DIE ZAUBERFLÖTE – Hamburg, Staatsoper

von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791), Oper in zwei Aufzügen, Libretto: Emanuel Schikaneder; UA: 30. September 1791 Wien, Theater im Freihaus auf der Wieden

Regie: Jette Steckel, Bühne: Florian Lösche, Kostüme: Pauline Hüners, Licht: Paulus Vogt, Dramaturgie: Johannes Blum, Carl Hegemann

Dirigent: Jean-Christoph Spinosi, Philharmonisches Staatsorchester Hamburg und Chor der Hamburgischen Staatsoper

Solisten: Andrea Mastroni (Sarastro), Dovlet Nurgeldiyev (Tamino), Christina Gansch (Pamina), Alin Anca (Sprecher), Sergey Ababkin (Priester), Christina Poulitsi (Königin der Nacht), Iulia Maria Dan (Erste Dame), Nadezhda Karyazina (Zweite Dame), Marta Swiderska (Dritte Dame), Jonathan McGovern (Papageno), Dietmar Kerschbaum (Monostatos), Maria Chabounia (Papagena), Christian Juslin (Erster Geharnischter), Bruno Vargas (Zweiter Geharnischter), Solisten des Knabenchores Chorakademie Dortmund (Drei Knaben)

Besuchte Aufführung: 23. September 2016 (Premiere)

hamburg-zauberfloeterKurzinhalt

Der Jüngling Pamino und der Vogelfänger Papageno brechen auf, um die junge Pamina im Aufrag ihrer Mutter, der Königin der Nacht, aus den Klauen des bösen Sarastro zu befreien. Dieser erweist sich jedoch als das Gegenteil. Pamino und Papageno müssen in Sarastros Tempel mehrere Prüfungen durchlaufen, um sich als würdig zu erweisen. Am Ende finden sich Pamino und Pamina, und auch Papageno findet eine Papagena. Die Königin der Nacht geht in Blitz und Donner unter.

Aufführung

Die Hamburger Aufführung entfernt sich extrem weit vom Libretto, so daß sich schon von einer Bearbeitung sprechen läßt. Der Sprechtext wurde aufs Äußerste zusammengestrichen beziehungsweise modernisierend ergänzt. Die musikalischen Nummern folgen teils direkt hintereinander ohne Verknüpfung, so daß die Handlung für jemanden, der das Stück noch nicht kennt, es im Grunde unverständlich wird, weil wesentliche Szenen einfach fehlen. Schon zu Beginn ist Pamino ein alter Mann im Publikum, der stirbt, um dann auf der Bühne neu geboren und im Eiltempo erwachsen zu werden. Sein Freund aus Kindertagen ist Papageno, der als Rastaträger und Außenseiter dargestellt wird.
Der Bühnenraum wird von einem silbernen LED-Vorhang mit mehreren Schichten gegliedert, auf dem sich allerlei Bewegtbilder abspielen, mit denen die Bühnenfiguren auch interagieren. Sarastro und die Königin der Nacht stehen im Orchestergraben und werden dort gefilmt, so daß ihre singenden Lichtgesichter überlebensgroß live auf dem Vorhang abgebildet werden. Die Zauberflöte und das Glockenspiel sind hier rote Pfeile, von denen auch Pamina einen bekommt. Über den Prüfungen werden Pamino, Papagena und Pamina zu alten Menschen. Am Ende schweben Sarastro und die Königin der Nacht gemeinsam wie die Herrscher einer Sekte über ihren uniform gekleideten Untertanen.

Sänger und Orchester

Das Philharmonische Staatsorchester Hamburg unter Jean-Christophe Spinosi war nur halb in den Orchestergraben hinuntergelassen, wie bei einer historisch informierten Besetzung übrig. Klang die Ouvertüre intonatorisch noch wacklig, steigerte man sich dann aber und phrasierte in den Streichern zackig und schwungvoll. Auch die Abstimmung mit dem Bühnenensemble war über weite Strecken in Ordnung. Agierte Christina Poulitsi bei ihrem ersten Auftritt als Königin der Nacht noch zurückhaltend, erfüllte sie in der berühmten Arie Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen nach der Pause dann die Erwartungen und bekam den erwarteten Applaus. Jonathan McGovern warf sich schauspielerisch als Papageno voll ins Zeug und war auch stimmlich kraftvoll präsent und gut verständlich. Leider nur war Maria Chabouina als Papagena sehr leise und klang wenig überzeugend, aber vielleicht lautete so auch die Vorgabe? Ihre Papagena soll eine Zuschauerin aus dem Publikum sein, die sozusagen in diese Rolle hineingedrängt wird. Andrea Mastronis Sarastros hingegen war an schwerer stimmlicher Präsenz kaum zu überbieten, jedoch wirkte seine Diktion leicht gekünstelt. Dovlet Nurgeldiyev konnte schon von der Bildnis-Arie an mit tenoraler Wärme überzeugen, während Christina Gansch als Pamina eher unauffällig blieb, aber die Rolle doch mit Leben füllte. Dietmar Keschbaum gab den Monostatos mit clowneskem wienerischen Charme.

Fazit

Musikalisch auf einem ordentlichen Niveau, zerfiel diese Zauberflöte leider in ihre Einzelteile. Zwar gab es viele schöne visuell spektakuläre Ideen, doch ging der rote Faden aufgrund der starken abstrakten Tendenz der Aufführung sehr schnell verloren. Mehr als ein interessanter Ansatz kam leider kaum dabei heraus. Dementsprechend mischten sich in den Schlußaplaus neben einigen Bravi auch viele Buhs. Diese Zauberflöte dürfte sich nur für diejenigen lohnen, die das Stück wirklich extrem gut kennen und gegenüber Experimenten offen sind. Wer einfach nur die Zauberflöte hören und sehen will, dürfte dagegen enttäuscht werden, und sich schnell langweilen.

Dr. Aron Sayed

Bild: Arno Declair

Das Bild zeigt: Christina Poulitsi (Königin der Nacht), Andrea Mastroni (Sarastro), Chor der Hamburgischen Staatsoper

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