Un ballo in maschera – Ein Maskenball – Paris, Opéra Bastille

von Guiseppe Verdi (1813-1901), Oper in drei Akten, Libretto: Antonio Somma nach Eugène Scribe, UA: 17. Februar 1859 Rom, Teatro Apollo

Regie: Gilbert Deflo, Bühne/Kostüme: William Orlandi, Licht: Joël Hourbeigt , Choreographie: Micha Van Hoecke

Dirigent: Bertrand de Billy, Chor und Orchester de l’Opéra National de Paris, Choreinstudierung: José Luis Basso

Solisten: Piero Pretti (Riccardo), Simone Piazzola (Renato), Sondra Radvanovsky (Amelia), Varduhi Abrahamyan (Ulrica), Nina Minasyan (Oscar), u.a.

Besuchte Aufführung: 16. Januar 2018 (Premiere)

Kurzinhalt

Bei der Morgenaudienz wird dem Grafen Ricardo Warwick, Gouverneur von Boston (USA), die Gästeliste für den bevorstehenden Maskenball vorgelegt. Unter den Eingeladenen bemerkt er auch Amelia, die Gemahlin seines Sekretärs und Freundes Renato, die er heimlich liebt. Im weiteren Verlauf der Audienz fordert der oberste Richter die Verurteilung der Wahrsagerin Ulrica wegen Hexerei. Ricardo will dieser „Hexe“ einen Besuch abstatten. Renato macht sich Sorgen um die Sicherheit des Grafen, gegen den ein Komplott geplant ist.

In der Höhle der Wahrsagerin wird Riccardo ungesehen Zeuge wie Amalia die Wahrsagerin um einen Trunk gegen eine unerwünschte Liebe bittet. Ulrica trägt ihr auf, die Kräuter selbst um Mitternacht auf einem Friedhof zu sammeln. Als Riccardo später Ulrica auffordert, ihm die Zukunft zu deuten, weigert sie sich erst entsetzt und enthüllt ihm schließlich, daß er von einem Freund, dem ersten, der ihm die Hand schütteln wird, ermordet werden würde. Darauf tritt Renato ein und drückt ihm die Hand zum Gruße. Riccardo lacht über die Weissagung und läßt Ulrica frei gehen.

Riccardo ist Amelia zu Mitternacht auf den Friedhof gefolgt. Sie gestehen einander ihre Liebe. Darauf erscheint Renato. Um nicht erkannt zu werden, verschleiert sich Amelia. Der Sekretär warnt den Grafen vor einem Attentat. Bevor Riccardo flieht, bittet er Renato, die Unbekannte bis in die Stadt zurückzugeleiten, ohne nach ihrer Identität zu fragen. Von den Verschwörern dazu gezwungen, lüftet Amelia dann doch den Schleier und Renato erkannt seine Gemahlin. Um sich zu rächen, will er erst seine Gemahlin umbringen, beschließt schließlich aber, sich der Verschwörung gegen den Grafen anzuschließen. Bei der Verlosung fällt ihm das Los zu, das Attentat auszuführen. Beim Maskenball  versucht Amelia Riccardo zu warnen, doch in dem Moment stößt Renato zu. Sterbend versichert Riccardo seinem Mörder, daß sich seine Gemahlin immer ehrenhaft benommen habe. Er vergibt ihm seine Tat. Renato erkennt zu spät seinen Irrtum.

Aufführung

Gilbert Deflos Inszenierung ist architektonisch von der Neuen Sachlichkeit und einer monumentalen Machtsymbolik geprägt. Schon in der Anfangsszene beherrscht ein überdimensionaler Adler die Bühne, zwei Riesenadler bewachen hoch oben von ihren Säulen aus auch den Friedhof und hocken im diskret beleuchteten Ballsaal drohend oben in der Finsternis. Die Verschwörer treffen sich vor einer pompösen Statue des Grafen. Die Höhle der Wahrsagerin wird zu einer nächtlichen Voodoo-Zeremonie vor lodernden Feuern unter drei riesigen Schlangenköpfen, alle in weiße, volkstümliche Kostümen der West-Indies gekleidet, auch der Baron Samedi mit Totenmaske, nur die Wahrsagerin ist ganz in Rot. Die Kostüme bei Hof entsprechen der Zeit um 1860, die Herren mit dunklen Gehröcken und hohen Zylindern, die Damen in weiten Krinolinen Die Kostüme der Ballszene, auch die des Balletts à la Commedia dell’Arte, sind ganz in schwarz-weiß gehalten.

Sänger und Orchester

Der erklärte Star der Aufführung ist die kanadische Sängerin Sondra Radvanovsky als Amelia. Ihr mezzo-voce ist hinreißend und ihre dramatischen Ausbrüche von dort ins fortissimo sind überwältigend. Ihr Sopran hat die reiche volle Klangfarbe einer Altstimme. Gesang wie auch Gestik sind sehr eindringlich und ausdrucksstark, wie in der großen Arie Ecco l’orrido campo in der Friedhofszene ( 2. Akt).

Neben einer solchen Sängerin ist es nicht so einfach zu bestehen. Doch Piero Prettis lyrischer Heldentor nimmt im Lauf des Abends immer mehr Leuchtkraft an, wie in der großen Arie des Riccardo mit Chor Di‘ tu se fedele (1. Akt, 2. Szene) oder in der Liebesszene mit Amelia im zweiten Akt. Simone Piazzola singt mit wohlklingendem, gediegenem Bariton den Renato, besonders schön in der elegischen Rachearie Non è su lei (3. Akt, 1. Szene). Varduhi Abrahamyan beherrscht mit dunklem, schönem Mezzosopran und mit großer Intensität das Legatd der Arie Re dell’abisso, affrettati (1.Akt, 2, Szene), doch ist ihre Stimme fast zu lyrisch, um unheimlich zu wirken. Sobald der quirlige Oscar die Bühne betritt, nimmt Verdis Musik operettenhafte Züge an und so interpretiert Nina Minasyan auch mit leichtem, spritzigem Soubretten-Sopran den übermütigen Pagen. Die übrigen Sänger fügen sich vorbildlich in das ausgezeichnete Ensemble ein. Bertrand de Billy leitet Solisten, Chor und Orchester souverän durch das dramatische Geschehen.

Fazit

Man freut sich immer wieder und atmet auf, wenn man hin und wieder einmal eine gute Operninszenierung zu sehen bekommt. Die Inszenierung von Gilbert Deflo von 2007 im traditionellen Stil war in Regie, Bühnenbild und Kostümen voll auf die Oper abgestimmt. Und eine gute Choreographie, gepaart mit einer gezielt eingesetzten Beleuchtung, ergaben wirkungsvolle Bilder. Die musikalische Darbietung war ausgezeichnet. Und das Publikum war einhellig wild begeistert!

Alexander Jordis-Lohausen

Bild: Emilie Brouchon, Opéra National de Paris

Das Bild zeigt: Sondra Radvanovsky (Amélia) und Piero Pretti (Riccardo)

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