PARSIFAL – Salzburg, Osterfestspiele Salzburg

von Richard Wagner (1813-1883), Bühnenweihfestspiel in drei Aufzügen, Dichtung: Richard Wagner, nach dem mittelalterlichen Epos von Wolfram von Eschenbach UA: 26. Juli 1882 Bayreuth, Festspielhaus

Regie: Michael Schulz, Bühne: Alexander Polzin

Dirigent: Christian Thielemann, Sächsische Staatskapelle Dresden, Chor der sächsischen Staatsoper Dresden und der Bayerischen Staatsoper, Kinderchor der Salzburger Festspiele, Choreinstudierung: Pablo Assante und Wolfgang Götz

Solisten: Wolfgang Koch (Amfortas und Klingsor), Milcho Borovinov (Titurel), Stephen Milling (Gurnemanz), Johan Botha (Parsifal), Michaela Schuster (Kundry), u.a.

Besuchte Aufführung: 1. April 2013

Konzerte den Salzburger Osterfestspielen
Die Salzburger Osterfestspiele bestehen aus Konzerten und Opern. In diesem Jahr ist das Residenzorchester die Sächsische Staatskapelle Dresden, das Dirigentenpult teilen sich Christian Thielemann und Myung-Whun Chung, der seine bei Verdi- und Mahler-Aufführung souverän gestaltet. Für die Konzerte wird über dem Orchestergraben des großen Festspielhauses ein Konzertpodium aufgebaut, das Orchester sitzt erhöht, ist aber nicht von der Lautstärke her dominant, sondern klingt filigran und transparent. Da wird Beethovens viertes Klavierkonzert mit Evgeny Kissin zu einem Tanz der Kadenzen – die Klavier-Anschläge sind prägnant, es gelingt die von Beethoven erstrebte harmonische Verschmelzung zwischen Klavier und Orchester und führt im dritten Satz zu einer heiter tänzerischen Ausführung des Rondos.

Kurzinhalt
Amfortas leidet an einer Verletzung, die er bei dem Raub des heiligen Speers durch Klingsor erlitten hat. Nur durch die Berührung mit dem heiligen Speer ist Heilung möglich – durch „einen reinen Tor“. Gurnemanz hält Parsifal für den „reinen Tor“ und nimmt ihn mit in die Gralsburg. Als er sich getäuscht sieht, setzt er Parsifal vor die Tür. Parsifal findet den Zaubergarten Klingsors mit seinen verführerischen Mädchen. Als auch Kundry ihn nicht halten kann, versucht Klingsor ihn mit dem Speer zu bannen. Parsifal ergreift den Speer, der Zaubergarten versinkt. Parsifal kehrt zurück zu den Gralsrittern, die von Amfortas fordern, den Gral zu enthüllen, doch Amfortas will lieber sterben. Parsifal heilt die Wunde mit dem Speer und enthüllt den Gral.

Aufführung
Christian Thielemann ist hier für die deutsche Romantik zuständig und hat damit die Leitung des Parsifal inne. Im ersten Akt sehen wir einen Röhrenwald, der bei Bedarf mit weißem Rauch verdunkelt werden kann, die Szenerie versteckt sich teilweise wie hinter Bäumen. Im Gegensatz dazu stehen im zweiten Akt Skulpturen – mehr oder weniger beschädigt – auf der Bühne herum. Die Blumenmädchen tragen helle Uniformen und wirken wenig blumenhaft. Im dritten Akt steht nur noch eine weiße Rampe in der Mitte, auf der sich sterbende Gralsritter niederlegen – flankiert von wilden Wolfs-Statuen. Einen Karfreitagszauber gibt es nicht, als die Tränen des Erlösers erwähnt werden, beginnt die weiße Rampe zu glitzern. Was ist der Gral? Zuerst befindet sich die Lösung in einer Kiste, deren Inhalt die Gralsritter blendet, zum Ende spielen die Gralsritter den Kalvarienberg nach. Die Gralsritter wirken in Ihren weißen Uniformen wie Eisplanet-Soldaten aus dem Krieg der Sterne oder Endzeit-Krieger aus dem Planet der Affen. Genausowenig konkret ist die Kleidung der anderen Protagonisten in vielen Farben aus irgendwelchen Filmen entlehnt. Dazu gehört auch ein Christus-Darsteller, der von einem dunkel gekleideten Gegenspieler durch die Akte während des Leidenswegs begleitet wird.

Sänger und Orchester
Wieder einmal ist ein Unterschied zwischen dem Bühnengeschehen und den musikalischen Welten der sächsischen Staatskapelle unter Christian Thielemann zu erleben. Während sich der Sinn der Handlung nicht erschließen will, entstehen mystische Weiten der Gralswelt in weihevoller Getragenheit ohne hohles Pathos, der Karfreitagszauber ist bis in die letzten Nuancen aufbereitet: da entstehen frühlingshafte Farbwelten vor dem inneren Auge des Zuhörers. Ebenso brillant zeigen sich die vereinigten Chöre aus München und Dresden, die weniger mit Kraft als mit harmonisch-einheitlichen Glanz überzeugen, Lob auch für den Kinderchor.

Wolfgang Koch ist ein strahlender Helden-Bariton mit Durchschlagskraft und guter Textverständlichkeit. Ihm gelingt es, sowohl Amfortas als auch Klingsor mit seinen umfangreichen stimmlichen Mitteln ein unterschiedliches Format zu geben. Ähnliches kann man über Milcho Borovinov sagen, der Titurel als dominanten Zeremonienmeister zeichnet. Stephen Milling (Gurnemanz) ist zwar wortgewaltig, hält sich jedoch stimmlich zurück und geht über weite Strecken eher deklamatorisch als vollmundig vor. Michaela Schuster ist ein hochdramatischer Sopran mit viel Strahlkraft, auch ihr Piano trägt in diesem Haus. Jedoch wirkt die Stimme dabei schmal und eindimensional. Johan Botha klingt indisponiert, ohne sich jedoch ansagen zu lassen. So wirkt er schwach und farblos und kann seine Rolle über weite Strecken nicht gestalten.

Fazit
Dies sind die ersten Salzburger Osterfestspiele für die sächsische Staatskapelle Dresden. Es mag sein, daß die Osterfestspiele im Jahr 2013 mit dem szenischen Scheitern des Parsifal leben müssen, denn die Publikumsreaktion fiel eindeutig aus. Der Semperoper Dresden kann man nur empfehlen, die Produktion nur eingeschränkt zu übernehmen, in Salzburg hingegen folgt 2014 mit der Arabella ein szenischer Neubeginn.

Musikalisch ist die Arbeitsteilung zwischen Christian Thielemann und Myung-Whun Chung ein Pluspunkt. Orchester und Chor zählen unzweifelhaft zu den führenden Klangkörpern unserer Zeit, das stellen sie mit dem diesjährigen Salzburger Osterfestspielen, mit dem Parsifal und den Orchesterkonzerten umjubelt, unter Beweis.

Oliver Hohlbach

Bild: Forster

Das Bild zeigt: Blumenmädchen verführen Parsifal

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