Erfurt, Theater – MEFISTOFELE

von Arrigo Boito (1842-1918); Oper in einem Prolog, vier Akten und einem Epilog, Text: Arrigo Boito, UA: Zweitfassung: 1875, Bologna
Regie: Guy Montavon, Ausstattung: Peter Sykora
Dirigent: Walter E. Gugerbauer, Philharmonisches Orchester und Opernchor, Philharmonischer Chor Erfurt, Philharmonischer Kinder- und Jugendchor, Musikschule Erfurt
Solisten: Vazgen Ghazaryan (Mefistofele), Richard Carlucci (Faust), Gweneth-Ann Jeffers (Margherita/Elena), Stephanie Müther (Marta/Pantalis), Marwan Shamiyeh (Wagner/Nero).
Besuchte Aufführung: 16. Mai 2009 (Premiere)

Kurzinhalt
erfurt-mefistofele.jpgIm Prinzip stellt Mefistofele eine Bearbeitung von Goethes Faust I und II dar, sozusagen ein italienischer Faust. Folgende Szenen finden Verwendung: Prolog im Himmel: Die Wette des Teufels mit dem Herrn um die Fausts Seele. Faust kehrt mit Wagner vom Osterspaziergang zurück. Mefistofele verfolgt sie ins Studierzimmer und Laboratorium und schließt mit Faust einen Pakt, um einen Augenblick reinsten Glücks. Spricht Faust zum Augenblick Verweile, Du bist so schön, so verfällt ihm seine Seele. Im Garten stellt Faust an Margherita die Gretchenfrage, in der Walpurgisnacht verfällt er ihr im wilden Treiben. Im Kerker büßt Margherita als Mörderin, aber ihre Seele ist gerettet, als sie vor dem Teufel zurückweicht. In der Klassischen Walpurgisnacht ist Faust von Elena als Idealbild der Frau berauscht. Faust ist zum Schluß wieder in seinem Studierzimmer und spricht im Sterben fast die Paktworte. Seine Seele jedoch ist wegen seines lebenslangen Strebens gerettet.
Aufführung
Als der Vorhang sich öffnet fällt der Blick auf eine überdimensionale Labor-Leuchte. Die Handlung und der Zuschauer befinden sich damit immer im Blick des göttlichen Herrn, der uns von oben her beobachtet. Er beauftragt eine Geheimgesellschaft mit der Herstellung des Homunkulus. Was er dann zu sehen bekommt ist eine perfekt ausgeleuchtete Bühne, die von finsterer Nacht bis Morgenrot alles zu bieten hat. In ebenso perfekter Personenregie findet der Osterspaziergang statt. Nach einem modern ausgestatteten Laboratorium mit viel elektronischen Krimskrams, der auch Knall auf Fall den Geist aufgibt, dämmert eine mit vielen Totenköpfen ausgestattete Walpurgisnacht herauf, die in einer Orgie endet – inklusive einer heftigen Nummer zwischen Faust und Margherita/Elena. Da Faust im Tode das Geheimnis des Homunkulus nicht preisgeben will und den Fötus vernichtet, wird Mephisto in die Geheimgesellschaft aufgenommen. Spielende Kinder ziehen mahnend über die Bühne.
Sänger und Orchester
Schon Goethe selbst hatte Bedenken mit einer musikalischen Umsetzung des Faust. Nur Mozart und Meyerbeer wären dazu fähig, meinte er. Fast wie ein Fluch lastete diese Aussage über der Uraufführung von Boitos Mefistofele, erst die Überarbeitung wurde ein Welterfolg. Unter der Leitung von Walter E. Gugerbauer kann man den Grund für diesen Erfolg nachvollziehen: Es wurde die passende musikalische Untermalung zu einer der deutschesten Tragödien gefunden. Sie erinnert tatsächlich an Meyerbeer, ist aber in der Wirkung typisch italienisch dramatisch, dabei aber von großer Frische und Spontaneität. Aber auch den Humor Goethes kann man hier wiederfinden. Ein weiterer Grund für den Erfolg dieses Abends ist die durchwegs ausgezeichnete Sängerriege. Richard Carlucci (Faust) ist der wohltönende italienische Tenor, Gweneth-Ann Jeffers ein toller Sopran mit hervorragender sicherer Höhe in einer Doppelrolle als Margherita und Elena. Vazgen Ghazaryan ist ein volumenstarker Baß wenn ihm auch ein wenig die dämonische Tiefe fehlt.
Fazit
Eine zentrale Frage der Rezeption des Mefistofele ist die Frage, ob Margherita und Elena identisch sind. Hier sind sie es. Ebenso interessant ist die Sichtweise des Regisseurs Guy Montavon: Die Geheimgesellschaft, die den Homunkulus will, ist eine werkimmanente und vor allem spannende Interpretation. Gelungen auch die Umsetzung in einer bunten, fast revuehaften, aber vor allem eindeutigen und allgemeinverständlichen Inszenierung. Das Publikum dankte mit langem, freundlichen Applaus.
Oliver Hohlbach

Bild: Peter Sykora
Das Bild zeigt: Der Osterspaziergang einmal anders.

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