NABUCCO – Nürnberg, Staatstheater

von Giuseppe Verdi (1813-1901), Dramma lirico in vier Akten, Libretto: Temistocle Solera, UA: 1842, Mailand

Inszenierung: Andreas Baesler, Bühne: Harald Thor

Dirigent: Guido Johannes Rumstadt, Nürnberger Philharmoniker

Solisten: Paolo Gavanelli (Nabucco), Aleksandrs Antonenko (Ismaele), Giacomo Prestia (Zaccaria), Maria Guleghina (Abigaille), Daniele Sindram (Fenena), Andreas Kohn (Il gran sacerdote), Kevin Conners (Abdallo), Lana Kos (Anna)

Besuchte Aufführung: 29. Mai 2010 (Premiere)

Kurzinhalt

König Nebukadnezar (Nabucco) belagert Jerusalem. Der Hohepriester Zaccaria macht den im Tempel versammelten Hebräern Hoffnung auf Rettung, denn Nabuccos zweite Tochter Fenena befindet sich in seiner Gewalt. Doch Nabucco erobert den Tempel, Ismaele übergibt dabei Nabucco Fenena, um deren Geisel-Tod zu verhindern – dafür wird er von den Hebräern als Verräter beschimpft. In Babylon erfährt Nabuccos erste Tochter Abigaille, daß sie lediglich Tochter einer Sklavin sei. Nabucco hält man dort inzwischen für tot. Man erklärt Fenena zu seiner Nachfolgerin. Da erscheint Nabucco und will nun als König und Gott verehrt werden. Abigaille läßt den wahnsinnigen Nabucco in den Kerker werfen, krönt sich selbst und verurteilt Fenena zum Tode. Als Nabucco zum Gott der Hebräer fleht, verläßt ihn der Wahnsinn und er kann wieder die Regierungsmacht übernehmen. Daraufhin vergiftet Abigaille sich selbst.

Aufführung

Die Hebräer in schwarzen Gewändern und schwarzen Kopftüchern heben meist flehend die Hände zum Himmel, die Babylonier tragen Helm, Rüstung und Speer. Der Priester des Baal wird als Ziegenbock an der Leine vorgeführt, die übrigen Hauptdarsteller tragen pseudo-historisierende, aber nichtssagende Gewänder, einzig Nabucco ist durch eine Helmkrone gekennzeichnet. Die Darsteller stehen meist starr und bedeutungsschwanger in einer einfachen Kulisse, die aus einem großem Bilderrahmen besteht, der auf und zugeklappt werden kann und dann den Blick freigibt auf einige wenige Kulissen im Hintergrund wie das Pferd Nabuccos oder Palmen als Schattenrißbild. Äußere Handlung wie die Erstürmung des Tempels wird durch bedeutungsvolles Schwingen der Speere bestenfalls angedeutet.

Sänger und Orchester

Viel Schatten und wenig Licht gab es in diesem keineswegs als schwierig einzustufenden Frühwerk Verdis. Mikolaj Zalasinski in der Titelrolle ist zwar ein großvolumiger Baßbariton mit viel gurgelnden Pathos in der Tiefe, jedoch in der Kopfstimme hatte er kaum einen schönen Ton zu bieten. Gerade so wichtige Arien wie Mio furor – Meine Rache konnte er so weder gesanglich noch mit Ausdruck gestalten. Gabriella Morigi muß man als Fehlbesetzung bezeichnen. Sie rückte als hochdramatischer Sopran die Rolle der Abigaille eher in die Richtung eines Wagner-Soprans, sang mit deutlich zu viel Kraft, war viel zu schrill und konnte keine Koloratur gestalten. Schon ihre vielschichtige Auftrittsarie Prode guerrier – Tapferer Held konnte sie weder höhnisch, noch hämisch, noch flehend, sondern eigentlich nur laut gestalten.  Jordanka Milkova kann ihre Rolle der Fenena zwischen Verzweiflung und Trauer ausgezeichnet gestalten, kann sich jedoch hinsichtlich der Lautstärke nicht im Ensemble durchsetzen: Gerade hier setzt man ein Gleichgewicht der Kräfte voraus. Fast schon ein Gegensatz dazu ist der Rest der Hauptdarsteller: David Yim (Ismaele) hat sich zu einem hervorragenden italienischen Tenor im Ensemble weiterentwickelt und kann mittlerweile mit fast schwerelosen Läufen gerade auch in den hohen Lagen glänzen. Nicolai Karnolsky als Zaccaria ist ein volltönender, fast schwarzer Baß, der auch mit einer soliden Höhe glänzt. Aus dessen Schatten vermag Vladislav Solodyagin als Oberpriester des Baal nicht herauszutreten.

Unter dem Dirigat von Philipp Pointner entwickelte sich ein uninspirierter Abend. Keine Spur von Emotionen, Wut oder Streit – eine Analogie zur Inszenierung auf der Bühne.

Fazit

Die Inszenierung im Stil der italienischen Sandalenfilme der 50er Jahre – noch dazu in schwarz-weiß gehalten – ließ kaum Spannung aufkommen. Dazu kam, daß in der statischen, rein auf optisch eindrucksvolle Bilder ausgelegten Inszenierung dramatische Rahmenhandlung wie die Erstürmung des Tempels, die Verbrüderung Fenenas mit den Hebräern oder ihre Befreiung, schlichtweg nicht vorkamen. Auch die Strichfassung (vor allem die viel zu kurze Ouvertüre!) –  und die wenig gelungene musikalische Umsetzung – konnte die Freunde der italienischen Oper nicht begeistern. Am Ende nur mäßiger Applaus von einem sichtlich übermüdeten Publikum.

Oliver Hohlbach

Bild: Ludwig Olah

Das Bild zeigt: Abigaille (Maria Guleghina) und der Priester des Baal (kniend) halten Gericht.

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