PHARAO TUBAETES – Ekhof Festival, Schloß Friedenstein, Gotha

von Carl-Heinrich Graun (1704-1757), Opera seria in 5 Akten, nach Apostolo Zeno mit deutschen Rezitativen von Johann Samuel Müller, Libretto: Steffen Voss, UA: 1735, Braunschweig

Regie: Igor Folwill, Bühne: Manfred Kaderk, Kostüme: Kerstin Beyer

Dirigent: Sebastian Breuing, Concert Royal Köln, Vokalensemble I Ripieni

Solisten: Raimonds Spogis (Pharao Tubaetes), Stephanie Elliott (Zama), Harald Maiers (Ramesses), Sibylla Müller (Asaf), Tanya Aspelmeier (Nitocris), Henning Kaiser (Hermes), Monika Reinhard (Jasingus).

Besuchte Aufführung: 15. Juli 2011 (Premiere 24. Juni 2011)

Vorbemerkung

Das Ekhof-Festival (gegründet 1996) findet im barocken Schloßtheater von Schloß Friedenstein (1687) statt. Veranstaltet wird das Festival von der Stiftung Schloß Friedenstein Gotha, die auch das Schloß verwaltet. Beteiligt sind auch die ehemaligen Hausherren, die Herzöge von Sachsen-Coburg und Gotha. Der Name geht auf Conrad Ekhof zurück, der zwischen 1774 und 1778 an diesem ersten deutschen Hoftheater beteiligt war. Das Theater mit 165 Sitzplätzen verfügt noch über die originale barocke Bühnenmaschinerie, wie Wellbaum, Bodenversenkung, Wind und Donner., die auch heute noch von Kulissenschieber bewegt werden. Das Programm sieht eine Oper, ein Schauspielstück und ein Konzert vor. Für jede dieser Neu-Produktionen (Wiederaufnahmen gibt es normalerweise nicht) wird ein eigenes Ensemble aus Barockspezialisten zusammengestellt. Das Thema des Festivals spiegelt sich auch in den kostbaren Ausstellungen des Schloßmuseums wieder. In diesem Jahr war es der Elefant, der einen Auftritt in der Oper hatte, aber auch als vielfaches Sammelobjekt im Museum wiederkehrt, wie z.B. das historische Skelett eines Ur-Elefanten. Der Pausenimbiß – respektive das intellektuelle Pausengespräch – im beeindruckenden Schloßhof kann man in eine Reihe mit dem Picknick in Glyndebourne oder dem Picknick aus dem Kofferraum auf dem Festspielparkplatz in Bayreuth stellen.

Kurzinhalt

Bei der Oper handelt es sich um eine deutsche Bearbeitung einer Wiener Oper über den Mogulkaiser Jahangir. Die Handlung im antiken Ägypten stellt den Vater-Sohn-Konflikt in den Mittelpunkt, in dem der rebellische Sohn Ramesses behauptet, sein Großvater hätte ihn als Thronfolger über seinen Vater Tubaetes hinweg bestimmt. Im Hintergrund steht eine komplizierte Liebesgeschichte: Ramesses soll aus dynastischen Gründen die Tochter seiner Stiefmutter Zama heiraten. Er ist jedoch in Nitocris verliebt, die in Verkleidung am Hof lebt, um den Pharao zu ermorden. Asaf – Minister des Pharaos und Bruder der Königin – begehrt ebenfalls Nitocris. Am Ende kommt es zur Versöhnung zwischen Vater und Sohn, Dank des selbstlosen Einsatzes der weisen Zama.

Aufführung

Dreh- und Angelpunkt dieser Produktion ist die barocke Bühnentechnik. Auf Klingelzeichen verwandelt sich die Bühne von einem Park in eine Meereslandschaft, in einen Palast oder in einen ägyptischen Repräsentationsraum. Ein besonderer szenischer Effekt, bei dem der Herrscher in einer Triumphzugszene in einem Wagen mit zwei vorgespannten Elefanten auf die Bühne gezogen wird, wird durch ein bemaltes Tuch dargestellt, das an einem Seil über die Bühne gezogen wird, typischer barocker Bühneneffekt. Die Kostüme entsprechen den barocken Vorstellungen an das historische Ägypten. Unterstützt wird dies durch die pointierte Personenregie von Igor Folwill, der sich einen Ruf als Spezialist für Händel-Opern erarbeitet hat.

Sänger und Orchester

Das Stagione-Ensemble des Ekhof-Festivals kann bei dem geringen Etat nicht unbedingt aus der ersten Garde der Barock-Solisten bestehen, jedoch gelingt es gute Nachwuchskräfte zu engagieren. Diese Produktion wurde vom Ensemble Concert Royal Köln mit historischen Instrumenten gestaltet. Sebastian Breuing ist der kongeniale musikalische Leiter dieser Produktion, er schlägt ein relativ flottes Tempo an, erzeugt mitreißende barocke Klangkaskaden und zeigt so, daß Carl-Heinrich Graun zu Unrecht auf seine Eigenschaft als Flötenlehrer Friedrichs des Großen reduziert wird.

Das Vokalensemble I Ripieni ist fest mit dem Haus verbunden. Obwohl keine Berufssänger, haben sie sich im Laufe der Zeit beeindruckende Kenntnisse mit dem historisch orientierten Chorgesangs erarbeitet. Zu Loben ist auch das ausgewogen hohes Niveau der Solisten. Besonders hervorzuheben der lyrische Baß Raimonds Spogis als Pharao, der vom Liedgesang kommt und technisch brillant auf die Gesangslinie achtet. Der Tenor Henning Kaiser kann in der sehr anspruchsvollen Nebenrolle des Hermes mit teuflisch schwierigen Koloraturen glänzen. Harald Maiers (Ramesses) ist ein Altist, der wegen seiner sehr sicheren Höhe bestimmt noch von sich reden machen wird.

Fazit

Das Ekhof-Festival erweist sich als weithin unbekannter, aber dennoch sehr bedeutender Beitrag zur Auseinandersetzung mit der historischen Aufführungspraxis und der barocken Bühnentechnik. Das Ergebnis ist spannendes, lebendiges Theater, das meilenweit von einem verstaubten Museumsbetrieb entfernt ist. Das von weither angereistem Publikum, das sich auch zu einer Art Stammpublikum entwickelt hat, würdigte die Produktion mit lang anhaltendem, sehr freundlichem Applaus.

Oliver Hohlbach

Bild: Adrian Reeder

Das Bild zeigt: Raimonds Spogis (Pharao Tubaetes), Stephanie Elliott (Zama)

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