IL BARBIERE DI SIVIGLIA – DER BARBIER VON SEVILLA – Solingen, Theater- und Konzerthaus

von Gioachino Rossini (1792-1868), Melodramma buffo in 2 Akten, Libretto: Cesare Sterbini nach Beaumarchais’ Le Barbier de Séville, UA 20. Februar 1816 Rom, Teatro Torre Argentina

Regie: Johannes Weigand, Bühne: Moritz Nitsche, Kostüme: Judith Fischer, Dramaturgie: Ulrike Olbrich

Dirigent: Florian Frannek, Bergische Symphoniker und Opernchor, Choreinstudierung: Jens Bingert

Solisten: Christian Sturm (Graf Almaviva), Dariusz Machej (Doktor Bartolo), Elena Fink (Rosina), Thomas Laske (Figaro), Martin Js. Ohu (Basilio), Joslyn Rechter (Berta), Javier Zapata Vera (Fiorillo), Hak-Young Lee (Offizier)

Besuchte Aufführung: 6. Juni 2012 (Premiere)

Kurzinhalt

Graf Almaviva ist auf die schöne Rosina aufmerksam geworden. Sein nächtliches Ständchen mit einer eigens engagierten Kapelle bringt ihn jedoch nicht weiter: Ihr alter Vormund Doktor Bartolo hält sie von der Außenwelt fern, da er selber an ihr wegen ihres Vermögens Interesse hat. Hilfe bringt der Barbier Figaro. Dieser hat Zugang zu Bartolos Haus und gibt Almaviva den Tipp, verkleidet als Soldat mit einem Einquartierungsbefehl sein Glück zu versuchen. Doch dieser erste Versuch mißlingt, Bartolo und sein Gehilfe Basilio wittern Verdacht. So ist ein zweiter Versuch nötig, bei dem Almaviva als Vertretung des Musiklehrers auftritt. Hier ist ihm mehr Erfolg vergönnt, Rosina und er kommen sich näher. Bartolo hat erneut einen Verdacht, doch das komplizierte Verwirrspiel, welches sich unter Leitung von Figaro entwickelt, überfordert ihn zunehmend. Am Ende kann er die Hochzeit von Rosina und Almaviva nicht verhindern und ist zudem selber glücklich, da der Graf ihm zugunsten auf die Mitgift verzichtet.

Aufführung

Auf einer leeren Bühne befinden sich lediglich vier Wände, die relativ beliebig gedreht werden können. Auf größere Requisiten wird verzichtet. So ist es möglich, das Verwirrspiel mit der räumlichen Konzeption zu unterstreichen, da sich auf schnelle Art und Weise nicht vorhersehbare Konstruktionen herstellen lassen. Die Kostüme entsprechen dem Barock . Eine der wenigen Ausnahmen sind etwa ein Tasteninstrument oder ein Rasierstuhl im zweiten Aufzug. Wie die Bühne sind aber auch diese Gegenstände beinahe vollständig in weiß gehalten.

Sänger und Orchester

Während einmal mehr die Debatte um die Zukunft der Bergischen Symphoniker geführt wird, zeigen diese davon unbeeindruckt eine souveräne Leistung. So überzeugt in der Ouvertüre die Ausgewogenheit der Instrumentengruppen zueinander. Besonders gefallen dabei die Kantilenen der Holzbläser. Wenn Florian Frannek hier noch die Zügel festhält, läßt er das Orchester an anderen Stellen – wie der Auftrittsarie des Figaro – entfesselt aufspielen. Nur an einigen Stellen ist er gefordert, wenn die Koordination zwischen Bühne und Graben verloren zu gehen droht.

Mit seiner bereits erwähnten Auftrittsarie Largo al factotum – macht Platz dem Faktotum kann Thomas Laske (Figaro) leider nicht völlig überzeugen. Der hintere Stimmansatz läßt seine Stimme hier übermäßig dunkel erklingen. Doch bereits im anschließenden Duett gelingt seine Stimmführung deutlich heller und klarer, da er auch einen größeren Stimmansatz wählt. So kann Laske dann auch im zweiten Akt überzeugen. Auch vor diesem Duett zeigt Christian Sturm (Graf Almaviva) seine Qualitäten: Bereits mit seiner Auftrittsarie überzeugt er mit kantablen Linien, die durch seine schlanke Stimmführung niemals breit werden. Im Laufe der Oper kann er mit überlegener Stimmführung über längere Linien hinweg noch weiter beeindrucken. Elena Fink (Rosina) hat eine kantable Mittellage, ohne in lyrische Sentimentalitäten abzudriften. Leider halten ihre Koloraturen erst im zweiten Aufzug längere Spannungslinien. Der Baß Martin Js. Ohu (Basilio) gibt ein vielversprechendes Debüt als Ensemblemitglied: Über den gesamten Opernverlauf hinweg beeindruckt sein Stimmvolumen, wobei seine Stimme jedoch stets fokussiert bleibt und damit nie unkontrolliert. Dagegen fällt Dariusz Machej (Doktor Bartolo) ein wenig ab: Für die stetig wiederkehrenden Parlando-Passagen ist seine Stimme zu schwerfällig, das wird durch die fehlende Konzentration des Tons weiter erschwert. Somit bleibt er ein wenig farblos. Im Gegenzug kann er die beste schauspielerische Leistung für sich beanspruchen. Abgerundet wird die Ensembleleistung durch die wie immer stets souveräne Joslyn Rechter (Berta), die ihre Mittellage nicht künstlich mit greller Färbung versieht, wobei ihre deklamatorische Linienführung beeindruckt.

Fazit

Bei der Inszenierung handelt es sich um eine überarbeitete Fassung des gleichen Produktionsteams von 2003. Neben zahlreichen witzigen Einfällen, die oftmals auch explizit aus der Partitur abgeleitet werden, stehen dabei aber auch einige Episoden, in denen man sich eine stringentere Personenführung statt vordergründigen Klamauks gewünscht hätte. Das bleibt aber sicherlich auch eine Geschmacksfrage. Das Premierenpublikum honorierte die Produktion in jedem Fall mit lang anhaltenden Ovationen.

Malte Wasem

Bild: Sonja Rothweiler

Das Bild zeigt: Basilio (Martin Js. Ohu), Berta (Joslyn Rechter), Rosina (Elena Fink), Doktor Bartolo (Dariusz Machej), Figaro (Thomas Laske), Graf Almaviva (Christian Sturm) v.l.n.r.

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