum Hintergrund schmaler werdender Raum mit glatten hellbraunen Holzplatten dar. Darüber hängt eine ovale Decke aus ebensolchem Holz. Zum Opernende wird sie heruntergelassen, so daß die Protagonisten darauf herumgehen können. An den Wänden entlang gibt es eine umlaufende Sitzbank. Eine wandhohe Tür wird immer mal geöffnet und geschlossen, so daß die Sänger den Raum verlassen können. Dieses Bild bleibt von Anfang bis Ende. Es ist eine „Einheitsbühne“.

Die Kleidung der Hirten besteht aus grauen langen oder kurzen Röcken. Narete kommt im schwarzen Anzug und weißem Hemd zum Vorschein. Die weiblichen Figuren tragen Röcke, Climene ein hellgelbes, Dafne einen pinkfarbenes Kleid. Nunte und Leucippo/Aristeus erscheinen in Hemd und Jackett, kurzer Hose und weißen Knieschonern. Delio ist in ein kurzer Hose und Hemd gekleidet. Jacketts, Hemden und Unterhemden reißen sich die Betreffenden öfter vom Leib. Narete trägt außerdem Sandalen, Leucippo

heutige „modische Halbstiefel“, Climene Ballettschuhe mit Bändern, Dafne Stiefletten und Delio Stoffturnschuhe.

Sänger und Orchester
Schon bei der Ouvertüre wundert man sich über das gehetzt wirkende Tempo, kein Atemholen war zu spüren. Hinzu kam des öftern in der Folge eine Überlagerung der Stimmsolisten. Später gerieten einige langsamere Arien besser. Der Chore Barock Vokal, der die „Hirten“ und „Nymphen“ darstellten, eröffnete die Oper mit: Göttin der Wälder, die du einem Herzen zürnst, das der Lieber schuldig und dir nicht treu ist (entnommen dem Programmheft in der Libretto-Übersetzung von Tatjana Gürbaca.) Die hellen Stimmen artikulierten deutlich und klar.

Kenneth Tarver (Narete), der unglückliche Vater Leucippos, stellte in den Arien seine helle Tenorstimme in allen Schattierungen vor. Seine Koloraturen kamen in großer Deutlichkeit und sauberer Intonation heraus. Die Auszierungen der Fermatenschlüsse innerhalb der Arien zeigten Energie und richtige dynamische Abstufungen, waren auch nicht so schematisch wie bei den meisten der anderen Protagonisten. Auffallend sein Bemühen bei Trillern, die er fast immer formvollendet hinlegte. Allerdings schienen die Wiederholungen der Dacapo-Arien oft gestrichen, wie es dann im Opernverlauf meist gemacht wurde. Das war mißlich, da es ja gerade die mit Variationen bei den Wiederholungen angereicherten Arien sind, die die Belcanto-Oper so attraktiv machen!

Die junge schwedische Sängerin Klara Ek (Climene) hatte da schon mehr Schwierigkeiten mit den Koloraturen. Ihre in den Höhen leuchtende Sopranstimme, die sie besonders bei Fermaten in stereotypischer Art einsetzte, schmierte ein wenig zu oft die Koloraturen. Die Rhythmik von Triolen und schnellen fortlaufenden Noten wurden auch nicht allzuoft deutlich gemacht. Claudia Rohrbach stellte den „bösen“ Halbgott Delio eindrucksvoll dar, wurde auch in den meisten Gesangslinien der Partie gerecht, wenn sich auch einige Intonationstrübungen einstellten, blieb aber rhythmisch und in der Artikulation kaum etwas schuldig. Regina Richter, in der weiblichen Hauptrolle der Dafne, mühte sich redlich, doch gerieten die Koloraturen oft undeutlich und ihre Triller waren meist ein verstärktes Vibrato.

Die anfängliche Faszination des Soprancounters Valer Sabadus (Leucippo) wurde nach und nach getrübt durch eine merkwürdige Erscheinung: fast alle Linien flossen ununterscheidbar ineinander und oft hatte man den Eindruck, daß seine Gesangslinien nicht immer dem entsprach, was Johann Adolf Hasse komponiert hatte. Daher wirkte sein außergewöhnlicher Soprancounter auf lange Strecken ermüdend.

Fazit
Es entstand der Eindruck, daß es den Sängern an Probezeit gefehlt hatte. Hinzu kam das überaus öde Bühnenbild, das auch nicht von den Kostümen im heutigen Freizeitlook aufgemischt wurde und offenbar die Zuschauer so wenig beeindruckte, daß nur ein kurzer Schlußapplaus das Opernende markiert. Ein Arkadien mit so wenig Charme konnte wohl kaum die Zuschauer im Palladium von den Sitzen reißen.

Dr. Olaf Zenner

Bild: Paul Leclaire/Oper Köln

Das Bild zeigt: Bühnentotale mit Klara Ek (Climene), Regina Richter (Dafne), Luke Stoker (Nunte), Barock Vokal

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