PARSIFAL – Würzburg, Mainfranken Theater

von Richard Wagner (1813-1883), Libretto vom Komponisten, Bühnenweihfestspiel in drei Akten, UA: 1882, Bayreuth.

Regie: Kurt Josef Schildknecht, Bühne: Rudolf Rischer

Dirigent: Jonathan Seers, Philharmonisches Orchester Würzburg, Opern- und Extrachor, Choreinstudierung: Markus Popp

Solisten: Joachim Goltz (Amfortas), Vidar Gunnarsson (Titurel), Claudius Muth (Gurnemanz), Paul McNamara (Parsifal), Johan F. Kirsten (Klingsor), Karen Leiber (Kundry, Stimme aus der Höhe), u.a.

Besuchte Aufführung: 21. Mai 2011 (Premiere)

Kurzinhalt

König Amfortas leidet unter einer nicht heilenden Verletzung, die er bei dem Raub des heiligen Speers durch Klingsor erlitten hat. Die Heilung gelingt nicht, denn Amfortas Genesung ist nur durch die Berührung mit dem heiligen Speer möglich. Dies erreichte nur „ein reiner Tor“. Da taucht Parsifal auf. Gurnemanz, der Erzieher der Knappen,  hält ihn für den „reinen Tor“ und nimmt ihn mit in die Gralsburg. Als er sich getäuscht sieht, setzt er Parsifal vor die Tür. Parsifal findet den Zaubergarten Klingsors mit seinen verführerischen Mädchen. Als auch Kundry ihn im Zaubergarten nicht halten kann, versucht Klingsor ihn mit dem Speer zu bannen. Parsifal ergreift den Speer, der Zaubergarten versinkt. Parsifal kehrt zurück zur Gralsburg. Dort fordern die Ritter nach dem Tode Titurels von Amfortas, den Gral ein letztes Mal zu enthüllen. Doch Amfortas will lieber sterben. Parsifal heilt die Wunde mit dem Speer und enthüllt den Gral.

Aufführung

Die Ästethik dieser Inszenierung führt uns zurück in die Anfangszeit von Neu-Bayreuth. Rudolf Rischer hat eine schwarz-weiße Rundbühne erstellt, die hauptsächlich im Halbdunkel gehalten ist. Ein Altar steht im Zentrum, im zweiten Akt mehr als Bett genutzt. Klingsors Welt wird mit wehenden roten Vorhängen symbolisiert, eine heruntergezogene Klappbrücke beendet seinen Zauber. Die Kostüme sind geprägt von der Kunstreligion Richard Wagners, die sich aus allen möglichen Religionen zusammensetzt. So könnten die Gralsgesellschaft sowohl Christen, Buddhisten oder Islamisten sein. Nur das Kreuz muß jeder Ritter im Tornister tragen, Amfortas kommt gleich im Krankenbett daher. Parsifal trägt einen schwarzen Ledermantel, um ihn im Schlußakt mit einer Rüstung zu tauschen. Kundry verwandelt sich vom Wüsten-Derwisch zur Frau in Rot, um sich als „Mutter Theresa“ mit der Gralsgesellschaft zu versöhnen. Zum Schluß versammeln sich alle, Ritter und Blumenmädchen, Amfortas und Klingsor, Parsifal und Kundry (nun im weißen Abendkleid) um den heiligen Gral, der ein weißer großer Edelstein ist.

Sänger und Orchester

Die Klangwunder von Bayreuth kann man an einem kleinen Stadttheater wie Würzburg nicht erwarten. Jedoch gelingt es Jonathan Seers aus der Not eine Tugend zu machen und kommt mit einem kleinen Orchester bei flottem Tempo zu einem schlanken, detailreichen Klang. Er zelebriert die einzelnen Töne und es gelingt ihm den Wagnerschen Klangbogen über die vielen Phrasen zu einem großen Klangbild zu schmieden. Das ermöglicht den Solisten viele Entfaltungsmöglichkeiten, führt aber auch zu Problemen im Zusammenspiel zwischen Chor, Solisten und Orchester – besonders im ganzen ersten Akt. Die Produktion kann mit solider Besetzung aufwarten, allen voran Joachim Goltz, ein beeindruckend textverständlicher Amfortas, mit schlanker Stimmführung und sicheren Höhen gelingt ihm die Leidensmine des Amfortas ausnehmend gut. Paul McNamara (Parsifal), bewies schon als Tannhäuser, daß er das Format zum Wagnertenor hat. Ihm gelingen in der explosiven Darstellung der Emotionen seine besten Momente, jedoch muß er gerade im Finale seine Kräfte schonen. Er hatte sich im mitreißenden zweiten Akt im Kampf mit Karen Leiber (Kundry) verausgabt, die ihren hochdramatischen Sopran mit viel Kraft, aber auch viel Ausdruck, voll ausspielte – wenn sie auch manchmal tremolierte. Leider konnte Claudius Muth dieses Niveau als Gurnemanz nicht halten, er war zu schwach im Ausdruck und in den Höhen. Gerade die kleineren Rollen wie Klingsor (Johann F. Kirsten) und Titurel (Vidar Gunnarsson) waren wie die Knappen und die Blumenmädchen hervorragend besetzt. Gleiches gilt auch für den Herren- und Damenchor, der einige Gäste formschlüssig zu integrieren wußte.

Fazit

Für ein kleines Stadttheater, das Jahr für Jahr um sein Überleben kämpft, muß man den Hut vor dieser Leistung ziehen, nämlich die Würzburger Erstaufführung des Parsifal zu stemmen.

Das Würzburger Publikum feierte diese Produktion freundlich und ausdauernd – abgesehen von wenigen Buh-Rufen für die wenig ansprechende Leistung des Claudius Muth (Gurnemanz) und die inkonsequente Regie – die sinnfreie Speerübergabe durch drei Blumenmädchen, die den Speer tippelnd über die Bühne tragen, paßt einfach nicht zur vorherrschenden Bühnenästethik. Bleibt zu hoffen, daß diese insgesamt positive Leistung das Überleben des Hauses sichert.

Oliver Hohlbach

Bild: Falk von Traubenberg

Das Bild zeigt: Die Blumenmädchen versuchen Parsifal zu verführen.

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