Hamburg, Staatsoper – IPHIGÉNIE EN TAURIDE

von Christoph Willibald Gluck (1714-1787), Tragédie in 4 Akten, Libretto: Nicolas-Franςois Guillard (1779)
UA: 18. Mai 1779, Paris
Regie: Philippe Calvario, Bühne/Kostüme: Jon Morrell, Choreographie: Sophie Tellier, Beleuchtung: Bertrand Couderc
Dirigent: Alessandro de Marchi, (welches Orchester hat gespielt?) Choreinstudierung: Florian Csizmadia
Solisten: Krassimira Stoyanova (Iphigénie), Christopher Maltman (Oreste), Toby Spence (Pylade), Thomas J. Mayer (Thoas), Trine W. Lund (erste Priesterin), Katerina Tretyakova (zweite Priesterin), Ann-Beth Solvang (Diane) u.a.
Besuchte Aufführung: 24. Mai 2009 (Premiere, in französischer Sprache)

Kurzinhalt
hamburg-iphigenie.jpgAuf Tauris dient Iphigénie der Göttin Diane als Oberpriesterin. Zu ihren Pflichten gehört die Opferung jedes Fremden, der Tauris betritt. Iphigénie sehnt sich nach der Heimat und erzählt den anderen Priesterinnen des Dianatempels von einem bösen Traum: Die Mutter Klytemnestra habe den Vater erschlagen und der Bruder Orest soll durch sie selbst getötet werden.
Durch einen Sturm stranden Orest und sein Gefährte Pylade auf Tauris und sollen von Iphigénie der Göttin Diane geopfert werden. Orest wird, seit er den Tod des Vaters durch die Ermordung der Mutter Klytemnestra rächte, von Furien verfolgt. Als er Iphigénie begegnet, jedoch nicht erkennt, berichtet er von den furchtbaren Ereignissen im Vaterhaus, behauptet jedoch, einzig die Schwester Elektra sei noch am Leben. Iphigénie will den Fremden, der sie an den Bruder erinnert, retten und mit einer Botschaft zur Schwester schicken. Doch Orest droht mit seinem Selbstmord, bis sie Pylade schickt.
Iphigénie soll Orest opfern, aber eine Bemerkung läßt sie den Bruder erkennen. König Thoas ist erzürnt über die Flucht von Pylade und Iphigénies Verweigerung der Opferung und will die Geschwister selbst umbringen. Rechtzeitig kehrt Pylade mit einer Gefolgschaft zurück und tötet Thoas. Diane verzeiht Orest und verheißt den Geschwistern eine gute Heimfahrt.
Aufführung
Eine graue Stahlwand dominiert das Bühnenbild, welches durch wenige Veränderungen, z.B. durch Hinzufügen einer Treppe oder Anzünden eines Feuers, der jeweiligen Handlung angepaßt wird. Diese schlicht gehaltene Bühne lenkt mit einfachen Kostümen die Aufmerksamkeit auf die Akteure. Während die Priesterinnen in schwarze Gewänder gehüllt sind, tragen auch die anderen Darsteller sehr einfach gehaltene, dunkle Kleidung. Nur die Muttergestalt Klytemnestra, die in der Oper als Schatten auftritt, ist in ein schillerndes Gewand gehüllt. Obwohl die Handlung insgesamt sehr anschaulich dargestellt wurde, besonders die Peinigung Orests durch die Furien, erscheinen manche Sängeraktionen als unpassend: auf dem Gefängniskäfig von Orest und Pylade tanzt eine Frau ungebändigt, beinahe apathisch zur Musik.
Sänger und Orchester
In der Ouvertüre zu Beginn glänzt das Orchester in voller Klangfarbe und spielt sehr dynamisch, während es gewöhnlich eher leise erklingt und so den Sängern auf der Bühne Raum für ihre Stimmentfaltung gibt. Dirigent Alessandro de Marchi zeichnet sich außerdem durch sehr kleine und verhaltene Bewegungen aus, die dennoch Orchester und Akteure exakt agieren lassen. Von den Sängern überzeugt vor allem Christopher Maltman (Orest) sowohl durch seine schauspielerische Leistung, die die Gefühle des Zuhörers zwischen tiefster Depression, Traurigkeit und Hoffnung hin- und herbewegen. Darüber hinaus glänzt er durch einen sehr gefühlvollen und dynamisch vielfältigen Gesang in allen Stimm-Registern.
Die Sopranistin Krassimira Stoyanova (Iphigénie) wirkt trotz eines kleinen Atemfehlers in ihrer Aftrittsarie Ô toi, qui prolongeas mes jours – O du, die mir einst Hilfe gab (1. Akt, 1. Szene) durch ein großes Stimmvolumen und einer präzisen Intonation. Im Duett besitzen Christopher Maltmans und Krassimira Stoyanovas Stimmen eine sehr sinnliche und intonationsreine Klangfarbe.
Der Tenor von Toby Spence (Pylade) ist leiser als die des Gefährten Christopher Maltman, besticht jedoch durch eine Zartheit und Emotion, die genau den Charakter der Rolle trifft. Ebenso unterstreicht Thomas J. Mayers (Thoas) kräftiger Bariton den machtvollen Heldencharakter seiner Figur.
Neben den Gesangsleistungen fasziniert das Ballett durch die moderne Choreographie und eine rhythmisch überaus exakte Abstimmung auf die Musik. Besonders effektvoll ist hier das gelungene Spiel von Kampfgeräuschen und tänzerischem Rhythmus.
Fazit
Das Publikum dankte dieser musikalischen und theatralischen Leistung mit Jubel und nicht endendem Applaus. An diesem Abend wurde die Stärke und Kraft einer Gluck’schen Oper deutlich, indem die Handlung kurzweilig erschien und von Anfang bis Ende genossen werden konnte.
Maria Ostermann

Bild: Bernd Uhlig
Das Bild zeigt: Krassimira Stoyanova (Iphigénie) und Christopher Maltman (Oreste).

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