ARABELLA – Paris, Opéra Bastille

von Richard Strauss, lyrische Komödie in drei Aufzügen, Libretto: Hugo von Hofmannsthal, UA: 15. Juli 1933 Dresden, Semperoper

Regie/Bühne: Marco Arturo Marelli, Kostüme: Dagmar Niefind, Licht: Friedrich Eggert

Dirigent: Philippe Jordan,  Orchester und Chor de l’Opéra National, Choreinstudierung: Patrick Marie Aubert

Solisten: Kurt Rydl (Graf Waldner), Doris Soffel (Adelaide), Renée Fleming (Arabella), Julia Kleiter (Zdenka), Michael Volle (Mandryka), Joseph Kaiser (Matteo),  Eric Huchet (Graf Elemer). Edwin Crossley-Mercer (Graf Dominik), Thomas Dear (Graf Lamoral), Iride Martinez (Die Fiakermilli), Irène Friedli (Die Kartenaufschlägerin), Istvan Szecsi (Welko), Bernard Bouillon (Djuro). Gérard Grobman (Jankel), Ralf Rachbauer (Ein Zimmerkellner), Slawomir Szychowiak, Daejin Bang, Shin Jae Kim (Drei Spieler)

Besuchte Aufführung: 14. Juni 2012 (Premiere)

Kurzinhalt

Graf Waldner steht vor dem Ruin. Nur eine reiche Hochzeit seiner schönen Tochter Arabella kann ihn retten. Aber die  junge Dame ist wählerisch  und abweisend. Sie träumt von der großen Liebe. Ihre Schwester Zdenka liebt insgeheim Matteo, der aber Arabella hoffnungslos verehrt.

Auf einem Ball lernt Arabella Mandryka, einen reichen kroatischen Gutsbesitzer kennen, der gekommen ist, um sie zu werben. Das ist die große Liebe! Sie schwören einander ewige Treue. Doch Arabella will den Abend ein letztes Mal allein im Kreise ihrer Freunde verbringen. Inzwischen überbringt Zdenka Matteo einen Schlüssel mit der Nachricht, es sei Arabellas Zimmerschlüssel und sie erwarte ihn dort. Mandryka überhört dies Gespräch. In Wirklichkeit gewährt Zdenka Zutritt zu ihrem Zimmer. Matteo hält sie bezüglich Arabella im Dunkeln.

Als diese spät vom Ball zurückkommt, löst Mandryka wütend die Verlobung, doch sie weist ihn und all seine Vorwürfe schroff zurück, weil sie sich keiner Untreue schuldig fühlt. Das Mißverständnis klärt sich erst, als Zdanka zerknirscht erscheint. Arabella vergibt Mandryka und die Oper schließt mit ihrem Liebesduett.

Aufführung

Die weite Bühne der Opéra de Bastille wird durch eine holzgetäfelte, hellblaue Wand nach hinten begrenzt. Der entstandene Raum ist fast leer. Da hinein verstreut der Regisseur die Darsteller, was nach eigener Aussage deren innere Einsamkeit symbolisiert –  in diesem Spiel des Kommens und Gehens. Letzteres wiederum wird durch sich öffnende, um die eigene Achse drehende Wandteile dargestellt. Sie geben jeweils einen Durchblick auf eine Straße, auf einen Ballsaal oder auf einen Garten frei. Die Kostüme sind zeitgemäß (1860) und geschmackvoll. Nur Matteo im letzten Akt sieht in schwarzem Hemd und Hose etwas abgerissen aus, was wohl auch seinen inneren Seelenzustand andeuten soll.

Sänger und Orchester

Renée Fleming singt die Arabella, mit einer unvergleichlich starken vollen Sopranstimme, heiter und lebendig, wenn es die Rolle verlangt, und bewegend, mit tiefer Innigkeit, in den lyrischen Szenen, wie in der ersten Liebesszene mit Mandryka (2. Akt): Und du wirst mein Gebieter sein oder in der Schlußszene der Oper Das war sehr gut, Mandryka, daß Sie noch nicht fortgegangen sind. Sie gilt zu Recht als eine der größten, wenn nicht die größte Strauss-Sängerin unserer Zeit. Michael Volle spielt und singt den sensiblen Hünen Mandryka mit ausdrucksvollem Bariton und großer Bühnenpräsenz, lautstark und kraftvoll in Szenen der Wut oder Verzweiflung, aber auch lyrisch, wie in der (von Hofmannsthal bezaubernd dichterisch geschriebenen) Erzählung seiner Heimat Da fließt der helle stille Donau mir beim Haus vorbei. Julia Kleiters reiner warmer Sopran (manchmal etwas eng in den Höhen) als Zdenka verbindet sich besonders schön im Duett der Schwestern (1. Akt) Ich red‘ im Ernst, ich red‘ die Wahrheit jetzt zu dir! Der volle Baß Kurt Rydls und der dramatische Mezzo Doris Soffels ergeben glaubhaft das schwache, verantwortungslose Elternpaar Waldner. Joseph Kaiser meistert die Rolle des armseligen Matteo mit trübem Spiel und klarer, heller Tenorstimme. Iride Martinez, in rotgoldenen Glitzerkleid und gleichfarbiger Melone, ist die operettenhafte Fiakermilli. Zu erwähnen seien noch Eric Huchet, Edwin Crossley-Mercer und Thomas Dear, besonders lebendig in Arabellas Abschied von diesen drei Freiern Und jetzt sag ich Adieu, mein lieber Dominik (2. Akt).

Philippe Jordan hat die volle Palette Strauss’scher Klangfarben im Orchester zum Ausdruck kommen lassen. Auch hat er sich redlich bemüht – was bei Richard Strauss nicht immer einfach ist – ein Überhandnehmen des Orchesters gegenüber den Sängern und Sängerinnen zu verhindern.

Fazit

Die Opéra National de Paris hat Arabella, dieses Gegenstück zum Rosenkavalier in der langjährigen Zusammenarbeit  von Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal, in einer gefälligen Inszenierung und in Star-Besetzung als Abschluß der heurigen Spielzeit neu auf die Bühne gebracht. Es war einer jener ganz seltenen, beseligenden Opernabende.

Alexander Jordis-Lohausen

Bild: Ian Patrick

Das Bild zeigt: Renée Fleming (Arabella), Iride Martinez (Die Fiakermilli), Mitte,  Eric Huchet (Graf Elemer) re.

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