Mannheim, Nationaltheater – AMADIS DES GAULES

von Johann Christian Bach (1735-1782), Tragédie lyrique in drei Akten, Libretto: Alphonse-Denise-Marie du Valgay nach Philippe Quinault (1684) zur Oper Amadis von Jean-Baptiste Lully
UA: 14. Dezember 1779 Paris, Opéra Palais Royal
Regie: Nicolas Brieger, Bühne: Roland Aeschlimann, Kostüme: Andrea Schmidt-Futterer, Licht: Alexander Koppelmann, Dramaturgie: Klaus-Peter Kehr und Regine Elzenheimer
Dirigent: Reinhard Goebel, Orchester, Chor und Bewegungschor des Nationaltheaters Mannheim, Choreinstudierung: Tilman Michael
Solisten: Maximilian Schmitt (Amadis), Cornelia Ptassek (Oriane), Marie-Belle Sandis (Arcabonne), Thomas Berau (Arcalaus), Anne-Theresa Albrecht (Urgande, 2. Choryphée), Antje Bitterlich (1. Choryphée), Johannes Wimmer (Ardan), Jun-Ho Lee (La Haine), Pei-Ying Lee (La Discorde)
Besuchte Aufführung: 17. Oktober 2009 (Premiere)

Kurzinhalt
mannheim-amadis-des-gaules.jpgArcabonne schämt sich ihrer Gefühle für einen Unbekannten, der ihr das Leben gerettet hat. Ihr Bruder Arcalaus mahnt sie dagegen zum Haß, um den gemeinsamen Bruder Ardan zu rächen. Dieser wurde im Duell um Oriane von Amadis getötet. Oriane und Amadis werden von den Geschwistern gefangengenommen. Arcabonne schwört am Grab des Bruders Rache, doch da warnt sie Ardans Stimme, daß sie ihm in kürze wegen Verrats in die Hölle folgen werde. Als sie Amadis töten will, erkennt sie in ihm ihren Retter, weshalb Arcalaus sie ihrer Liebe wegen verspottet. Im letzten Augenblick erscheint Urgande und nimmt das Paar in Schutz. Arcabonne verliert und nimmt sich das Leben, Oriane und Amadis kehren zueinander zurück.
Aufführung
Das Bühnenbild ist sehr schlicht gehalten: Die Oper spielt sich auf zwei Treppenkonstruktionen ab, die parallel zur Rampe stehen und an venezianische Brücken erinnern. Der Kontrast von gut und böse schlägt sich in der Kostümgestaltung nieder: Arcabonne und Arcalaus sind in schwarz gekleidet, Oriane und Amadis hingegen weiß. Eindrucksvoll gelungen ist die Beschwörungsszene des Arcalaus Démons préparez vous – Dämonen wappnet euch. Die Saalbeleuchtung erhellt sich, und Arcalaus scheint das Publikum zu beschwören. Dann setzt überraschend der im Saal verstreute Chor ein mit A sa voix accourons tous – Auf seinen Ruf eilen alle herbei. Der im Grab liegende Ardan ist seitlich für das Publikum einsehbar, ähnlich dem Komtur im Don Giovanni, den der Regisseur einige Jahre zuvor am Nationaltheater inszenierte und dessen Ensemble auch in dieser Inszenierung die Hauptrollen sang.
Sänger und Orchester
Unter der Leitung Reinhard Goebels rauscht die quirlige Ouvertüre in raschem Tempo vorüber. Marie-Belle Sandis (Arcabonne) beweist bereits in ihrer ersten Arie Amour, que veux-tu de moi? – Amor, was willst du von mir? stimmliche Virtuosität. Ihre leicht kehlige Stimme zeigt sich äußerst beweglich in den Höhen, jedoch etwas rauh in der Tiefe. Thomas Berau (Arcalaus) Beschwörungsszene Démons préparez vous – Dämonen wappnet euch überzeugt vor allem schauspielerisch. Stimmlich meistert er seine Rolle tadellos, seine etwas nasale Stimme wirkt oft jedoch zu liebenswürdig für seine bösartige Rolle. Maximilian Schmitt (Amadis) zeigt in der Arie Je ne verrai plus ce que j’aime – Ich werde nicht mehr sehen, die ich liebe eine klare, offene Tenorstimme, die in ihren lyrischen Passagen in dem Helden zu recht eher den Liebhaber als den Krieger erkennen läßt. Cornelia Ptassek (Oriane) gelingt ihre Partie mit Leichtigkeit. Große stimmliche Gewandtheit verlangende Passagen in der Kopfstimme wechselten mit kräftigen, klangvollen Passagen in den tiefen Registern in A qui pourrai-je avoir recours? – Zu wem kann ich Zuflucht nehmen?. Eindrucksvoll klang auch der kurze Auftritt Johannes Wimmer (Ardan), der mit monotoner Grabesstimme seine Warnung ausspricht: Ah! Tu me trahis – Ach, du verrätst mich.
Fazit
Der historischen musikalischen Aufführungspraxis stand ein modernes, flächiges Bühnenbild schroff und unvermittelt gegenüber. Regieeinfälle wie die Plazierung des Chors im Publikum gaben der Inszenierung andererseits eine besondere Note. Die Bebilderung der Gegensätzlichkeit von Gut und Böse auf der Bühne folgt zwar der Erzählung, jedoch wird so nur ein paarweise gruppierender Kontrast geschaffen, in dem die Herausarbeitung der individuellen Charaktere zu kurz kommt. Etwa traten die Konflikte Arcabonne-Arcalaus, Oriane-Amadis visuell etwas in den Hintergrund. Musikalisch war der Abend gelungen, die Inszenierung ist allerdings Geschmackssache.

Daniel Rilling

Bild: Hans Jörg Michel
Das Bild zeigt: Maximilian Schmitt (Amadis),, Marie-Belle Sandis (Arcabonne), Antje Bitterlich (1. Choryphée)

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