Marc’Antonio E Cleopatra – Gotha, Ekhof Festival auf Schloß Friedenstein

von Johann Adolf Hasse (1699-1783), Serenata in zwei Akten, Libretto von Francesco Ricciardi, UA: 1725, Neapel

Regie und Choreographie: Milo Pablo Momm, Bühne und Kostüme: Jan Hoffmann

Dirigent: Gerd Amelung, Ensemble Capella Jenensis

Solisten: Margit Buchberger (Cleopatra), Julia Böhme (Marc‘ Antonio), Beate Fritsch (Tanzrolle als Charmion)

Besuchte Aufführung: 6. Juli 2018

Vorbemerkung

Das Ekhof-Festival findet im 1687 vollendeten barocken Schloßtheater von Schloß Friedenstein bei Gotha statt. Geführt wird das Festival von der Stiftung Schloß Friedenstein Gotha, an der die ehemaligen Hausherren, die Herzöge von Sachsen-Coburg und Gotha, beteiligt sind. Das Theater ist benannt nach dem Vater der deutschen Schauspielkunst Conrad Ekhof, der an vielen Vorstellungen zwischen 1774 und 1778 an diesem ersten deutschen Hoftheater beteiligt war.

Das 1996 gegründete Ekhof-Festival leitet sich von diesen Vorstellungen ab. Das Theater verfügt noch über die originale barocke Bühnenmaschinerie, wie Wellbaum, Bodenversenkung, Wind und Donner. Durchschnittlich zwölf Kulissenschieber sind daran beteiligt, wenn sich die Kulissen in den Freifahrten, die Soffitten, sich nach oben und auch das Hintergrundprospekt ruckelnd, aber doch synchron, in Bewegung setzen – ausgelöst durch einen Glockenschlag. Bei 165 Sitzplätzen ein kleines, aber für die barocke Aufführungspraxis ungemein bedeutsames Festival. Für die jährliche Neuproduktion wird ein eigenes Ensemble aus Barockspezialisten zusammengestellt.

Den rustikalen Pausenimbiß im beeindruckenden Schloßhof kann man in eine Reihe mit dem Picknick in Glyndebourne oder dem Festspielparkplatz in Bayreuth stellen.

Kurzinhalt

Die Serenade Marc‘ Antonio e Cleopatra wurde September 1725 auf dem Landsitz von Carlo Carmignano, königlicher Rat am Hof von Neapel, uraufgeführt. Bemerkenswert, daß so bedeutende Künstler wie Vittoria Tesi und Farinelli die beiden Rollen sangen. Die Oper beschreibt die Liebesbeziehung zwischen Cleopatra und Marc‘ Antonius zwischen der verlorenen Seeschlacht von Actinium und der Feldschlacht von Alexandria (30 und 31 v.Chr.). Nach der Niederlage begehen beide Selbstmord im Mausoleum der Cleopatra. Der Sieger Augustus wird erster römischer Kaiser, Ägypten eine römische Provinz.

Aufführung

Dreh- und Angelpunkt dieser und aller Aufführungen beim Ekhof-Festival ist die barocke Bühnentechnik. Auf Klingelzeichen verwandelt sich die Bühne von einem Tempelhain zu einer Säulenhalle, zu einem Kerker-Saal oder zu einer Parklandschaft. Die Kostüme entsprechen den barocken Vorstellungen an das historische Rom und Ägypten. Die Sänger agieren in der typischen barocken Gestensprache, durch die Gestik sucht man den entsprechenden Ausdruck zu erreichen.

Die hinzugefügten Balletteinlagen (Musik von Nicola Matteis) erfolgen in barocker Tanztechnik. Milo Pablo Momm ist nicht nur zuständig für die Gestik der historisch-informierten Aufführungspraxis, sondern übernimmt auch als Tänzer die Tradition von Sigrid T’Hofft choreographiert er auch die barocken Ballett-Einlagen.

Sänger und Orchester

Das Stagione-Ensemble des Ekhof-Festivals kann bei dem geringen Etat nicht unbedingt aus der ersten Garde der Barock-Solisten bestehen, jedoch gelingt es Nachwuchskräfte zu engagieren, die durchweg positive Gesangsleistungen darbieten. Der Boden dieser Produktion bildet das Ensemble Capella Jenensis, die auf historischen Instrumenten spielen. Gerd Amelung ist der kongeniale, musikalische Leiter dieser Produktion, er schlägt ein relativ flottes Tempo an, erzeugt mitreißende barocke Klangkaskaden und arbeitet sowohl mit den Solisten als auch den Ballett-Einlagen hervorragend zusammen.

In der Rolle der Cleopatra erleben wir Margit Buchberger, die kurzfristig für die erkrankte Katharina Göres eingesprungen ist. Sie zeichnet sich mit volltönender Höhe und eine klare, lyrischen Stimme aus. Ihre Koloraturen klingen, trotz hohem Schwierigkeitsgrad, stets schwerelos einfach. Julia Böhme hat keine Probleme mit der Männerrolle des Marc‘ Antonio, denn ihre einschmeichelnd wohltönende Alt-Stimme klingt durchaus männlich und fasziniert so das Publikum – nicht nur durch pointiert sichere Koloraturen.

Fazit

Das Ekhof-Festival erweist sich als weithin unbekannter, aber dennoch sehr bedeutender Beitrag zur Auseinandersetzung mit der historischen barocken Aufführungspraxis. Wer sich für barocke Bühnentechnik interessiert, kann sie hier in Perfektion erleben. Das Ergebnis ist spannendes, lebendiges Theater, das meilenweit von einem verstaubten Museumsbetrieb entfernt ist. Wohl viele der Zuschauer werden sich durch dieses Opernerlebnis von den Marotten des Regietheaters befreien. Aber auch über barocke Musik und Tanztechnik kann man sich hier informieren! Lang anhaltender, sehr freundlicher Applaus des Publikums.

Oliver Hohlbach

Bild: Stiftung Schloß Friedenstein

Das Bild zeigt: Margit Buchberger (Cleopatra), Julia Böhme (Marc‘ Antonio), Beate Fritsch (Tanzrolle als Charmion)

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