LES PÊCHEURS DE PERLES – DIE PERLENFISCHER – Paris, Opéra Comique

von Georges Bizet, Oper in drei Akten, Libretto: Eugène Cormon und Michel Carré (Originalfassung von 1863), UA: 30 September 1863 Paris, Théâtre Lyrique

Regie: Yoshi Oida, Choreographie/Regie: Daniela Kurz, Bühne: Tom Schenk, Kostüme: Richard Hudson, Licht: Fabrice Kebour

Dirigent: Leo Hussain, Orchestre Philharmonique de Radio France, Accentus Chor, Choreinstudierung: Christophe Grapperon

Solisten: Sonya Yoncheva (Leïla), Dmitry Korchak (Nadir), André Heyboer (Zurga), Nicolas Testé (Nourabad)

Besuchte Aufführung: 18. Juni 2012 (Premiere)

Kurzinhalt

Zurga, der neu gewählte König der Fischer in Ceylon, und sein Jugendfreund Nadir finden sich durch Zufall wieder. Kurz darauf bringt ein Boot den Brahmapriester Nourabad und eine verschleierte Frau  an Land. Vor vielen Jahren hatten die beiden Freunde Leïla, eine wunderschöne Brahmapriesterin, kennengelernt, doch um ihre Freundschaft nicht zu zerstören, auf eine Liebe zu ihr verzichtet. Jetzt sehen sie Leïla wieder. Vor Zurga erneuert diese ihr Keuschheitsgelübde. Insgeheim aber, hat sie Nadir nicht vergessen, und als er erscheint, können beide einander nicht widerstehen. Nourabad, der sie überrascht hat, alarmiert das Dorf. Aus Eifersucht verurteilt Zurga beide zum Tode. Aber durch Leïlas Halskette erkennt er, daß sie es war, die ihm einst das Leben gerettet hat. Die Dorfbewohner warten vor dem Scheiterhaufen, auf dem die beiden Liebenden verbrannt werden sollen. Plötzlich erscheint Zurga mit der Nachricht, das Dorf stehe in Flammen. Alle stürzen davon. Zurga selbst hat den Brand gelegt, um Nadir und Leïla die Gelegenheit zur Flucht zu geben.

Aufführung

Yoshi Oida beschert uns in Inszenierung, Kostümen und Dekor etwas Biblisch-Archaisches mit japanischen Akzenten. Vor einer bühnenfüllenden Felsenwand oder Wolkenwand findet sich ein Meeresstrand. Im zweiten Akt hängen drei Bootsgerippe wie Mondsicheln über der Bühne und geben dem Ganzen etwas Märchenhaftes. Der Chor in einfachen grau-blauen Hosen und Kaftans mit Turban. Zurga und Nadir tragen ähnliche Kostüme, doch mit einfachen japanischen Stoffmustern geschmückt. Alle sind barfuß. Zurga sieht aus wie ein afghanischer Stammesfürst. Bei den Brahma-Zeremonien tragen alle lange, weiße Umhänge. Leïla, anfäglich mit ostasiatischem Kegelbambushut und mit verschiedenen Schleierüberwürfen, wirkt wie eine edle Geisha im Kimono. Später in rotem Hosenkostüm wirkt sie weniger edel. Die Choreographie des Chors ist bühnenwirksam.

Die Handlung wird durch eine Schar Tanzer und Tänzerinnen begleitet, die auf der ganzen Bühne modernen Ausdrucktanz betreiben. Das hat sicherlich symbolischen Wert, der jedoch dem Zuschauer entgeht.

Sänger und Orchester

André Heyboers spielt und singt mit vollem warmen Bariton-Timbre die großzügig-tragische Figur des Zurga. Dmitry Korchak mit hellem Belcanto-Tenor ist Nadir. Ihre beiden Stimmen sind besonders schön vereint im Bariton-Tenor Duett Au fond du temple saint – Ganz hinten im heiligen Tempels (Anfang 1. Akt). Sonya Yoncheva beeindruckt im Spiel wie im Gesang, bald dramatisch-temperamentvoll, wie in Eh bien! Va, venge-toi donc, cruel! Gut! Geh, räche dich also, Grausamer (3. Akt), meist aber lyrisch mit einer wundervoll reinen und klaren Stimmführung, wie  u.a. in Comme autrefois dans la nuit sombre – wie damals in der finsteren Nacht Nicolas Téstés sonorer Baß als Nourabad vollendet das ausgezeichnete  Quartett der Solisten.

Der gut einstudierte Accentus-Chor spielt eine wichtige Rolle in der Oper. Er ist fast immer auf der Bühne oder in den Kulissen hörbar und bildet auch den Hintergrund verschiederner Arien oder Duette.

Leo Hussain dirigiert sehr sauber das Orchestre Philharmonique de Radio France durch eine Partitur, die durch ihren Reichtum auffällt und in dem vor allem immer wieder einzelnen Instrumente eine Solistenrolle spielen: Harfe, Flöten, Hörner und andere Blasinstrumente.

Fazit

Die Perlenfischer ist eine der ersten Opern Georges Bizets. Er war 25 Jahre alt, als er sie schrieb. Doch der entschieden eigenständige musikalische Stil und einige sehr schöne Melodien in diesem Jugendwerk weisen schon auf das zwölf Jahre später entstandene Hauptwerk des Komponisten Carmen hin.

Wie so viele wenig aufgeführte und oft halbvergessene Werke in den letzten Jahren, hat uns die Opéra Comique auch hier wieder ein kleines, verstaubtes Juwel auf Hochglanz poliert und in einer originellen Inszenierung und mit einer hervorragenden Besetzung präsentiert.

Alexander Jordis-Lohausen

Bild: Pierre Grosbois

Das Bild zeigt: Sonya Yoncheva (Leïla), Dmitry Korchak (Nadir)

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