ALCINA – Weimar, Deutsches Nationaltheater

von Georg Friedrich Händel (1685-1759), Dramma per musica in drei Akten, Libretto: unbekannter Verfasser, UA: 16. April 1735 London, Theatre Royal Covent Garden

Regie: Corinna von Rad, Bühne: Steffi Wurster, Kostüme: Sabine Blickenstorfer, Michael Dißmeier (Dramaturgie)

Dirigent: Lorenzo Ghirlanda, Staatskapelle Weimar mit ergänzter Continuogruppe

Solisten: Heike Porstein (Alcina), Ulrika Strömstedt (Ruggiero), Magarita Gritskova (Bradamante), Elisabeth Wimmer (Morgana), Philipp Meierhöfer (Melisso), Szablocs Brickner (Oronte)

Besuchte Aufführung: 18. Februar 2012 (Premiere)

Kurzinhalt

Alcina, Königin einer verzauberten Insel, hat Ruggiero verhext und ihn zu ihrem neuen Geliebten gemacht. Bradamante, Ruggieros frühere Verlobte, verkleidet sich als Ritter Riccardo und macht sich zusammen mit dem Zauberer Melisso auf zur Insel. Dort trifft sie als erstes auf Alcinas Schwester Morgana, die sich Hals über Kopf in den fremden „Ritter“ verliebt und sich von ihrem Verlobten Oronte trennt. Nach einigem Hin und Her gelingt es Melisso, Ruggiero von Alcinas Zauber zu befreien und seine Erinnerung an Bradamante wieder wachzurufen. Alcina möchte ihren Geliebten Ruggiero zurückgewinnen, doch es ist zu spät. Ihre Zauberkräfte versagen gegen die Liebe. Bradamante, Ruggiero und Melisso gelingt es, Alcinas frühere Liebhaber, die sie allesamt in wilde Tiere verhexte hatte, zu erlösen und wieder in Menschen zu verwandeln. Danach verlassen sie die Insel.

Aufführung

Als szenische Umsetzung der Zauberinsel wird in dieser Fassung der Alcina ein rundes, sich zweistufig über den gesamten Bühnenraum erstreckendes Plateau mit leicht vermoderter Betonoptik eingesetzt. An seiner hinteren Seite läßt ein rund verlaufenden Gang Platz für die Darsteller. In der Mitte wie am linken äußeren Bühnenrand durchbrechen parallel zueinander liegende und moosüberwucherte dreieckige Betonziegelplatten den Boden. Als Begrenzung der Insel findet sich eine weiße, halbrund verlaufende, gläserne Wand. Drei weiße Bäumchen, mit ummantelten, von Zeit zu Zeit leuchtenden Glühbirnen als Blätterdach versinnbildlichen die Pflanzen der Insel. Die Kostüme passen sich mit einer Mischung aus leichter Strandkleidung – wie Hawaiihemden, transparenten Kleidern und kurzen Hosen – und moderner Kleidung aus kälteren Gefilden – wie dunkle Mäntel, Pullover und lange Stoffhosen – der gegenwärtigen Zeit an, wobei auch die sich auf der Bühne befindliche Continuo-Gruppe mit Langhaarperücken und Hawaiihemden ausgestattet wurde.

Sänger und Orchester

Allen sängerischen Leistungen des Abends voran stand Heike Porstein in der Hauptrolle der Alcina. Ihr gelang es ohne Einschränkung, jede seelische Stimmung und emotionale Regung der Figur entsprechend in Musik umzusetzen – sei es in ihrer Erzählung über ihre Liebe mit Ruggiero (1. Akt), die von einer nuancierten Mischung aus Glanz und Wärme geprägt war oder ihrer ausdrucksstark deklamierten Klagearie im dritten Akt, die von schmetternder, stolzer Wut bis hin zur zerbrechlichen, schmerzvollen Trauer in der Stimmen geprägt war. Selbst in der Höhe und in ihren Koloraturen traf sie jeden Ton intonationsgenau. Ruggiero, gespielt von Ulrika Strömstedt, konnte ihrer Rolle schauspielerisch während der gesamten Oper gerecht werden. Doch hätte sie gelegentlich etwas mehr Nachdruck, Kraft und Intensität einsetzen können (z.B. im Entscheidungskampf des dritten Aktes). Margarita Gritskova (Bradamante) glänzte im ersten Akt mit ihrer Arie über die Eifersucht, hatte aber zum Teil Probleme, sich gegen das Orchesterforte durchzusetzen. Jede feine Verzierung ihrer Koloraturen kam intonationsrein heraus. Elisabeth Wimmer (Morgana) zeigte sich schauspielerisch ausdrucksstark und unterstrich mit glänzender, intensiver und klarer Stimme den ganzen dynamischen Facettenreichtum. Ihr gelangen unter anderem ein wohl abgewogenes musikalisches Wechselspiel mit Solovioline und klagenden Barockvioloncello der Continuo-Gruppe in der an Oronte gerichtete, um Verzeihung bittenden Arie des dritten Aktes. Auch Philipp Meierhöfer lieferte als Melisso eine gute Darstellung. Er brachte seinen vollen, tragenden Bariton, besonders in Szenen wie der an Ruggiero gerichteten Beschwörungsarie, gelungen zum Einsatz. Eine musikalisch stabile Leistung bewies die um eine barocke Continuo-Gruppe bereicherte Staatskapelle Weimar unter der Leitung von Lorenzo Ghirlanda. Sie war zu jeder Zeit bemüht, einen differenzierten Ausdruck in ihrer musikalischen Gestaltung zu erzielen.

Fazit

Ein insgesamt sehr gelungener Opernabend, der von Publikum mit reichlich Szenen- und Schlußapplaus belohnt wurde.

Friederike Jurth

Bild: Matthias Horn

Das Bild zeigt: Heike Porstein (Alcina) und Philipp Meierhöfer (Melisso)

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