PARSIFAL – Zürich, Opernhaus

von Richard Wagner (1813-1883), Text vom Komponisten, Bühnenweihfestspiel in drei Akten, UA: 1882, Bayreuth

Regie: Claus Guth, Bühne und Kostüme: Christian Schmidt

Dirigent: Daniele Gatti, Orchester der Oper Zürich, Opern- Zusatzchor und SoprAlti der Oper Zürich, Choreinstudierung: Jürg Hämmerli

Solisten: Thomas Hampson (Amfortas), Pavel Daniluk (Titurel), Matti Salminen (Gurnemanz), Stuart Skelton (Parsifal), Egils Silins (Klingsor), Yvonne Naef (Kundry), Wiebke Lehmkuhl (Stimme aus der Höhe), u.a.

Besuchte Aufführung: 26. Juni 2011 (Premiere)

Kurzinhalt

Gurnemanz unterweist die Knappen, als König Amfortas zum Bad getragen wird. Er leidet unter einer nicht heilenden Verletzung, die er bei dem Raub des heiligen Speers durch Klingsor erlitten hat. Die Heilung gelingt nicht, denn Amfortas Genesung ist nur durch die Berührung mit dem heiligen Speer möglich. Dies erreichte nur „ein reiner Tor“. Da taucht Parsifal auf. Gurnemanz hält ihn für den „reinen Tor“ und nimmt ihn mit in die Gralsburg. Als er sich getäuscht sieht, setzt er Parsifal vor die Tür. Parsifal findet den Zaubergarten Klingsors mit seinen verführerischen Mädchen. Als auch Kundry ihn im Zaubergarten nicht halten kann, versucht Klingsor ihn mit dem Speer zu bannen. Parsifal ergreift den Speer, der Zaubergarten versinkt. Parsifal kehrt zurück zur Gralsburg. Dort fordern die Ritter nach dem Tode Titurels von Amfortas, den Gral ein letztes Mal zu enthüllen. Doch Amfortas will lieber sterben. Parsifal heilt die Wunde mit dem Speer und enthüllt den Gral.

Aufführung

Auf einer Drehbühne zeigt Claus Guth drei Räume: Einen großen Festsaal, einen kleinen Speisesaal mit darüber liegenden Vitrinenraum, in dem Speer, Gralskelch und Amfortas aufbewahrt werden, und eine große Rundtreppe, die sich um die Lobby windet. Das Gründerzeit-Gebäude ist in die Jahre gekommen, der weiße Lack ist abgeblättert. Auch die Kostüme weisen auf die zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts hin: Die Herren tragen, wenn sie nicht im weißer Anstaltkleidung ihre Kriegsverletzungen pflegen, schwarzen Gehrock mit Zylinder, die Gralsritter zeitgemäße Militäruniformen. Die Damen haben nur einen Auftritt im II.Akt und feiern mit Federn am Bubikopf eine Charleston-Party. Am Ende verbrennt Kundry ihr Ballkleid und eilt mit einem Koffer davon.

Sänger und Orchester

Daniele Gatti vermeidet auf Kosten des Tempos jedes Pathos. Bei fast zwei Stunden Dauer für den ersten Akt kann man sich beim Einzug der Ritter nicht der Langeweile verwehren. Salminens Paraderolle seit fast 30 Jahren ist der Gurnemanz, er vermag es noch immer, die Worte als Wohlklang in den Raum zu stellen und schweben zu lassen – und jedes dieser Worte ist verständlich. Jedoch sind die Phrasen ob des Tempos zerdehnt, Salminen muß sich immer öfter zurücknehmen – zu einem Piano von hoher Gestaltungskraft. Ähnliche Probleme haben auch die anderen Sänger, besonders Stuart Skelton (Parsifal). Ein Tenor mit wahrhaft heldischem Glanz, der immer voll aussingt, auch wenn er manchmal zu viel Kraft einsetzt, der Sitz in der Kehle manchmal eng wird. Gatti gelingt es, ihn ein ums andere Mal zuzudecken. Thomas Hampson ist einer der führenden lyrischen Baritone, der auch gutturalen heldischen Glanz verbreiten kann. Sein Amfortas leidet beim besten Willen nicht. Yvonne Naef gestaltet die Kundry mit hochdramatischen Ausbrüchen, selten hat man das und lachte so verzweifelt eindrucksvoll gehört. Hier versteht man, wieso Parsifal schwach wird. Pavel Daniluk verleiht dem Titurel den Glanz in der Tiefe, der einem frommen Helden würdig ist. Egils Silins verfügt über einen volumenstarken Baßbariton und kann die Nebenrolle des Klingsor voll aussingen. Gleiches gilt für die Nebenrollen wie Knappen, Gralsritter und Blumenmädchen: Alle Rollen sind herausragend besetzt. Ein Garant für den Erfolg ist neben dem Orchester auch wieder der Chor, der eine Präzision im Zusammenspiel zeigte, die es Wert wäre auf Tonträger zu veröffentlichen. Allerdings muß der Chor des öfteren akustisch unpassend von der Hinterbühne singen, z.B. statt des Einzugs der Ritter sieht man Titurel die Treppe hinaufschnaufen.

Fazit

Titurel betreibt ein Freicorps mit Militärlazarett. Die Leitung überläßt er seinem Sohn Amfortas worauf sein Bruder Klingsor wütend davon eilt. Die Abendmahl- und Gralsszene gibt es nicht. Die Versöhnung Klingsors mit dem erlösten Amfortas zu den Klängen des Gralsmotives ist dann auch das beste Beispiel für eine Inszenierung gegen die Musiksprache. Sehr verhaltener Beifall und einige Buhrufe für Claus Guth und Daniele Gatti, während alle Solisten stürmisch umjubelt werden.

Oliver Hohlbach

Bild: Suzanne Schwiertz

Das Bild zeigt: Stuart Skelton (Parsifal), Yvonne Naef (Kundry)

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