DIE SPANISCHE STUNDE/GIANNI SCHICCHI – Wiesbaden, Staatstheater

Regie: Carlos Wagner, Bühne: Conor Murphy, Kostüme: Christof Cremer, Licht: Thomas Märker, Dramaturg: Bodo Busse, Serge Honegger
Dirigent: Marc Piollett, Orchester des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden und Wiesbadener Knabenchor, Einstudierung: Marina Russmann
Besuchte Aufführung: 13. März 2010 (Premiere)

Die spanische Stunde (L’Heure espagnole)
von Maurice Ravel (1875-1937), Musikalische Komödie in einem Akt, Libretto: Franc-Nohain, UA: Paris 1911
Solisten: Ute Döring (Concepcion), Jonas Gudmundsson (Gonzalvo), Erik Biegel (Torquemada), Brett Carter (Ramiro), Hye-Soo Sonn (Don Inigo Gomez)

Kurzinhalt
Der Uhrmacher Torquemada ist für die öffentlichen Uhren verantwortlich. Während er unterwegs ist, empfängt seine Frau ihren Liebhaber Gonzalvo. Diesmal sorgen Ramiro, ein wartender Kunde, und Don Inigo Gomez, ein weiterer Verehrer, für Verwirrung. Als weder Gonzalvo noch Don Inigo Concepcion zufriedenstellen können, entdeckt sie Ramiros Vorzüge.
Aufführung
Auf der Bühne stapeln sich Holzkisten. In manchen befinden sich Uhren, eine Sonne, Totenschädel, ein Ei. Davor stehen große Uhrkästen. Die Bühne wird von einer Wand nach hinten und rechts begrenzt, darin befinden sich ein Fenster und eine Tür. Zwischen den Kisten führt eine Treppe nach oben. Concepcion trägt ein freizügiges Kleid, Ramiro Lederhose und Hemd, Don Inigo Gomez einen rosafarbenen Nadelstreifenanzug.
Sänger und Orchester
Die einzige Frau auf der Bühne, Ute Döring, meisterte ihren Gesangspart als Concepcion mit Bravour. Sie bewegte sich sicher und selbstbewußt in den hohen Lagen und wußte ihre kräftige Stimme facettenreich einzusetzen. Auch Brett Carter als Ramiro zeigte sich von der besten Seite, er arbeitete die verschiedenen Stimmungen seiner Rolle glaubwürdig heraus und setzte seine Stimme gekonnt differenziert ein. Jonas Gudmundsson sang den romantisch dichtenden Gonzalvo sehr treffend, aber leider etwas leise. Hye-Soo Sonn verfügt über eine warme Stimme, die er als liebeshungriger Don Inigo Gomez sehr weich und behutsam einsetzte, auch er blieb eher zurückhaltend. Erik Biegel konnte vor allem durch seine Darstellung des kauzigen Torquemada begeistern, in den Höhen klang seine Stimme etwas spitz. Besonders das einzige Quintett der Oper im letzten Akt präsentierten die Sänger gut intoniert und vortrefflich aufeinander abgestimmt. Dennoch war dem gesamten Ensemble eine gewisse Unsicherheit auf der Bühne anzumerken. Das Orchester glänzte mit großer Klangdifferenziertheit und Ausdrucksstärke, die verschiedenen Klangfarben wurden unter der Leitung von Marc Piollet hervorragend herausgearbeitet.

Gianni Schicchi
von Giacomo Puccini (1858-1924), Komische Oper in einem Akt, Libretto: Giovacchino Forzano, UA: New York 1918
Solisten: Kiril Manolov (Gianni Schicchi), Emma Pearson (Lauretta), Ute Döring (Zita), Felipe Rojas Velozo (Rinuccio), Erik Biegel (Gherardo), Betsy Horne (Nella), Maurice Effendy (Gherardino), Hye-Soo Sonn (Betto von Signa)

Kurzinhalt
Die Famile Donati trauert um den reichen Buoso. Leider hat Buoso alles einem Kloster hinterlassen, die Familie ist schockiert. Rinuccio verweist auf den listigen Schicchi, der vorschlägt, sich ins Bett des Toten zu legen um dem Notar ein neues Testament zu diktieren. Die Familie ist einverstanden; Schicchi beerbt sich dabei selbst mit den besten Stücken, läßt aber auch die Verwandtschaft nicht zu kurz kommen.
Aufführung
An der linken hinteren Bühnenecke sind Kisten aufgetürmt. Rechts befindet sich ein Bett. Hinten und rechts wird die Bühne von einer Wand begrenzt, darin befindet sich ein sehr großes Fenster, rechts eine Tür. Die Familie trägt dunkle extravagante Kleidung. Lauretta erscheint im weißen mädchenhaften Kleid, Schicchi mit Nadelstreifenhose und Felllederjacke.
Sänger und Orchester
Felipe Rojas Velozos gestaltete seine Arien mit seiner warmen kräftigen Stimme gefühlvoll. Er spielte den fordernden und den verliebten Rinuccio mit selbstsicherer Leichtigkeit. Emma Pearson wurde für die äußerst feinfühlig dargebotene Arie der Lauretta O mio babbino caro – Oh teurer Vater zu Recht mit Bravorufen und Szenenapplaus belohnt. Auch Kiril Manolov überzeugte in seiner vor Listigkeit sprühenden Darstellung des Gianni Schicchi. Er setzte seine volle Stimme treffend, differenziert und sehr ausdrucksstark ein, ob nun als gerissener Schicchi oder als kränkelnder Buoso. Ebenso begeisterten die anderen Darsteller, sie verkörperten die korrupte Familie Donati sehr erfrischend und gaben ihre Charaktere pointiert und glaubwürdig wieder. Insgesamt ergänzte sich das Ensemble spielerisch sehr gut. Das Orchester zeigte sich auch hier von seiner besten Seite, es präsentierte eine fein nuancierte Dynamik und agierte als eigenständiger Klangkörper, ohne die Sänger dabei zu erdrücken.
Fazit
War das Ensemble im ersten Teil noch etwas zurückhaltend und unsicher, begeisterte es mit seiner Darstellung der Familie Donati bei der zweiten Oper, was das Publikum wie auch die hervorragende Leistung des Orchesters mit lang anhaltendem Applaus und Bravorufen würdigte. Auch dank der Kostüme und der geschickt eingesetzten Kulisse eine abwechslungsreiche Aufführung, die alles andere als langweilig war!

P.-A. Lai

Bild: Martin Kaufhold
Das Bild zeigt: Reinhold Schreyer-Morlock (Marco), Hye-Soo Sonn (Betto von Signa),Felipe Rojas Velozo (Rinuccio), Bernd Hofmann (Simon), Betsy Horne (Nella), Ute Döring (Zita), v. l.n.r

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