DIDO AND AENEAS – Dresden, Semperoper

von Henry Purcell (1659-1695), Oper in fünf Bildern, Libretto: Nahum Tate nach Vergil, UA: 1689, London, Josias Priest´s School for Young Ladies

Regie: Manfred Weiß, Bühne: Ilona Lenk

Dirigent: Laura Poe, Streichquartett aus Mitgliedern der Sächsischen Staatskapelle Dresden

Solisten: Stephanie Atanasov (Dido), Romy Petrick (Belinda), Dana Marbach (Aeneas), Susann Vent (1. Hexe, Frau), Valda Wilson (2. Hexe, Geist), Karen Bandelow (Zauberin)

Besuchte Aufführung:12. Dezember 2010 (Premiere)

Kurzinhalt

Der aus Troja geflohene und in Karthago gelandete Aeneas verliebt sich in Dido, die Königin von Karthago. Seine Liebe trifft auf Erwiderung. Bald aber plant eine böse Zauberin, Dido ins Verderben zu stürzen: durch eine vorgetäuschte Botschaft des Gottes Merkur treibt die böse Zauberin Aeneas von Dido fort. Aeneas will sich den Göttern widersetzen, Dido aber ist zu stolz und schickt ihn fort. Alleine gelassen, stirbt sie an einem gebrochenen Herzen.

Aufführung

Die Uraufführung dieser Barockoper fand wahrscheinlich in einem englischen Mädchenpensionat statt. Und da es im Moment gängige Praxis ist, eine Inszenierung an seinen Entstehungsort zu verlegen, wählt Manfred Weiß, neuer Leiter der jungen Szene der Semperoper, den Schlafraum in einem englischen Mädchenpensionat. Eines der Mädchen, Dido, ist traurig über eine gescheiterte Beziehung. Die übrigen Mädchen feiern gerade einen sportlichen Erfolg, aber um Dido zu trösten, spielen Sie die Geschichte von Dido und Aeneas nach. Dazu verwenden Sie nur das im Schlafraum vorhandene Material. Betten werden zu Schiffen, Bettlaken zu Segeln, Handtücher zu historischen Gewändern oder Besenstiele zu Bannerträgern bzw. Rudern. Auch die Intrige der bösen Zauberin findet ihren Platz – als hämisches Getuschel unter Schülerinnen. Ein Happy-End gibt es für Dido und Aeneas nicht, folgerichtig stirbt auch die Dido aus dem Mädchenpensionat am Ende an Liebeskummer.

Sänger und Orchester

Die Junge Szene der Semperoper ist zum einen dazu gedacht das junge Publikum (und damit neue Kreise) für die Oper zu erschließen. Zum anderen sollen auch Nachwuchskräfte ihre Auftrittsmöglichkeiten in einfacheren Produktionen auf einer Studiobühne erhalten. So versammeln sich sechs junge Gesangssolistinnen um eine junge Dirigentin, die wiederum ein kammermusikalisch besetztes Orchester leitet: zwei Violinen, eine Viola und ein Violoncello. Das Ergebnis kann sich hören lassen: Stephanie Atansaov zeigt als Dido sowohl das Potential für einen tieferen, ausdrucksvolleren Sopran als auch in Richtung lyrischer Sopran und kann in beiden Richtungen für sich einnehmen. Eigentlich ist Aeneas eine Tenorrolle, aber ein solcher ist in einem Mädchenpensionat nicht vorhanden. Dana Marbach mit ihrem sehr tiefen Mezzo, der sich auch zu einem sehr klangverliebten Alt weiter entwickeln könnte, kann aber sehr geschickt über dessen Fehlen hinwegtäuschen. Romy Petrick als Didos Vertraute Belinda kann die Dialoge sehr plakativ gestalten, auch die kleineren Rollen sind mehr als gleichwertig besetzt.

Das Orchester unter Laura Poe ist nur mit Streichern besetzt und entwickelt einen modernen, weichen Klang, der mehr an die Klassik, als an den Barock erinnert. Das hört sich sehr faszinierend an und reißt auch die Zuhörer von den Sitzen, jedoch wird es der barocken Oper nicht gerecht. Hier können die Fragen der alten Musik nach Originalklang, historischer Aufführungspraxis und Originalinstrumenten weder gestellt, noch beantwortet werden.

Fazit

Eine ganz einfache, aber intelligente Inszenierung und eine jugendlich dynamische Produktion zieht das Publikum in seinen Bann. Solche kurzen Opern auf einer Art Studiobühne, gezielt auf der Jagd nach neuen Kundenkreisen einzusetzen, hat sich eigentlich schon in der Premiere bewährt: Ein begeistertes Premierenpublikum steigerte sich in einer hoffnungslos ausverkauften Vorstellung zu einem wahren Beifallsorkan für Gesangssolistinnen, Musiker und Regie. Da stimmt jede Bewegung und macht eine fehlende Bühnentechnik mehr als wett. Da fallen künstlerische Anmerkungen hinsichtlich Orchestrierung oder historischer Aufführungspraxis wenig ins Gewicht.

Oliver Hohlbach

Bild: Matthias Creutziger

Das Bild zeigt: Fünf Mädchen aus einem Mädchenpensionat versuchen Dido (weißes Kleid) zu trösten.

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