Bonn, Theater – TANNHÄUSER UND DER SÄNGERKRIEG AUF WARTBURG

Musik und Text von Richard Wagner, Romantische Oper in drei Aufzügen, UA: 19. Oktober 1845, Hoftheater Dresden
Regie: Klaus Weise, Bühne: Martin Kukulies, Kostüme: Fred Fenner, Choreographie: Nick Hobbs
Dirigent: Stefan Blunier, Choreinstudierung: Sybille Wagner
Solisten: Ramaz Chikviladze (Hermann, Landgraf), Scott MacAllister (Tannhäuser), Lee Poulis (Wolfram von Eschenbach), Mirko Roschkowski (Walther von der Vogelweide), Mark Marouse (Biterolf), Mark Rosenthal (Heinrich der Schreiber), Martin Tzonev (Reimar von Zweter), Ingeborg Greiner (Elisabeth), Daniela Denschlag (Venus), Anna Virovlansky (Ein junger Hirt) u.a.
Besuchte Aufführung: 18. September 2009 (Premiere)

Kurzinhalt
bonn-tannhauser.jpgTannhäuser weilt bei Venus im Venusberg, sehnt sich aber nach der Menschenwelt zurück und verläßt das Liebesnest. Zurück in der Menschenwelt erfährt er vom Landgrafen, daß Elisabeth, die Nichte des Landgrafen, ihn heimlich liebt und auf ihn wartet. Beim Sängerwettstreit auf der Wartburg antwortet Tannhäuser auf die ritterlichen Minnegesänge Wolframs, Walthers und Bitrolfs mit seinem Loblied auf die sinnliche Liebe, indem er Venus verherrlicht. Von den empörten Rittern wird er mit dem Tod bedroht, doch Elisabeth wirft sich schützend vor ihn. Danach schickt ihn der Landgraf zur Bußfahrt nach Rom. Von dort kehrt er im Herbst ohne die erhoffte Absolution des Papstes zurück. Er will zurück in den Venusberg, doch Wolfram erzählt ihm von der schwer erkrankten Elisabeth. Tannhäuser besinnt sich und stirbt in den Armen Wolframs den Namen Elisabeths auf den Lippen.
Aufführung
Während der Ouvertüre formieren sich in Strapsen gekleidete Frauen auf der Bühne, sie tanzen skurril, manchmal synchron. Eine nackte Frau schreitet durch die Tanzenden hindurch. Venus tritt später auf in einem weißen Ganzkörperanzug auf und räkelt sich an einer Harfe.
Danach wird das Bühnenbild einfacher und klarer. Elisabeth trägt ein rotes Kleid und empfängt die Sänger zum Wettbewerb in einem kathedralenartigen Gebäude. Im dritten Akt rieselt aus einer Öffnung an der Decke Schnee. Tannhäuser steht am Sarg Elisabeths, von der Decke wird ein Netz mit nackten Menschen darin heruntergelassen. Was bedeutet das Schlußbild? Die erotische Liebe gefangen, gebändigt, verdrängt?
Sänger und Orchester
Die Besetzung von Scott MacAllister als Tannhäuser war eine besonders gute Wahl. Der amerikanische Tenor sang nahezu akzentfrei und bewies neben seinen technischen Fertigkeiten auch eine extreme Wandelbarkeit seiner Stimme. So preist er mit warmer und beschwingter Stimme die Göttin Venus Dir töne Lob! Die Wunder sei’n gepriesen, verschmilzt hingebungsvoll mit dem Sopran Ingeborg Greiners (Elisabeth) bei dem Duett Oh Fürstin! und berichtet Wolfram mit expressivem Duktus, zeitweise fast rufend wehklagend mit Inbrunst im Herzen von Rom. Ebenfalls ein Genuß war der Bariton Lee Poulis als Wolfram, vor allem sein Lob auf die Liebe Blick ich umher in diesem edlen Kreise ist bewegend und mitreißend. Auch alle anderen Minnesänger – Mirko Roschkowski (Walther), Mark Rosenthal (Heinrich), Mark Marouse (Biterolf) und Martin Tzonev (Reimar) – konnten sängerisch überzeugen.
Ein besonderes Schmankerl an diesem Abend ist Anna Virovlansky (ein junger Hirt), deren lupenreiner Sopran leider nur allzu kurz zu hören ist. Ingeborg Greiner (Eva) beeindruckt mit ihrem gewaltigen Stimmvolumen, ihrer Intonationssicherheit und den mit Leichtigkeit gesungenen Spitzentönen.
Besonders hervorzuheben ist bei ihr neben dem nuancenreichen Timbre, vor allem das perfekt gesungene pianissimo. Auch Daniela Denschlag (Venus) sang ihre Partie gut, dies vor allem in der ausdrucksstarken Zornesarie Zieh hin Wahnsinniger, zieh hin! In den höheren Lagen waren die mitlaufenden Übertitel allerdings sehr hilfreich für das Textverständnis. Schauspielerisch war Daniela Denschlag aber kein Sinnbild für Erotik und Leidenschaft.
Der Chor intonierte glänzend und sang sich zu keinem Zeitpunkt ungebührlich in den Vordergrund. Das Beethoven Orchester Bonn unter der Leitung von Stefan Blunier nahm sich zurück und vermochte die vollstimmige Partitur Wagners zu spielen, ohne dabei auf Kosten der Sängerverständlichkeit zu gehen.
Ein wirklich rundum gut besetzter Apparat von Orchester- Chor und Solisten.
Fazit
Musikalisch ein ganz besonderer Abend. Die Inszenierung hat durchaus bewegende Momente: zum Beispiel das Aufeinandertreffen von Tannhäuser und Elisabeth, aber auch viele übertriebene, nicht stimmige Episoden: das Netz mit den nackten Menschen am Schluß und die Venus-Tänzerinnen, durch die unerotischen wenig runden Bewegungen der Tänzerinnen ist der Versuch Erotik und Sinnlichkeit zu vermitteln eher gescheitert. Beeindruckend waren vor allem die musikalischen Leistungen des Abends, was das Publikum auch gebührend belohnte.
Katharina Rupprich

Bild: Thilo Beu
Das Bild zeigt das gesamte Ensemble.

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