LA TRAVIATA – Karlsruhe, Badisches Staatstheater

von Giuseppe Verdi (1813-1901), Melodramma in drei Akten, Libretto: Francesco Maria Piave nach Alexandre Dumas d. J.

Regie: Achim Thorwald, Bühne: Christian Floeren, Kostüme: Ute Frühling, Dramaturgie: Margrit Poremba, Choreographie: Eric Gauthier

Dirigent: Justin Brown, Badische Staatskapelle und Badischer Staatsopernchor, Chor: Ulrich Wagner

Solisten: Ina Schlingensiepen (Violetta Valéry), Tamara Gura (Flora Bervoix), Anna Maria Dur (Annina), Bernhard Berchtold (Alfredo Germont), Walter Donati (Giorgio Germont), Andreas Heideker (Gaston), Tero Hannula (Baron Douphol), Luiz Molz (Marchese d’Obigny), Ulrich Schneider (Dr. Grenvil), Johannes Eidloth (Joseph), Alexander de Paula (Kommissionär), Harriet Mills (eine Tänzerin), Admill Kuyler (ein Tänzer)

Besuchte Aufführung: 18. Dezember 2010 (Premiere)

Kurzinhalt

Die schwindsüchtige Kurtisane Violetta Valéry und Alfredo Germont verlieben sich auf einem Fest. Doch sein Vater Giorgio drängt Violetta, die Beziehung zu beenden. Deswegen schreibt sie Alfredo einen Brief, in dem sie vorgibt, daß sie den Baron Douphol als ihren neuen Liebhaber gewählt hat. Alfredo schwört Rache, und es kommt zu einer Auseinandersetzung zwischen den Rivalen. Von Reue und schlechtem Gewissen überwältigt, gesteht Giorgio seinem Sohn schließlich die Erpressung. Alfredo eilt zur todkranken Violetta. Doch bleiben den Liebenden nur noch wenige Augenblicke, bevor sie in seinen Armen stirbt.

Aufführung

Violetta liegt sichtbar kränkelnd im Bett, dahinter ist das nächtliche Panorama von Paris zu sehen. Mittels Drehbühne wird ein hoher, prunkvoller Saal eröffnet, der zum festlichen Veranstaltungsort umgestaltet wird. In schwarz-lila gehaltenen Kostümen – nur Violetta trägt ein rotes Kleid – trifft die Abendgesellschaft ein und feiert das Pariser Nachtleben. Die ländliche Gegend, in die sich das Paar im zweiten Akt zurückzieht, wird durch ein helles Haus, mit weißen Korbmöbeln und drei welken Bäumen dargestellt. Diese drei Bilder, symmetrisch angeordnet (die Szene auf dem Land bildet dabei das Zentrum), genügen dieser Inszenierung. Eine Tanzeinlage, begleitet vom Chor der spanischen Stierkämpfer, veranschaulicht das festlich-bunte Treiben der Pariser Gesellschaft im zweiten Akt.

Sänger und Orchester

Unumstrittener Star des Abends ist eine zauberhafte Ina Schlingensiepen (Violetta), die mit mädchenhaftem Charme und großem darstellerischen Potential ihre Rolle interpretiert. Mit Bravour meistert sie die Koloraturen ihrer Partie und nimmt die Spitzentöne mit herrlicher Leichtigkeit. Vortrefflich singt sie der Höhe, auch im piano, läßt die Töne anmutig ausklingen und verliert in den tieferen Lagen nicht an Substanz. Bernhard Berchthold (Alfredo) zeigt sich in dieser Rolle einigermaßen überzeugend, doch scheint er stimmlich mit dem italienischen Fach an seine Grenzen zu stoßen. Vor allem in den Duetten ist das klare Timbre seines Tenors dem durchdringenden Sopran seiner Partnerin nicht immer gewachsen. Sein geradliniger Stil ist durchaus ansprechend, doch mangelt es – vor allem für diese Rolle – an Affektdarstellung und Emotionalität. Walter Donati (Giorgio) verleiht seiner Figur durch schauspielerisch und sanglich sensible Interpretation Authentizität. Ausdrucksvoll vereint er väterliche Fürsorge, Reue und den Gesellschaftsdünkel seiner Figur und zeigt feinfühlig die emotionale Spannbreite seiner Partie. Andreas Heideker (Gaston) präsentiert seinen schlanken Tenor, der in den Höhen voluminös und nachdrücklich klingt; im Ensemble beweist er Präsenz und viel Fingerspitzengefühl für die Interaktion mit den anderen Sängern. Hervorragend einstudiert von Ulrich Wagner ist der Staatsopernchor. Justin Brown dirigiert die Badische Staatskapelle den Abend hindurch sicher, jedoch wären weniger strenge Zügel wünschenswert gewesen. Zurückhaltend und nicht frei aufspielend, ließ diese Interpretation eine gewisse Leichtigkeit vermissen und geriet streckenweise zu schwermütig.

Fazit

Bereits der Szenenapplaus zeigt, daß die Sänger das Publikum ganz auf ihrer Seite hatten. Die Inszenierung bietet kaum Neues und verdankt es dem starken Solistenensemble, daß die Oper nicht zu brav daherkam. Ein schöner Opernabend war zu erleben, das Publikum bedankte sich mit tosendem Applaus und Bravo-Rufen.

Isabell Seider

Bild: Jacqueline Krause-Burberg

Das Bild zeigt: Andreas Heideker (Gaston), Ina Schlingensiepen (Violetta), Badischer Staatsopernchor

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