WOZZECK – Köln, Bühnen der Stadt

von Alban Berg (1885-1935), Oper in drei Akten (15 Bildern)

Libretto: Georg Büchner, UA: 14. Dez. 1925, Berlin, Staatsoper

Regie: Ingo Kerkhof, Bühne: Gisbert Jäkel, Kostüme: Jessica Karge, Choreographie: Darie Cardyn, Dramaturgie: Georg Kehren, Licht: Andreas Grüter

Dirigent: Markus Stenz, Gürzenich Orchester, Chor der Oper Köln (Einstudierung: Andrew Ollivant), Mädchen und Knaben des Kölner Domchores

Solisten: Florian Boesch (Wozzeck), Gordon Gietz (Tambourmajor), Martin Koch (Andreas), Alexander Fedin (Hauptmann), Dennis Wilgenhof (Doktor), Sévag Serge Tachdjian (1. Handwerksbursch), Ralf Rachbauer (2. Handwerksbursch), John Heuzenroeder (Narr), Asmik Grigorian (Marie), Andrea Andonian (Margret), Jokubas Aust (Mariens Knabe), George Ziwziwadze (ein Soldat), Raimund Laufen (ein Pianist)

Besuchte Aufführung: 20. Mai 2011 (Premiere)

Kurzinhalt

Der Soldat Wozzeck, ein sonderbarer, ängstlicher und mißtrauischer Mensch, führt ein ärmliches Leben. Um sein Gehalt aufzubessern, rasiert er täglich den Hauptmann und stellt sich dem Arzt für skurrile medizinische Experimente zur Verfügung. Der Mensch Wozzeck ist beiden egal. Mit seiner Geliebten Marie verbindet Wozzeck ein uneheliches Kind. Eines Tages muß er beobachten, wie Marie mit dem Tambourmajor tanzt, wodurch er eine große Demütigung erfährt. Als der Tambourmajor sich auch noch mit der Eroberung „seiner“ Marie vor ihm brüstet, ist Wozzeck rasend vor Eifersucht und erdolcht sie wenig später am Ufer eines Teiches. Als man in einer Kneipe daraufhin Blut an seinem Arm entdeckt und ihn des Mordes verdächtigt, flieht er zum Tatort, um seine Spuren zu verwischen und das dortige vergessene Messer ausfindig zu machen, dabei ertränkt er sich selbst – zurück bleibt das einsame Kind.

Aufführung

Die Aufführung fand- wie schon zuvor Mozarts Entführung aus dem Serail in der Eventhalle Palladium statt. Auf der auf der Bühne kaum war etwas zu sehen – keine Spur etwa eines Bühnenbildes. Vielmehr überwog eine große Leere in einem großen düsteren Raum. An den Decken hingen große Neonlichter, die nur ein schummriges Licht von sich gaben. Der Zuschauerraum war um einige Meter erhöht, was zu einer vergleichsweise besseren Akustik führte. Das Orchester spielte nicht mehr direkt vor der Bühne, sondern in einem Orchestergraben. Ergänzt wurden in der Inszenierung zu Beginn durch stumme Rollen, die ein beobachtendes Volk darstellen sollten.

Sänger und Orchester

Auch wenn es von Seiten der Sänger Glanzpunkte zu verzeichnen gab, so muß bei dieser Aufführung  ausnahmsweise mal das Orchester an erster Stelle erwähnt werden: Die Präzision und farblichen Nuancen waren schlicht beeindruckend, was sicherlich auch ein großer Verdienst von Markus Stenz war: Sein Dirigat zeigte eine enormen Souveränität und Übersicht, die allen Beteiligten einen großen Halt für dieses schwierige, atonale Werk zu geben schien. Die gesangliche Leistung überzeugte: Florian Boesch in der Hauptrolle begann zwar etwas träge, steigerte sich dann jedoch enorm, auch was seine schauspielerischen Fähigkeiten betrifft. Seine Bariton-Stimme wirkte fest und stimmgewaltig, für diese Rolle durchaus angemessen. Dies galt leider nicht immer für Asmik Grigorian (Marie): Ihrer Stimme fehlte es für dieses Werk hin und wieder an Stimmvolumen, wodurch sie sich gegen das Orchester nicht durchgängig behaupten konnte. Dennoch zeigte sie eine saubere, klare Stimme mit einer Klangfarbe, die unter die Haut ging. Ihre schauspielerischen Leistungen überzeugten hingegen völlig. Alexander Fedin meisterte die Rolle des Hauptmanns souverän, nur in der ersten Szene klang seine Stimme in den höheren Lagen schrill. Die weiteren Nebenrollen mit Martin Koch (Andreas), Dennis Wilgenhof (Doktor) paßten ideal zur jeweiligen Figur, wobei hier, trotz kleiner Rolle, dennoch Sèvag Serge Tachdjian (erster Handwerksbursche), neu im Ensemble Köln, mit ausdrucksstarker Stimme einen auffällig positiven Farbtupfer setzen konnte.

Fazit

Ein musikalisch enorm schwieriges Werk, das in dieser Hinsicht gut bis sehr gut umgesetzt wurde. Da auf der Bühne wenig passierte und wenig zu sehen war, fehlte es trotz der expressiven Musik an Dramatik. Die Inszenierung wirkte halbfertig. Es bleibt ein durchwachsener Eindruck eines wichtigen Bühnenwerkes.

Roman Bonitz

Bild: Bernd Uhlig

Das Bild zeigt: Florian Boesch (Wozzeck), Asmik Grigorian (Marie), Jokubas Aust (Mariens Knabe)

Veröffentlicht unter Köln, Bühnen der Stadt, Opern