LE GRAND MACABRE – Essen, Aalto-Musiktheater

von György Ligeti (1923-2006), Opera in two acts, Libretto: Michael Meschke und György Ligeti, frei nach Michel de Ghelderodes Schauspiel

La Balade du Grand Macabre, UA: 12. April 1978 Stockholm, Königliche Oper

Dirigent: Dima Slobodeniouk

Regie: Mariame Clément, Bühne/Kostüme: Julia Hansen, Video: fettFilm, Choreinstudierung: Alexander Eberle, Dramaturgie: Janina Zell

Solisten: Susanne Elmark (Gepopo und Venus), Elizabeth Cragg (Amanda), Karin Strobos (Amando), Jake Arditti (Fürst Go-Go), Ursula Hesse von den Steinen (Mescalina), Rainer Maria Röhr (Piet vom Faß), Heiko Trinsinger (Nekrotzar), Tijl Faveyts (Astradamors), Jeffrey Dowd (Weißer Minister), Karel Ludvik (Schwarzer Minister), Opernchor und Statisterie des Aaalto-Theaters, Essener Philharmoniker

Besuchte Aufführung: 14. Februar 2015 (Premiere)

Le Grand Macabre Aalto Opernhaus EssenKurzinhalt

Nekrotzar steigt aus seinem Grab auf um das Ende der Welt herbeizuführen und trifft zufällig auf das Liebespaar Amando und Amanda, die auf der Suche nach einem ungestörten Ort sind, um sich lieben zu können. Piet vom Faß, der sie dabei beobachtet hatte, wird Nekrotzars Helfer und folgt ihm. Der Hofastrologe Astradamors wird von seiner Frau Mescalina gepeinigt, als er den herannahenden Kometen entdeckt. Nekrotzar und Piet erscheinen und Astradamors schließt sich ihnen an. Fürst Go-Go gerät in Panik aufgrund eines Massenaufstandes. Nekrotzar betrinkt sich mit seinen Gehilfen so stark, daß er es nicht schafft, die Welt zu zerstören.

Aufführung

Während aller vier Bilder ist die Aufführung nicht nur auf die Bühne beschränkt, sondern findet im ganzen Saal statt: die Sänger und Musiker machen auch den Publikumsraum und die Ränge zum Schauplatz des Geschehens. Die Bühne selbst ist ein grüner Kasten, in dem für jedes Bild eine neue Kulisse errichtet wird: im ersten Bild steht ein überladener Schreibtisch unter einer großen Leinwand, auf der  teilweise Texte und Bilder gezeigt werden. Im zweiten Bild dominiert ein Himmelbett. Ein Brunnen, aus dem zeitweise eine Muschel mit der Venus aufsteigt, ergänzt das Bild. Die Kulisse des dritten Bildes ist ganz im Stil eines amerikanischen Regentenbüros eingerichtet: große Fenster, cremefarbene Sitzmöbel und ein großer Schreibtisch im Zentrum. Während des dritten Bildes spielt sich vieles vor dem geschlossenen Vorhang ab, ein Tisch, mehrere Gläser und Weinflaschen sind die einzigen Requisiten. Alle Akteure tragen im Laufe der Aufführung verschiedene, der Situation angepaßt absurde Kostüme.

Sänger und Orchester

Positiv hervorzuheben ist zuallererst die Vielfalt, mit der es dem gesamten Ensemble gelang, dieses polarisierende Werk mit Leben zu füllen. Die Essener Philharmoniker unter von Dima Slobodeniouk musizierten mit Autohupen und anderen Alltagsgegenständen ebenso frisch wie auf ihren eigenen Instrumenten. Sie zeigten sich im Vorspiel wie auch in ihren Zwischenspielen als wandlungsfähiger, eigenständig agierender Klangkörper, begleiteten andererseits die Sänger stets einfühlsam, so daß diese sich trotz ihrer extrem anspruchsvollen Passagen nie zu sehr verausgaben mußten. Heiko Trinsinger in der Rolle des Nekrotzar überzeugte durch seine der Rolle angemessen durchdringende Stimme, die durch eine sehr klare Artikulation gestützt wurde. Im Zusammenspiel mit Rainer Maria Röhr (Piet vom Faß) wurde außerdem die Bedeutung des mimischen Ausdrucks klar: eine teuflische Gestalt wie Nekrotzar lebt natürlich auch von bösartigen Grimassen. Tijl Faveyts (Astradamors) zeigte als Baß eine auffällig wandlungsfähige Stimme: bei den großen Ambitus der Stimmführung in Ligetis Vorlage bewältigte er mühelos die tiefsten und die höchsten Töne, die selbst einen Tenor herausgefordert hätten. Ursula Hesse von den Steinen in der Rolle der männerhungrigen Mescalina zeigte besondere schauspielerische Qualitäten. In den gesprochenen Teilen zeigte sich auch der klangliche Unterschied zwischen ihrer Singstimme und ihrer Sprechstimme – ein angenehmer Kontrast, der gut zu der von ihr verkörperten Rolle passte. Susanne Elmark (Gepopo und Venus) brachte durch ihren hellen Sopran eine weitere angenehme Farbe in die Musik. Durch ihre Rollen mimisch und schauspielerisch recht festgelegt, konzentrierte sie sich vor allem auf eine reine Klangdarstellung, die nach den vielen visuellen Eindrücken eine angenehme, beruhigte Wirkung hatte. Die Rolle des Fürsten Go-Go fordert den Sänger technisch wie darstellerisch besonders. Jake Arditti meisterte diese Herausforderung jedoch glänzend und erntete dafür einigen Applaus. Das Duo Jeffrey Dowd und Karel Ludvik als Weißer und Schwarzer Minister harmonierte ebenso wunderbar wie das von Elizabeth Cragg und Karin Strobos dargestellte Liebespaar Amanda und Amando miteinander und im Dialog mit anderen Figuren.

Fazit

Anders als aus einzelnen gemurmelten Kommentaren zu schließen war, spendete das Publikum reichlich Applaus und belohnte das Ensemble damit für zwei Stunden harte Arbeit. Besonders der Hauptdarsteller Trinsinger kam beim Publikum gut an: als er sich noch einmal alleine verbeugte, erhoben sich große Teile des Publikums. Ein höchst sehenswertes Werk am Aalto-Theater!

Sarah Heemann

Bild: Matthias Jung

Das Bild zeigt: Karin Strobos (Amanda), Elizabeth Cragg (Amando) (v.l.)

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