TURANDOT – Bonn, Opernhaus

von Giacomo Puccini (1858-1924), Dramma lirico in drei Akten, Libretto: Giuseppe Adami und Renato Simoni nach Carlo Gozzi, Schlußduett und Finale vervollständigt von Franco Alfano, UA: 26. April 1926, Mailand, Teatro alla Scala

Regie: Silviu Purcarete, Nikolaus Wolcz. Bühne/Kostüme: Helmut Stürmer

Dirigent: Stefan Blunier, Beethovenorchester Bonn, Chor und Extrachor, Einstudierung: Sibylle Wagner, Kinder- und Jugendchor, Einstudierung: Ekaterina Klewitz)

Solisten: Rachel Tovey (Turandot), Valentin Jar (Altoum), Ramaz Chikviladze (Timur), George Oniani (Kalaf), Irina Oknina (Liù), Giorgos Kanaris (Ping), Tansel Akzeybek (Pong), Mark Rosenthal (Pang), Sven Bakin (ein Mandarin). Statisterie

Besuchte Aufführung: 26. September 2010 (Premiere)

Kurzinhalt

Prinzessin Turandot, die in Trauer um das Schicksal ihrer Ahnin nie heiraten will, gibt jedem, der um ihre Hand anhält, drei schwere Rätsel auf. Nur denjenigen wird sie heiraten, der diese Rätsel löst, scheitert er, so droht ihm Enthauptung. Der junge Kalaf möchte sich dennoch der Gefahr stellen. Niemand, besonders nicht die drei Minister Ping, Pong und Pang, glauben an seinen Erfolg. Doch Kalaf schafft es und gibt nun seinerseits der widerspenstigen Prinzessin das Rätsel auf, seinen Namen herauszufinden. Keiner soll in der Nacht schlafen, bis dies vollbracht ist (Nessun dorma). Schließlich gibt Turandot ihren Widerstand gegen die Hochzeit auf, und das Volk jubelt befreit.

Aufführung

Auf der Bühne ist eine im Halbkreis angeordnete Palastfassade zu sehen, in der Mitte ragt ein Balkon hervor, auf dem der Kaiser und Turandot erscheinen werden. Die einzelnen Etagen sind von Choristen bevölkert, die synchron zu ihrem Gesang gestikulieren. Vor der Fassade befindet sich ein Platz mit unzähligen abgeschlagenen Köpfen erfolgloser Freier. Der Palast ruht auf Arkaden. In seinen Gängen wetzen grau gekleidete Henker ihre funkensprühenden Schwerter an Steinen. Bühnennebel macht die Szene unheimlich, als der Mandarin die blutigen Heiratsbedingungen der Prinzessin verliest. Im weiteren Verlauf wird das variable Bühnenbild zum Schauplatz der Handlung. Die Kleidung der Bevölkerung wirkt einfach. Der Kaiser, die Prinzessin und ihre Würdenträger sind prachtvoller ausgestattet, der optische Eindruck ist märchenhaft exotisch.

Sänger und Orchester

Das Beethoven Orchester unter Stefan Blunier bringt die üppige Partitur mit ihrem großen Blechbläseraufgebot und den zwölf chinesischen Gongs gut zur Entfaltung. Der Kontrast zwischen den lyrisch zarten Passagen der Liù und den dramatisch aufwallenden der Turandot sind gut herausgearbeitet. Mit der Engländerin Rachel Tovey hörte man eine stimmlich elegante Turandot, die in den lyrischen Passagen stark war und die nötige Dramatik mitbrachte. Eine in Gold gewandete kräftige Erscheinung, unnahbar, wenn auch mitunter darstellerisch etwas steif. Daneben erschien Irina Oknina (Liù) ärmlich und zart. Fast noch mehr als mit ihrem lyrischen Sopran punktete sie als Schauspielerin, etwa in der Folterszene im dritten Akt. Tovey zur Seite stand der mit schöner Höhe glänzende George Oniani als Kalaf. Dem jüngsten Trend, die berühmte Nessun dorma-Arie mit übertriebenem Strahl zu singen, widerstand er mit seinem wohltuend entspannten Zugriff. Ramaz Chikviladze sang die Partie des Timur ordentlich und war ein guter Darsteller. Ping, Pong und Pang Giorgos Kanaris, Tansel Akzeybek und Mark Rosenthal blühten in ihren Rollen als Nachfahren der Commedia dell’ arte auf und bildeten einen buffonesken Kontrapunkt zur grausamen Märchenhandlung. Mit nach Art chinesischer Puppen geschminkten Gesichtern erledigte das Trio seine Aufträge. Der Beginn der Handlung im ersten Akt entwickelte sich mit Tempo, angenehm beruhigend wirkte dann das Reflektieren der drei Minister über ihr Leben im zweiten Akt bei einer Wasserpfeife. Valentin Jar (Altoum) nahm man den von seiner Tochter strapazierten Kaiser ab, er sang seine Tenorpartie mit warmem Timbre. Nicht zu vergessen ist Sven Bakin als zuverlässiger Mandarin sowie die musikalisch und darstellerisch bestens vorbereiteten Chöre.

Fazit

Die Regisseure Silviu Purcarete und Nikolaus Wolcz ließen sich von dem Libretto und der Musik inspirieren und bebilderten die Stimmungswechsel sowie das exotische Kolorit der Partitur auffallend angenehm. Nur eine Stelle im zweiten Akt fiel unpassend aus dem ansonsten stilsicheren Rahmen, wo die Minister die abgeschlagenen Köpfe in Mülltonnen wegräumten und sich als Putzmänner betätigten. Wirkungsvoll überzeugte die energische Lesart von Puccinis Musik in all ihrer Intensität. Solisten und Chor integrierten sich gut in das musikalische Gesamtbild.

F. Zink

Bild: Thilo Beu

Das Bild zeigt: Rachel Tovey (Turandot) und Chor

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