GLORIANA – Gelsenkirchen, Musiktheater im Revier

von Benjamin Britten (1913-1976), Oper in drei Akten, Libretto: William Plomer, UA 8. Juni 1953, London

Regie: Elisabeth Stöppler, Bühne und Kostüme: Kathrin-Susann Brose, Dramaturgie: Anna Melcher, Choreografie: Kristin Shaw Minges

Dirigent: Rasmus Baumann, Neue Philharmonie Westfalen

Solisten: Majken Bjerno (Gloriana), Lars-Oliver Rühl (Graf von Essex), Anna Agathonos (Gräfin von Essex), Lee Poulis (Lord Mountjoy), Noriko Ogawa-Yatake, Petra Schmidt (Penelope, Lady Rich, Schwester von Essex), Piotr Prochera (Sir Robert Cecil), Michael Tewes (Sir Walter Raleigh), Mohsen Rashidkhan (Hanry Cuffe), Elise Kaufmann, Engjellusche Duka (Kammerzofe/Haushälterin), Joachim G. Maaß (blinder Balladensänger/Bürgermeister von Norwich), E. Mark Murphy (Zeremonienmeister)

Besuchte Aufführung: 29. Mai 2010 (Premiere)

Kurzinhalt

Gloriana, die englische Königin, hat eine Affäre mit dem Grafen Essex. Der ehrgeizige Graf Essex drängt Gloriana vergebens, ihn zum Vizekönig von Irland zu ernennen und gegen den Usurpator Tyron in den Krieg zu ziehen. Die Königin wird von der Bürgern Norwichs durch ein Maskenspiel über die Zeit und die Eintracht geehrt. Kurz nach diesem Maskenspiel treffen Lord Mountjoy, dessen Geliebte Penelope, Graf Essex und seine Gattin während einer heimlichen Zusammenkunft zusammen. Das Treffen eskaliert zur ersten Verschwörung gegen Gloriana. Nach einem wilden Tanz ernennt Gloriana Essex nun doch zum Vizekönig. Der Krieg in Irland bleibt ohne Erfolge und Gloriana stellt Essex unter Hausarrest. Essex entkommt diesem aber und beginnt eine Rebellion. Gloriana verurteilt Essex zum Tode und läßt dieses Urteil, trotz der Bitten von Essex Gattin, auch ausführen.

Aufführung

Das Bühnenbild besteht hauptsächlich aus einem großen Saal und ist eher schlicht gehalten. Die häufigen Wechsel der Schauplätze werden durch sich drehende Bühnenelemente dem Zuschauer kenntlich gemacht. Elisabeth Stöppler entschloß sich bei den Kostümen zu einer Stilmischung aus historischen, elisabethanischen Gewändern und moderner Bürobekleidung. Die Handlung auf der Bühne ist, im Gegensatz zum Bühnenbild, sehr lebhaft und entspricht dem durch Brittens Musik vorgegeben Geschehen. So werden alle Tänze auch wirklich getanzt und alle Gefechte auch wirklich gefochten.

Sänger und Orchester

Majken Bjerno brillierte in ihrer Rolle als Gloriana. Die Musik ihrer Partie, niemals extrem hoch oder tief, paßte perfekt in ihre individuelle Stimmlage. Sie sang alle Passagen sicher und souverän, und man sah ihr auch an, daß es eine Rolle nach ihrem Format ist. Einzig ihre schlechte Aussprache des englischen Textes machte es bei ihren Parts meist notwendig, die Übertitelung im Auge zu behalten. Mit Lars-Oliver Rühl (Graf Essex) hatte Bjerno einen stimmgewaltigen Partner an ihrer Seite. Vollkommen zu Recht darf sich Rühl einen lyrischen Tenor nennen, und sein schönes Timbre zog den Zuhörer in seinen Bann. Er bestach aber nicht nur durch eine angenehme Stimme, sondern auch durch technisches Können, saubere Intonation und Geschmack in der Wahl der dynamischen Mittel. Lord Mountjoy wurde von Lee Poulis gesungen. Durch seine jugendliche und klare Stimme paßte er in die Rolle des aufstrebenden Lords. Technisch standen seine Leistungen denen von Bjerno und Rühl in nichts nach. Die beiden Überraschungen des Abends waren aber E. Mark Murphy (Zeremonienmeister) und Engjellusche Duka (Hausdame). Beide hatten zwar nur kleine Rollen zu bewältigen, sangen und spielten diese aber mustergültig. Besonders die klare Stimme Dukas zu Beginn des dritten Aktes ist erwähnenswert. Auch die Mitglieder des Chores zeigten ihr Können, und das nicht nur sängerisch, sondern sogar, wie im zweiten Akt, als Tänzer. Die Neue Philharmonie Westfalen spielte souverän und ausgewogen. Man nahm die Fortissimostellen nirgends so laut, daß die Sänger nicht mehr zu verstehen gewesen wären.

Fazit

Wenn man den Erfolg einer Aufführung an der Länge des Schlußapplauses messen kann, so war Gloriana mit 25 Minuten Applaus herausragend. Auf der Bühne wurde nicht nur sängerisch viel geleistet, sondern außerdem szenisch viel geboten, inklusive Gefechten und viel Tanz. Alles in allem bot die liebevolle Inszenierung einen äußerst abwechslungsreichen Abend.

Fabian Schäfer

Bild: Pedro Malinowski

Das Bild zeigt: Majken Bjerno (Gloriana), E. Mark Murphy (Zeremonienmeister), William Britt Hillard (Tänzer), Marika Carena (Tänzerin), Lars-Oliver Rühl (Graf Essex), Joachim G. Maas (Balladensänger), Chor

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