Die Walküre – Chemnitz, Theater

von Richard Wagner (1813-1883), Erster Tag des Bühnenfestspiels in drei Akten, Libretto: Richard Wagner, UA: 26. Juni 1870 München, Nationaltheater

Regie: Monique Wagemakers, Bühne: Claudia Weinhart, Kostüme: Erika Landertinger

Dirigent: Felix Bender, Robert-Schuhmann-Philharmonie

Solisten: Zoltan Nyari (Siegmund), Magnus Piontek (Hunding), Aris Argiris (Wotan), Christiane Kohl (Sieglinde), Dara Hobbs (Brünnhilde), Monika Bohinec (Fricka), u.a.

Besuchte Aufführung: 24. März 2018 (Premiere)

Kurzinhalt

Der verfolgte Wälsunge Siegmund findet bei der verlorengeglaubten Zwillingsschwester Sieglinde Zuflucht und zeugt Siegfried. Fricka verlangt Sühne für Ehebruch und Blutschande. Durch die eigenen Gesetze gebunden, muß Wotan Siegmund opfern. Todgeweiht will Siegmund die Schwester lieber töten, als ungeschützt zurückzulassen. Da beschließt Brünnhilde, entgegen Wotans Befehl, die Wälsungen zu retten, doch Wotan bewirkt Siegmunds Tod. Brünnhilde flieht zunächst mit Sieglinde vor Wotan, aber Wotan bestraft Brünnhilde und bettet sie in einen Feuerring, aus dem nur ein Held sie erretten kann.

Aufführung

Eine Walküre im Einheitsbühnenbild kann ein spannendes Bild sein. Was die gotische Kuppelhalle, die sich beständig dreht und langsam brüchig wird, leider nicht ist. Für Hundings Hütte fehlt die Esche, nach Walhall taugt es nicht und ein Walkürenfelsen ist es auch nicht – wobei weder ein Walkürenritt noch ein Feuerzauber möglich wird und auch alle Symbole, die man gemeinhin mit der Walküre verbindet, nicht zum Einsatz kommen. Eine durchdachte Personenführung fehlt. Bis auf wenige Ausnahmen ist es statuarisch nichtssagend. Auch die zeitlos mystisch nichtssagende Kleidung ist kein Blickfang, Hundings brustfreier Fellmantel ist da noch das beste Kostüm.

Sänger und Orchester

Die Walküre lebt eigentlich von den Spannungen in einer Dreiecksbeziehung im ersten Akt. Leider kamen diese Spannungen nicht ans Licht. An Magnus Piontek lag es nicht. Ein farbenreicher Baß mit sicherer Tiefe, allerdings ohne große dämonische Ausstrahlungskraft. Aber gerade das gibt ihm eine gewisse Größe, was dem Hunding größere Wirkung verleiht. Die Sieglinde der Christiane Kohl geht im ersten Akt als jugendlicher Sopran durch, im zweiten Akt kann sie der Verzweiflung mit Durchschlagskraft und Lautstärke Raum verleihen. Leider kann Zoltan Nyari als Siegmund nicht mithalten. Er besitzt eine schön gefärbte tenorale Stimme, diese ist aber leider zu schwach oder zu leise und nimmt manche Abkürzung in der Notenlinie. Die gesparte Kraft kann er allerdings ab den Wälse-Rufen bis zum blühenden Wälsungenblut gewinnbringend einsetzen.

In diesen Dreikampf kann Aris Argiris Wotan mit großer Ausdruckskraft eingreifen. Christiane Kohl ist der schwere dramatische Sopran, der sie zur großen Schwester der Walküren macht. Der Walkürenritt hingegen bleibt eigentlich nur dank der Walküren in Erinnerung, die größtenteils harmonisch zusammenpassen. Eher unauffällig bleibt das Dirigat von Felix Bender. An der Zusammenarbeit mit der Robert-Schumann-Philharmonie kann es nicht liegen, der Walkürenritt und der Feuerzauber können orchestral überzeugen. Die kleineren Abstimmungsprobleme werden sich sicher nach dem Premierenfieber legen.

Fazit

Das große Problem von vier unterschiedlichen Regisseuren für die vier Ring-Teile wird hier deutlich: was passiert, wenn einer der Regisseure die Arbeit des Vorgängers nicht aufgreift und dazu sein eigenes Konzept nicht trägt? Antwort: Bodenlose Langeweile! Der Verzicht auf Schwert, Speer, Esche, Herd oder Möbel reduziert die Handlungsmöglichkeiten gewaltig, da Siegmund kein Schwert aus dem Stamm ziehen kann, Siegmund nicht gemeinsam mit Sieglinde bzw. Hunding am Herd sitzt oder der Kampf zwischen Hunding und Siegmund zum Ringelspiel mit Anfassen mutiert. Der Flashback, das Wiedererleben von Siegmund und Sieglinde mit ihrer Kindheit (zwei Kinder laufen Hand in Hand über die Bühne) bleibt fragwürdig und ist auch nach Lektüre des Programmhefts kaum erklärbar. Die Bewegungslosigkeit des ersten Aktes wird durch eine musikalische Lesart ergänzt, die wenig Dynamik entwickelt und keinerlei musikalische Höhepunkte gebiert. Sonst ist der erste Akt ein musikalischer Selbstläufer, hier herrscht Langeweile! Auch die Gewölbehalle paßt nicht wirklich zu den Handlungsorten des Stückes, so wie für manche Sänger und der Dirigent noch gewaltiges Entwicklungspotential haben. Freundlicher Applaus des Publikums am Ende.

Oliver Hohlbach

Bild: Kirsten Nijhof

Das Bild zeigt: Dara Hobbs (Brünnhilde), Aris Argiris (Wotan)

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