DER WILDSCHÜTZ – Dresden, Semperoper

von Albert Lortzing (1801-1851), komische Oper in drei Akten, Libretto: Albert Lortzing nach dem Lustspiel Der Rehbock oder Die schuldlosen Schuldbewußten von August von Kotzebue, UA: Leipzig 31. Dezember 1842, Stadttheater

Regie: Jens-Daniel Herzog, Bühne: Mathis Neidhardt, Kostüme: Sibylle Gädeke, Licht: Stefan Bolliger

Dirigent: Alfred Eschwé, Sächsische Staatskapelle, Sächsischer Staatsopernchor, Choreinstudierung: Jörn Hinnerk Andresen

Solisten: Detlef Roth (Graf von Eberbach), Sabine Brohm (Gräfin), Steve Davislim (Baron Kronthal), Emily Dorn (Baronin Freimann), Reinhild Buchmayer (Nanette), Georg Zeppenfeld (Baculus), Carolina Ullrich (Gretchen), Oliver Breite (Pankratius), Alexander Födisch (Gast)

Besuchte Aufführung: 10. Oktober 2015 (Premiere)

Dresden_WildschützKurzinhalt

Schulmeister Baculus feiert seine Verlobung mit der viel jüngeren Gretchen. Da erhält er die Nachricht vom Grafen, daß er in dessen Wäldern verbotenerweise einen Rehbock erlegt hätte und so aus dem Amt entlassen wird. Die als Student verkleidete Baronin von Freimann bietet sich Baculus an, beim Grafen für ihn vorzusprechen. Dies verschafft ihr auch die Gelegenheit Baron Kronthal unter die Lupe zu nehmen, mit dem sie ihr Bruder verheiraten will. Nach zahlreichen Verwicklungen auf dem Schloß des Grafen, in deren Folge sich der Graf und der Baron in die sich als Gretchen ausgebende Baronin verlieben, erhält der Baron die Hand der Baronin, und es kommt heraus, daß Baculus seinen eigenen Esel anstelle eines Rehbockes geschossen hat.

Aufführung

Im ersten Akt fällt der Blick auf ein Schulzimmer des 19. Jahrhunderts. Mit großer Tafel im Hintergrund sowie einigen Schulbänken. Das Schloß ist als drehbarer Holzbau konzipiert, der sowohl ein Billardzimmer als Schloßinneres, wie bei Drehung auch die stilisierte Außenseite des Schlosses zeigt. Die Kostüme sind größtenteils im Sinne des Stückes in der Biedermeierzeit angesiedelt.

Sänger und Orchester

Stimmlich glänzend aufgestellter Mittelpunkt des Abends ist Georg Zeppenfeld (Baculus). Sein samtig gefärbter Baß mit klarem Duktus, erdigen Farben und wuchtig ausgehaltenen Tönen läßt die bekannte Arie Fünftausend Taler des zweiten Aktes zu einer Offenbarung gesanglichen Facettenreichtums werden. Überzeugend ist auch sein Spiel, wobei er die biedere Schulmeisterhaftigkeit grandios in den Vordergrund stellt. Um Zeppenfeld als Leitstern der Vorstellung gruppieren sich weitere beachtenswerte gesangliche Leistungen. So versteht es Carolina Ullrich als Gretchen dem Zuschauer neben den üblichen Schenkelklopfern dieser Protagonistin auch stimmlich einiges abzugewinnen. Ihr in den oberen Tonlagen lang angehaltenen Töne weisen eine anziehende Strahlkraft aus. Ebenso verhält es sich bei Emily Dorn (Baronin). Ihr funkelnder Sopran weiß selbst in der ironischen Überspitzung des Liedes Bin ein schlichtes Kind vom Lande im ersten Akt mit nuancenreicher Grazilität zu verzaubern. Die stimmlichen Stärken des Baritons Detlef Roth (Graf) kommen insbesondere bei den heiteren Szenen zum Tragen. So wird seine Heiterkeit und Fröhlichkeit im dritten Akt eindrucksvoll und zugleich ungezwungen vorgetragen. Steve Davislim (Baron) setzt einen weiteren Glanzpunkt des Abends. Die Kavatine des zweiten Akts wird mittels seiner warm timbrierten Stimme mit samtig strahlendem Durchscheinen zu einem pulsierenden Edelstein, der sich in das Ohr der Zuhörer einnistet. Köstlich ist zudem das Zusammenspiel von Roth und Davislim in der Billardszene des zweiten Akts. Spielerische Glanzpunkte werden auch durch Emily Dorn gesetzt, die eine herrlich überdrehte Gräfin gibt. Die Sächsische Staatskapelle Dresden unter Alfred Eschwé zaubert einen beschwingt leichten Klangteppich, der die luftig lyrischen, wie aber auch die mitreißend dramatischen Passagen kongenial umsetzt. Dazu ist der Sächsische Staatsopernchor Dresden prächtig aufgestellt.

Fazit

Mit dieser Inszenierung hat die Semperoper wahrlich keinen Bock geschossen, sondern versteht es, werkgerecht das Stück ausstattungstechnisch wie auch musikalisch zwischen tänzelnder Operette und mehrdeutiger Oper auf die Bühne zu bringen. Die teilweise herausragenden Leistungen aller Beteiligten, allen voran die von Georg Zeppenfeld, der am Premierenabend im Anschluß an die Aufführung auf der Bühne als Kammersänger ausgezeichnet worden ist, wurden mit tosendem, lang anhaltendem Beifall belohnt.

Dr. Andreas Gerth

Bild: Matthias Creutziger

Das Bild zeigt: Carolina Ullrich (Gretchen), Emily Dorn (Baronin Freimann), Georg Zeppenfeld (Baculus), Reinhild Buchmayer (Nanette)

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