Giulio Cesare – Julius Cäsar Paris – Palais Garnier

von Georg Friedrich Händel (1685-1759), Dramma per musica in drei Akten, Libretto: Nicola Francesco Haym nach Giacomo Francesco Bussani, UA: 20. Februar 1724, London, King´s Theatre Haymarket
Regie: Laurent Pelly, Bühne: Chantal Thomas, Licht: Joël Adam, Dramturgie: Agathe Mélinand
Dirigent: Harry Bicket, Orchester der Opéra national de Paris, Chor der Opéra national de Paris
Einstudierung: Gaël Darchen
Solisten: Lisette Oropesa (Cleopatra), Gaëlle Arquez (Giulio Cesare), Wiebke Lehmkuhl (Cornelia), Emily D’Angelo (Sesto), Iestyn Davies (Tolomeo), Luca Pisaroni (Achilla), Rémy Bres (Nireno), Adrien Mathonat (Curio)
Besuchte Aufführung: 2. Februar 2024

Kurzinhalt

In der Verfolgung seines Widersachers Pompeo landet Cesare in Ägypten. Nach der Niederlage gegen Giulio Cesare ist Pompeo mit seiner Frau Cornelia und seinem Sohn Sesto nach Ägypten geflohen. Doch König Tolomeo läßt Pompeo sogleich ermorden, um Cesare bei seiner Ankunft Pompeos Kopf auszuhändigen. Cesare ist darüber äußerst verärgert und beabsichtigt, diese Untat durch Eroberung Ägyptens zu rächen. Cornelia und Sesto schwören an Tolomeo Rache zu nehmen. Cleopatra, die Schwester des Tolomeo, versucht Cesare für sich zu gewinnen. Um   Tolomeo vom Thron drängen. Zunächst bezirzt Cleopatra Cesare, verliebt sich dann aber in ihn. Cesare ist von ihr fasziniert. Als es dann zum Kampf zwischen Römern und Ägyptern kommt,  wird Tolomeo getötet und Cleopatra vom siegreichen Cesare zur Königin Ägyptens ausgerufen.

Aufführung

Wir befinden uns im Depot eines großen Museums. Auf Regalen sind Büsten römischer Heroen zu sehen, die offensichtlich den ankommenden Cesar begrüßen (wird durch Wippen des Kopfes angedeutet). Daneben finden sich frei stehende Löwen und auch Skulpturen von Cesar als Augustus. In den nachfolgenden Szenen wechseln die Figuren, aber das Museumdepot bleibt.

Danach erscheinen die Sänger in historischen Kostümen: Cesar (Cesare) mit Brustpanzer, Stiefeln und freien Knien, Cleopatra in weißer Toga, die manchmal die linke Brust unverhüllt läßt, Pharao mit Sphinxhaube und perlmuttgeschmücktem blauen Rockgewand. Zu den Wachen des Pharao werden die ständig über die Bühne laufenden Museumsarbeiter mit Lanzen bewaffnet, ansonsten sind sie aber unbekümmert um Gesang und Schauspieleraktionen.

Im zweiten Akt werden Bilder in goldenen Rahmen durch den Raum getragen. Auf einem der Bilder sieht man einen Platz unter Bäumen. Musikerinnen in Barockkostümen spielen bei einer Szene in der einer Pastoralsinfonie erklingt.

Sänger und Orchester

Harry Bicket ist vor allem als international renommierter Opern- und Konzertdirigent für seine Interpretationen des barocken und klassischen Repertoires bekannt. Dies ist deutlich beim Hören der Ouvertüre zu bemerken. Sein Dirigat, das er mit freien Händen gestaltete, ist bewunderungswürdig präzis und rhythmisch gestaltet. Vor allem erklingen die Triller punktgenau, geradezu messerscharf. Es macht große Freude zuzuhören. Allen Sängern ist allesamt höchstes Niveau zu bescheinigen. Auffallend ist aber auch die hohe Kunst bei der Gestaltung der Rezitative, die nicht immer auf diesem Level präsentiert werden. Bemerkenswert ist es auch, daß alle Sänger bei den Wiederholungen ihrer Arien um eine große Variabilität ihrer Melodie sich bemühen.

Bei der Vielzahl der vorzüglichen Sängerinnen und Sänger ist es nicht leicht, ihre Charakteristik einzeln herauszustellen.

Immerhin gibt es einen unbestrittenen Star unter ihnen. Es ist Lisette Oropesa. Ihre Sopranstimme kann man nur als glockenrein bezeichnen. Sie ist der Star des Abends und stellt Cäsars Gegnerin Cleopatra dar. Ihr geschmeidiger Belcantogesang ist ohnegleichen und unnachahmbar. Ihr lyrisches Timbre sang sie in den langsamen Stücken schmelzend, z.B. in Venere bella – Venus, du Schöne (Beginn 2. Akt) oder in pangerò la mia sorte – so beklage ich mein Schicksal (3. Akt).

Hinzu kommen ihre eleganten Aktionen, mit einem Wort: sie ist eine Augenweide in ihrer Darstellung und mit ihrem glockenreinen Sopran geradezu eine Offenbarung. Ich schrieb schon einmal eine Rezension im OPERAPOINT, es waren Die Hugenotten, aufgeführt am 2. Oktober 2018. Darin habe ich Frau Oropesa in den höchsten Tönen gelobt.

Ihr „Gegenspieler“ ist Giulio Cesare (Gaëlle Arquez). Auch sie ist unumwunden in Aussprache und Darstellung zu loben. Der lobenswerte Sänger ist Iestyn Davies als Tolomeo. Sein Counter besitzt von großer Strahlkraft und Ebenmäßigkeit. Ihm zuzuhören bereitet Freude.

Fazit

Alle Sängerinnen und Sänger sangen von höchstem Niveau. Ja, um eine gute und ausgezeichnete Sängerschar zu erleben ist die Pariser Nationaloper eine sichere Bank, etwas, was sich von anderen Opernbühnen schwerlich sagen läßt.

Man darf aber keineswegs den Regisseur des Abends, es ist Laurent Pelly mit seinem Team nicht ganz vergessen. Er ist die Seele von allem und er stellt auch die Truppe zusammen, die die Sängerinnen und Sänger zusammenstellt. Jedenfalls war diese Aufführung wieder ein Erlebnis.

Dr. Olaf Zenner

Bild: Vincent PONTET / OnP

Das Bild zeigt: Gaëlle Arquez (Giulio Cesare), Iestyn Davies (Tolomeo)

Veröffentlicht unter Opern, Paris, Palais Garnier