LA SONNAMBULA – Bonn, Opernhaus

von Vincenzo Bellini (1801-1835), Melodram,  Libretto: Felice Romani nach einer Ballettpantomime La sonnambule ou l´arrivée d´un nouveau seigneur von Eugène Scribe und Jean-Pierre Aumer, UA: 6. März 1831, Teatro Carcano, Mailand.

Regie: Roland Schwab, Bühne: Frank Fellmann, Kostüme: Renée Listerdal

Dirigent: Robin Engelen, Chor des Theaters Bonn (Einstudierung: Sibylle Wagner)

Solisten: Martin Tzonev (Graf Rodolfo), Susanne Blattert (Teresa), Julia Novikova (Amina), Marc Laho (Elvino), Emiliya Ivanova (Lisa), Sven Bakin (Alessio)

Besuchte Aufführung: 3. Juli 2011 (Premiere)

Kurzinhalt

Die Handlung spielt in einem Schweizer Bergdorf: Amina, die Adoptivtochter der Müllerin Teresa, ist im Begriff den wohlhabenden Bauern Elvino zu heiraten. Alle freuen sich mit ihr, nur Lisa, die Wirtin der Dorfschenke,  ist eifersüchtig. Sie selbst hat ein Auge auf den Bräutigam geworfen. Der neue Feudalherr Rodolfo  macht bei seiner Ankunft der hübschen Amina den Hof und erregt die Eifersucht ihres Verlobten. Als Schlafwandlerin kommt Amina ins Zimmer des Grafen. Elvino glaubt an ein amouröses Abenteuer, macht Amina vor allen Augen eine Szene und will die Hochzeit platzen lassen. Als Amina, gebrochen und verstoßen,  erneut im Schlaf wandelt und Elvino ihre Liebe und Treue gesteht, ist er endlich versöhnt, zumal ein im Zimmer des Grafen gefundenes Tuch sie entlastet: Das nämlich gehört der Wirtin. Am Ende gibt es die Hochzeit von Amina und Elvino.

Aufführung

Ein Schweizer Gebirgsdorf steht als kleines Holzmodell auf der Bühne. Im Hintergrund ist eine Gletscherlandschaft (Aletschgletscher?) zu sehen. Eine große ovale Öffnung spendet der Bühne diffuses Mondlicht. Davon erfaßt wird später auch das Bett des Grafen, in dem Amina von Elvino und den Dorfbewohnern aufgefunden wird und ihre Schmähungen anhören muß, dann ängstlich zusammengekauert liegen bleibt. Die Mitwirkenden sind im Stil der Entstehungszeit der Oper in grau-blauen Tönen  gekleidet, Accessoires wie Schirme, Gewehre und Stäbe lockern die Szene optisch  auf. Zwei kleine Bauernbuben in kurzen Hosen und Amoretten-Flügelchen begleiten den Notar. Der Graf im feinen Anzug ragt aus der rustikalen Gesellschaft schon optisch heraus. Ihn begleitet ein Lakai mit altertümlichen Filmgerätschaften. Ein kleiner Steg zu den vorderen Zuschauerreihen bringt die Sänger, etwa in der Verlobungsszene im ersten Akt, ganz nah zum Publikum. Phantasievoll umgesetzt ist die Szene im zweiten Akt, als Amina schlafwandelnd  Elvino ihre Liebe gesteht, während sie in Trance auf einem Mühlrad balanciert.

Sänger und Orchester

Allen  voran ist die großartige Julia Novikova zu erwähnen, die die Bravourrolle der Amina von Beginn an im Griff hatte. Mit ihrem substanzreichen, dennoch leicht geführten Sopran mit angenehmem Timbre erklomm sie ihre waghalsigen Koloraturen in höchste Höhen. Nie wirkte ihr Gesang spitz, sondern locker, selbst in den Pianostellen. Nicht zu vergessen ist ihre glaubhafte schauspielerische Darstellung der unter den Mißverständnissen Leidenden.  Marc Laho verlieh mit geschmeidigem, vollem Tenor seiner Belcanto-Partie des gekränkten Verlobten Elvino ein hohes Maß an Ausdruck. Seine Arien, wie die von Julia Novikova bekamen zu Recht jedes Mal Zwischenapplaus. Die Partie des Grafen, fremd in der überschaubaren Dorfwelt, verkörperte Martin Tzonev mit wohltönendem Baß und würdiger Ausstrahlung. Emiliya Ivanova als gedemütigte, dann listenreiche Lisa meistert ihre Partie mit Bravour. Sie verfügt über vergleichbare, leichte Stimmführung wie Julia Novikova. Susanne Blattert war als  Teresa eine ebenso solide Besetzung, wie Sven Bakin als Alessio. Nicht zu vergessen der gut einstudierte Chor von Sibylle Wagner. Das Beethoven Orchester unter Bonns erstem Kapellmeister Robin Engelen hatte das romantische Genre mit angenehm leichter Hand im Griff.

Fazit

Durch die hoch karätige Besetzung der Protagonistin und des Elvino, beides Gäste in Bonn, aber auch der glanzvollen Leistung des Ensembles, sowie Orchester und Chor, war eine durch und durch hörenswerte Aufführung zu erleben, die, was das sängerische Niveau anbelangt, keine Vergleiche scheuen muß. Eine kluge Entsprechung zum bravourösen Gesang war die nicht aufdringliche, auf wirkungsvolle Bilder setzende Regiearbeit von Roland Schwab.

Felicitas Zink

Bild: Thilo Beu

Das Bild zeigt: Julia Novikova (Amina)  im Bett des Grafen Rodolfo

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