LE CID – Paris, Palais Garnier

von Jules Massenet, Oper in vier Akten, Libretto: Adolphe d’Ennery, Louis Gallet und Éduouard Blau nach dem gleichnamigen Theaterstück von Pierre Corneille, UA: 30. November 1885 Paris, Opéra, Salle Garnier

Regie: Charles Roubaud, Bühne: Emmanuelle Favre, Kostüme: Katia Duflot, Licht: Vinicio Cheli

Dirigent: Michel Plasson, Orchester und Chor der Opéra National de Paris, Choreinstudierung: José Luis Basso

Solisten: Sonia Ganassi (Chimène), Annick Massis (die Infantin), Roberto Alagna (Rodrigue), Paul Gay (Don Diègue), Nicolas Cavallier (der König), Laurent Alvaro (Graf von Gormas), Francis Dudziak (der heilige Jakobus), Jean-Gabriel Saint-Martin (der maurische Gesandte), Luca Lombardo (Don Arias), Ugo Rabec (Don Alonso)

Besuchte Aufführung: 27. März 2015 (Premiere)

1415LeCid-133Kurzinhalt

Durch die Tapferkeit des Helden Rodrigue kann der König seinem Volk den Sieg über die Mauren verkünden. Rodrigue und Chimène erklären einander ihre Liebe. Rodrigues Vater, Don Diègue, wird zum Erzieher des Kronprinzen ernannt. Chimènes Vater, Graf von Gormas, der diesen Posten erhofft hatte, beleidigt Don Diègue. Nach schwerem inneren Kampf entschließt sich Rodrigue, die Ehre seines Vaters wiederherzustellen und tötet im Duell den Vater seiner Geliebten. Chimène verlangt von König Gerechtigkeit. Don Diègue erklärt dem König die Umstände und erklärt sich bereit, wenn nötig, anstelle des Sohnes verurteilt zu werden. Auf die Nachricht eines neuerlichen Maurenangriffs führt Rodrigue das christliche Heer noch einmal ins Feld. Chimène will ihn nicht verlieren, segnet ihn und betet für seine heile Rückkehr. Rodrigue gewinnt die Schlacht und weiht dem König seinen Sieg. Aus Liebe vergibt ihm Chimène.

Aufführung

Einfaches Bühnenbild im Stil des ausgehenden 19. Jahrhunderts: Jugendstiel Dekorationselemente, Chesterfield Sofas, Büsten von Feldherrn, Thronsaal mit Löwenstatue und Nationalflagge, Stufenbänke. Soldatenkantine mit einfachen Holztischen und Stühlen. Kostüme für Männer Anzüge oder Uniformen derselben Epoche (obwohl die einfachen Soldaten im vierten Akt eher wie G.I.s aussehen). Für Frauen traditionell spanisch mit Mantillen bei Hof, sonst Straßenkleidung.

Sänger und Orchester

Roberto Alagna überzeugt sowohl in den dramatischen-heroischen wie auch in den romantisch-lyrischen Partien seiner Rolle. Und dennoch, wie er selbst sagt: Stimmlich ist es schrecklich, [diese Rolle] zu singen. Denn schon ganz am Anfang der Oper muß sich seine Stimme in einer dramatischen Arie Ô noble lame étincelante – blitzende Klinge, edles Schwert (1. Akt, 2. Bild) gegen  einen lautstarkem Chor und ein ebenso lautstarkes Orchester durchsetzen. Es ist auch eine Rolle, die ein großes Durchhaltevermögen erfordert, weil sie vier Akte hat. fügt er hinzu. Ihm gegenüber Sonia Ganassi, die mit gewaltiger, voller und hochdramatischer Sopranstimme, wenig nuanciert, aber glaubhaft, bald die leidenschaftliche liebende Aimer! Je puis aimer librement, devant tous – Ihn lieben! Frei vor allen darf ich lieben (1. Akt, 1. Bild), bald die ebenso leidenschaftlich Rache suchende Chimène darstellt Sire! Je l’ai juré! Ni pitié! Ni pardon! – Sire! Ich hab‘s geschworen! Kein Mitleid! Kein Verzeihen! (2. Akt, 4. Bild). Annick Massis mit reiner klarer Sopranstimme und vorzüglicher Stimmführung ist die hoheitsvolle Infantin, besonders klangreich im Duett mit Chimène Tu parait bien joyeuse, Chimène? – Du scheinst sehr fröhlich zu sein? (1. Akt, 1. Bild). Paul Gay ist der würdige, greisenhafte Hüne Don Diègue, dessen warme, tief-orgelnde Baßstimme in Il a fait noblement ce que l’honneur conseille – Er tat edelmütig, was die Ehre ihm gebot (4. Akt, 9. Bild) besonders schön zum Ausdruck kommt. Nicolas Cavallier als König und Laurent Alvarez als Graf von Gormas ergänzen das Ensemble. Hervorzuheben sei der ausdrucksstarke, überall anwesende Chor.

Michel Plasson leitet mit Macht Soli, Chor und Orchester durch die pompöse Partitur.

Fazit

Massenets Le Cid fällt schon in die Zeit des drame lyrique, steht aber durch seine dramatische Schlagkraft der grand opéra noch sehr nahe: historisch, leidenschaftlich, heroisch, patriotisch. Das Werk gehört neben Manon und Werther zu jenen von Massenets Opern, die sich auf den Spielplänen gehalten haben, wenn es auch nicht häufig aufgeführt wird. Diese neue Inszenierung im Palais Garnier fand großen Beifall.

Alexander Jordis-Lohausen

Bild: Agathe Poupeney

Das Bild zeigt: Rodrigue (Roberto Alagna) kniet vor dem König (Nicolas Cavallier), Hofstaat (Chor)

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