MADAMA BUTTERFLY – Bremen, Theater am Goetheplatz

von Giacomo Puccini (1858–1924), Libretto: Giuseppe Giacosa und Luigi Illica nach dem Schauspiel von David Belasco, UA: 1904, Mailand

Regie: Lydia Steier, Bühne: Gideon Davey, Kostüme: Ursula Kudrna, Dramaturgie: Juliane Luster

Dirigent: Daniel Montané, Bremer Philharmoniker, Chor des Theater Bremen

Solisten: Patricia Andress (Cio-Cio-San), Barbara Buffy (Suzuki/Mutter), Marysol Schalit (Kate Pinkerton), Peter Marsh (B.F. Pinkerton), Martin Kronthaler (Sharpless), Christian-Andreas Engelhardt (Goro), Christian Hübner (Onkel Bonze) u.a.

Besuchte Aufführung: 11. Februar 2011 (Premiere)

Kurzinhalt

Marineleutnant Pinkerton heiratet bei seinem Aufenthalt in Nagasaki die Geisha Cio-Cio-San, genannt Madama Butterfly. Sie liebt Pinkerton leidenschaftlich, für ihn ist es jedoch nur eine Verbindung auf Zeit, denn er wird Japan wieder verlassen. Noch nach drei Jahren wartet Cio-Cio-San, die inzwischen einen gemeinsamen Sohn geboren hat, auf Pinkertons Rückkehr. Als dieser eintrifft, schmückt sie voll Vorfreude das Haus und erwartet ihn in ihrem Hochzeitskleid. Pinkerton hat jedoch seine amerikanische Ehefrau mitgebracht und ist nur in Japan, um seinen Sohn mitzunehmen. Cio-Cio-San ist bereit, ihnen das Kind zu geben. Sie ist in ihrer Ehre verletzt und ersticht sich, nachdem sie sich von ihrem Sohn verabschiedet hat.

Aufführung

Lydia Steiner verlegt die Handlung komplett in einen amerikanischen Nachtclub „Nagasaki“, der mit Showbühne, Glitzer und bunten Lichtern im Stil der 30er Jahre dekoriert ist. Cio-Cio-San – in dieser Inszenierung eine gestandene Frau mittleren Alters mit einer fast erwachsenen Tochter statt eines dreijährigen Sohns – ist der unangefochtene Star dieses Etablissements, das Pinkerton gehört. Der erste Akt wird zur Show, in der Butterfly und Pinkerton die Darsteller einer japanischen Hochzeitszeremonie sind. Nach der Show entdecken Butterfly und Pinkerton ihre Gefühle für einander, indem sie eine Weile ihre vorherigen Rollen weiterspielen. Im zweiten und dritten Akt erscheint der Nachtclub heruntergekommen und kurz vor dem Ruin. Als Pinkerton wieder auftritt, wird er von Yamadori, der er angeboten hat, den Club zu kaufen, zu Boden getreten. Um Butterfly zu überzeugen, daß es keine gemeinsame Zukunft mit Pinkerton gibt, wird ihre Tochter von Suzuki als seine Ehefrau verkleidet. Am Schluß hält sich Butterfly auf fast leerer Bühne eine Pistole an den Kopf.

Sänger und Orchester

In musikalischer Hinsicht rangierte der Abend auf höchstem Niveau: Patricia Andress’ Interpretation der Butterfly-Partie gebührt großen Respekt. Sie spielte nicht nur überzeugend den Star, sondern füllte den Opernabend auch als Solistin mit Zauber: Ihr weicher, beweglicher Sopran klang warm, sie intonierte sauber und nuancierte klangfarblich schön, besonders an Pianostellen. Den einzigen Szenenapplaus des Abends erhielt sie für Un bel di, vedremoEines schönen Tages werden wir sehen. Peter Marsh (Pinkerton) zeigte durchweg lyrische stimmliche Qualitäten. Das Duett Bimba, dagli occhiMädchen, in deinen Augen am Ende des ersten Aktes wurde zu einem Höhepunkt des Abends – souverän getragen vom stets präsenten, aber nirgends zu lauten Orchester, welches unter der Leitung von Daniel Montané flexibel zwischen flächigen und transparenten Klängen zu differenzieren wußte. Die deutlichste Aussprache hatte unter den Solisten Martin Kronthaler (Sharpless); sein Bariton klang volltönend und warm im Timbre. Der Chor zeichnete sich durch sein dynamisches Können aus: Bei der Ankunft Cio-Cio-Sans Ancora un passoEin Schritt mehr etwa sang er leise und dennoch atmosphärisch dicht. Auch der Summ-Chor aus der Kulisse klang wunderbar zart und sauber im Pianissimo.

Fazit

Die Reaktion des Bremer Publikums war deutlich: Sänger, Dirigent und Orchester erhielten rauschenden Beifall und vereinzelte Bravo-Rufe, das Regie-Team wurde hingegen laut ausgebuht. Durchaus eine verständliche Reaktion, denn gerade im zweiten Teil war die Inszenierung unlogisch und als Ganzes nicht zu verstehen. Warum soll Butterfly etwa sehnsüchtig ein Schiff erwarten, wenn doch die ganze Handlung in Amerika spielt, wo sich auch Pinkerton aufhält? Im ersten Akt waren den Zuschauern noch sorgfältig komponierte Bilder gezeigt worden, die optisch zu gefallen vermochten. Die Reaktion des Publikums zeigte einmal mehr, daß eine Umschreibung der Handlung sorgfältig sein muß, wenn sie Sinn ergeben soll. Diese Inszenierung wirkte jedoch leider so, als ob die Regisseurin zwar einen guten Einfall gehabt hätte, der sich aber partout nicht auf Puccinis Butterfly anwenden läßt.

Annika Klanke

Bild: Jörg Landsberg

Das Bild zeigt: Barbara Buffy (Suzuki), Martin Kronthaler (Sharpless), Patricia Andress (Cio-Cio-San), Peter Marsh (B.F. Pinkerton), Marysol Schalit (Kate Pinkerton) v.l.n.r.

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