Münster, Städtische Bühnen – LUCIA DI LAMMERMOOR

von Gaetano Donizetti, Libretto: Salvatore Cammarano, nach dem Roman Die Braut von Lammermoor von Walter Scott, UA: 26. September 1835, Teatro di San Carlo, Neapel
Regie: Katharina Rupp, Bühnenbild/Kostüme: Karin Fritz, Dramaturgie: Ralph Blase
Dirigent: Hendrik Vestmann, Sinfonieorchester Münster, Chor/Extrachor, Choreinstudierung: Donka Miteva
Solisten: Henrike Jacob (Lucia), Matteo Suk (Lord Enricos Ashton), Andrea Shin (Sir Edgardo di Ravenswood), Sergey Tkachenko (Lord Arturo Bucklaw), Plamen Hidjov (Raimondo Bidebent), Judith Gennrich (Alisa), Fritz Steinbacher (Normanno) u.a.
Besuchte Aufführung: 9. Mai 2009 (Premiere)

Kurzinhalt
munster-lucia.jpgLucia Ashton und Sir Edgardo di Ravenswood lieben sich. Vor dem Hintergrund einer alten Feindschaft ihrer beiden Familien stehen ihre Versprechungen füreinander jedoch unter keinem guten Stern. Besonders Lucias Bruder Lord Enrico Ashton ist diese Beziehung ein Dorn im Auge, weil er seine Schwester zum Wohle der Familie bereits an den reichen Lord Arturo Bucklaw verheiraten will.  Als Edgardo aus politischen Gründen nach Frankreich reisen muß, beginnt Enrico gegen die Liebe der beiden zu intrigieren: er vernichtet alle Briefe von Edgardo an Lucia und schiebt seiner Schwester statt dessen einen gefälschten Brief Edgardos an eine vermeintliche andere Geliebte unter. Beharrend auf dem Wohle der Familie bringt er die tief erschütterte Lucia dazu, sich mit Arturo vermählen zu lassen. Mitten in die Hochzeitszeremonie hinein stürzt Edgardo und erhebt Anspruch auf Lucia, wird aber von Lord Arturo und Enrico verjagt.
Lucia verliert den Verstand und bringt in der Hochzeitsnacht ihren Bräutigam Arturo um. An ihrem Wahnsinn zugrunde gehend stirbt sie. Als Enrico davon erfährt, tötet er sich selbst, um sich im Himmel mit seiner Braut zu vereinen.
Aufführung
Das Geschehen der Oper spielt sich fast ausschließlich in den Räumen des Schlosses Lammermoor ab.
Die Farbe Dunkelgrün wird deutlich hervorgehoben: Sie findet sich in den Wänden wieder, die mit edlen Rokoko-Mustern bedruckt sind, in den wuchtigen Ledersesseln und zuletzt im langen Mantel des Schloßherrn Enrico. Insgesamt heben sich Lucia und Eduardo durch ihre Aubergine-farbenen Mäntel von der ansonsten düster gehaltenen Szenerie deutlich ab.
Das weiße Hochzeitskleid Lucias wirkt auf seinem Ständer wuchtig und pompös. Mithilfe der Lichtanlage wird es in gleißendes Licht getaucht und schafft einen starken Kontrast zu den gedeckten Farben der Aufbauten. Katharina Rupp legt großes Augenmerk auf den Gegensatz von Realität und Vision: Lucias anfängliches Geistesbild einer ertrunkenen Frau wird teils als lebendige Figur auf der Bühne umgesetzt, teils schimmert es nur leicht durch die Wände hindurch. Die Sterbeszene Eduardos spielt sich vor neuen Aufbauten ab: Unter gewaltigen, herabhängenden Ästen und inmitten von dichtem Nebel steht Eduardo. Ein großer schwarzer Rahmen umschließt das Geschehen und dient dem Protagonisten als Bühne.
Sänger und Orchester
Die stimmliche Balance zwischen Henrike Jacobs Sopran (Lucia) und Andrea Shins Tenor (Eduardo) drückte sich besonders deutlich in den Duett-Partien sulla tomba che – auf des Grabes düstern Hügeln aus. Auch das Wechselspiel zwischen Matteo Suk (Ashton) und dem Chorgesang der Soldaten erwies sich als adäquat aufgrund seines dunklen und doch forschen Baritons.
Henrike Jacob brillierte in der Rolle der Lucia und setzte mit heller Stimme die Spanne von leidenschaftlicher Verliebtheit und rasendem Wahnsinn eindrucksvoll um. Erwähnenswert ist die koloraturreiche Wahnsinnsarie il dolce suono – spargi d’amaro pianto süße Töne – ich vernahm seine Stimme, die sie mit facettenreicher Stimme umsetzte. Zudem gelang ihr die Darstellung der irrsinnigen Mörderin in beeindruckender Weise.
Hendrik Vestmann untermalte mit dem Orchester in feinfühliger Art gut die solistischen Partien der Sänger. Die Klarheit und Sicherheit in den Triller-Figuren beim Querflötensolo (Wahnsinnsarie), war beeindruckend. In Enricos Arie (1. Akt, 3. Szene) La pietade in suo favore miti sensi invan ti detta – vergeblich erweckt das Mitleid in dir milde Gefühle zeichneten sich die Streicher zunächst durch die Behutsamkeit der rhythmischen Akzentsetzung aus, überzeugten im Anschluß aber gleichsam durch die aufbrausende und klare Melodieführung.
Fazit
Besonders Maria Callas ist die Sängerin, die bis heute unwillkürlich mit der Rolle der Lucia verknüpft wird. Doch man vermißte sie kaum bei der Qualität des Gesangs von Henrike Jacob gemeinsam mit dem Ensemble der städtischen Bühnen.
Mit dem Fallen des Vorhanges erhob sich enthusiastischer Beifall, der den Leistungen der Darsteller und Organisatoren in jeder Hinsicht gerecht wurde.

Laura Hamdorf

Bild: Michael Hörnschemeyer

Das Bild zeigt:  Henrike Jacob als Lucia

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