LA BOHÈME – Kiel, Opernhaus

von Giacomo Puccini (1858-1924), Szenen aus Henri Murgers La Vie de Bohème, Libretto: Luigi Illica und Giuseppe Giacosa UA: 1. Februar 1896, Teatro Regio, Turin

Regie: Daniel Karasek, Bühne: Norbert Ziermann, Kostüme: Claudia Spielmann, Dramaturgie: Cordula Engelbert

Dirigent: Georg Fritzsch, Philharmonisches Orchester Kiel, Opern- und Extra-Chor, Kinder- und Jugendchor an der Oper Kiel

Solisten: Ekaterina Isachenko (Mimi), Susan Gouthro (Musetta), Yoonki Baek (Rodolfo), Tomohiro Takada (Marcello), Jörg Sabrowski (Schaunard), Kemal Ya ar (Colline), Hans Georg Ahrens (Benoit), Luis Araos (Parpignol), Andrzej Bernagiewicz (Alcindoro) u.a.

Besuchte Aufführung: 25. September 2010 (Premiere)

Kurzinhalt

Die vier Bohemien Rodolfo, Marcello, Schaunard und Colline widmen ihr Leben den Künsten, ihren Idealen und dem Spaß. Jeglicher Materialismus ist ihnen unwichtig, weswegen sie an der Armutsgrenze leben. Eines Tages kommt die unbekannte Nachbarin Mimì Rodolfo besuchen – es ist Liebe auf den ersten Blick. Mimì ist schwer krank, aber das macht die Liebe des Paares nur noch stärker. Das andere Paar der Oper, Musetta und Marcello, führt eine turbulente Beziehung mit viel Eifersucht. Nach ihrer Trennung von Rodolfo kehrt Mimì zu ihm zurück und stirbt im Kreis ihrer Freunde und Rodolfo.

Aufführung

Das erste Bühnenbild zeigt die Bleibe der Bohème. Sie ist karg und ärmlich eingerichtet, genauso wie der Lebensstil der Bohemien. Neben einer Musicbox, ein paar Stühlen, einem Tisch und einem Kerzenleuchter ist nichts weiter zu erkennen. Ihre Kleidung ist ebenfalls auf das Notwendigste reduziert: Schals, Jacketts und einfache Hosen in Naturfarben. Einzig Schaunard ist seine Musikpassion durch seine Rasta Zöpfe, ein Batik-T-Shirt, Lederjacke und Röhrenjeans anzusehen. Die Bohemiens haben eine Kamera, mit der sie sich filmen. An einer Leinwand im Hintergrund der Bühne kann man sie deswegen gleichzeitig von nahem sehen. Das zweite Bild zeigt ein geschäftiges, buntes Treiben mit vielen Menschen auf dem Vorplatz des Café Momus. Mittendrin befindet sich die Gruppe der Bohemiens um Mimì, die mit ihrem knallroten Mantel und ihrer Mütze heraussticht. Musetta hebt sich von den anderen durch ihren Reichtum von den anderen ab, der angedeutet wird mit ihren Einkaufstüten, ihrem Satin-Kleid und mehreren Halsketten.

Sänger und Orchester

Die Russin Ekaterina Isachenko verkörpert Mimì sehr gut. Ihr Sopran nimmt die Höhen mühelos und sanft, durchweg kennzeichnet eine große Leichtigkeit der Tongebung ihre Stimme. Trotz der schweren Krankheit, die sie mit zeitweiligen Schwächeanfällen gekonnt verkörpert, merkt man ihr an, daß sie ihre letzte Zeit genießt. Sie wirkt jugendlich, frei und glücklich, denn sie hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Hoffnung hat der sie liebende Rodolfo ebenfalls, dargestellt von Yoonki Baek. Sein Spitzenton bei Esperanza sitzt, und authentisch verkörpert er, daß er an Träumen Millionär ist (1. Bild, 4. Szene). Für das Liebesduett Nur die Liebe soll herrschen! (2. Bild, letzte Szene) bekommen beide Zwischenapplaus. Diese zwei Sänger harmonieren perfekt. Beim Quartett der beiden Paare vermischen sich die verschiedensten Emotionen, es ist der Höhepunkt des Abends. Mimì und Rodolfo empfinden Liebe und Leid, Musetta (Susan Gouthro) und Marcello (Tomohiro Takada) hingegen temperamentvolle Eifersucht und Zorn. Wenn die vier sich der schwierigen Aufgabe stellen, gleichzeitig mehrere unterschiedliche Texte zu singen(3. Bild, letzte Szene), so befinden sich ihre Stimmen in perfekter Harmonie. Das Orchester unter Leitung von Georg Fritzsch kommt spielerisch exakt und lebendig daher und unterstützt die Sänger gut. Besonders zu loben ist die Leistung der Harfenistin, die mit instrumentaler Leichtigkeit hervorsticht.

Fazit

Der regieführende Intendant Daniel Karasek schafft eine runde Inszenierung, welche das Publikum mit langandauerndem Applaus belohnt. Daß die Darsteller sich selbst filmen, ist eine Idee, die etwas für sich hat, denn so kann der Zuschauer die Mimik der Darsteller, die für gewöhnlich ohne Opernglas nicht zu erkennen ist, aus unterschiedlichen Perspektiven und aus nächster Nähe betrachten.

Frederike Arns

Bild: Olaf Struck

Das Bild zeigt:  Yoonki Baek (Rodolfo) und Ekaterina Isachenko (Mimi)

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