Darmstadt, Staatstheater – TURANDOT

von Giacomo Puccini, Dramma lirico in drei Akten, Libretto: Giuseppe Adami und Renato Simoni, Schlußduett und Finale von Franco Alfano vervollständigt, UA: 26. April 1926, Mailand, Scala
Regie: John Dew, Bühne: Heinz Balthes, Kostüme: José-Manuel Vázquez, Choreographie: Anthoula Papadakis, Choreinstudierung: André Weiss
Dirigent: Martin Lukas Meister, Staatsorchester, Chor, Extrachor und Kinderchor der Staatsoper
Solisten: Katrin Gerstenberger (Turandot), Markus Durst (Altoum), Thomas Mehnert (Timur), Zurab Zurabishvili (Kalaf), Susanne Serfling (Liù), David Pichlmaier (Ping), Lucian Krasznec (Pong), Sven Ehrke (Pang), Oleksandr Prytolyuk (Ein Mandarin), u.a.
Besuchte Aufführung: 14. Juni 2009 (Premiere)

Kurzinhalt
darmstadt-turandot.jpgVor der Kaiserstadt Peking verkündet ein Mandarin das neue Gesetz: Prinzessin Turandot heiratet den, der drei Rätsel löst, die sie ihm aufgibt. Werden diese nicht gelöst, so wird der Freier enthauptet. In dem großen Tumult trifft Prinz Kalaf auf seinen Vater Timur mit der Sklavin Liù. Als Kalaf Turandot auf dem Balkon zum ersten Mal erblickt, verliebt er sich in sie und nichts kann ihn davon abhalten, sich Turandots Fragen zu stellen. Die drei Minister besprechen die Vorbereitungen für eine Hochzeit oder Enthauptung des Freiers Kalaf. Aber sie sehnen sich eigentlich nach einem Leben auf ihren Landgütern. Als Turandot auf dem Marktplatz erscheint, erzählt sie von dem Schicksal ihrer Ahnin, die von einem Mann umgebracht wurde. Kalaf löst alle Rätsel und bringt dadurch die Prinzessin in Verlegenheit. Denn eigentlich will sie nie einen Mann heiraten. Kalaf gibt ihr nun seinerseits das Rätsel auf, seinen Namen zu erraten. Wenn sie es nicht schafft, so wird sie seine Frau. In der Nacht schläft niemand. Turandot läßt sogar Liù. foltern, um den Namen zu erfahren, weshalb diese sich selbst erdolcht. Schließlich nennt Kalaf ihr seinen Namen. Als das Volk sich versammelt, nennt sie ihn: Liebe! Das Volk jubelt.
Aufführung
In John Dews Inszenierung herrschen die Farben Rot und Schwarz vor. Rot als Farbe des Glücks und Schwarz als Farbe der Macht finden sich dort in Streifen angeordnet wieder. Auch die Kostüme des Chores und der drei Minister sind in diesen Farben gehalten. Gelb, die Farbe des chinesischen Kaisers, wird ausschließlich von Altoum und Turandot in traditionellen Gewändern getragen. Das schlichte Bühnenbild steht den opulenteren Kostümen gegenüber und läßt genug Raum für die ausladenden Chorauftritte.
Sänger und Orchester
Katrin Gerstenberger (Turandot) sang diese Paraderolle mit ihrem lyrischen Sopran mit solcher Intensität in den tiefen Passagen und einer außergewöhnlichen Leichtigkeit in der Höhe, daß ihre Auftritte das Publikum zu langem Szenenapplaus hinrissen. Auch Susanne Serfling (Liù) erntete für ihre großartige Gesangsdarbietung, ihre glockenhelle, weiche und reine Stimme, laute Bravorufe. Ihre Arie über die Liebe Tu che di gel sei cinta – Du, vom Eis umgürtet war so gefühlvoll vorgetragen, daß sie am Ende mehrere Male vor den Vorhang gerufen wurde. Ein wenig enttäuschend war die Darbietung von Zurab Zurabishvili (Kalaf), der zwar technisch vollkommen einwandfrei, jedoch mit zu wenig Emotion sang. Dies wirkte sich besonders auf die Arie Nessun dorma – Keiner schlafe aus, die leider recht steif daherkam und kaum etwas von der Siegesgewißheit Kalafs spüren ließ. Herausragend war das Zusammenspiel der drei Minister David Pichlmaier (Ping), Lucian Krasznec (Pong) und Sven Ehrke (Pang), die als eine gesangliche Einheit auftraten. Die Choreographie und unnatürliche, fast schon akrobatische Bewegungen erinnerten an ein altchinesisches Schattenspiel, bei dem die Figuren von Schauspielern hinter einer Schattenwand dargestellt werden, wurden von allen Dreien perfekt umgesetzt. Der Auftritt von Oleksandr Prytolyuk (Mandarin) war ein Höhepunkt des Abends, ihn umgab eine schauderhafte Aura, als sei er eine Figur aus einem Horrorfilm.
Das Staatsorchester Darmstadt unter Martin Lukas Meister glänzte mit exzellent klarem Klang. Überragend sang der Chor, der sowohl in den Massenszenen als auch in etwas kleinerer Besetzung stets präsent und voller Leidenschaft das Volk repräsentierte.
Fazit
Puccinis Oper, die sich an das gleichnamige persische Märchen anlehnt, stand lange im Schatten ihrer Vorgängerinnen La Bohème, Tosca und Madame Butterfly. Mittlerweile hat sie sich aber zu einem wahren Publikumsliebling gewandelt, was auch in dieser sehr gut gelungenen Aufführung deutlich wurde. Mit frenetischem Beifall und lauten Bravorufen bejubelte das Publikum die Darsteller und Musiker.

Sophia Krüger

Bild: Barbara Aumüller
Das Bild zeigt David Pichlmaier (Ping), Sven Ehrke (Pang), Zurab Zurabishvili (Calaf), Lucian Krasznec (Pong).

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