BALL IM SAVOY – Coburg, Landestheater

von Paul Abraham (1892-1960), Operette in 2 Akten, Libretto: Alfred Grünwald und Fritz Löhner-Beda, bühnenpraktische Rekonstruktion der Musik von Henning Hagedorn und Matthias Grimmiger, UA: 23. Dezember 1932 Berlin, Großes Schauspielhaus

Regie: Tobias Materna, Ausstattung: Lorena Diaz Stephens und Jan Hendrik Neidert

Dirigent: Roland Fister, Philharmonisches Orchester, Ballettcompany, Chor des Landestheaters Coburg (Choreinstudierung: Lorenzo Da Rio).

Solisten: Dirk Mestmacher (Marquis Aristide), Anna Gütter (Madeleine), Carolin Soyka (Daisy Parker), Niklaus Scheibli (Mustapha Bei), Gabriele Künzler (La Tangolita), Benjamin Hübner (Celestin Formant), Stephan Ignaz (Archibald), u.a.

Besuchte Aufführung: 4. November 2015 (Premiere)

Ball im Savoy // Operette von Paul Abraham // ML Roland Fister; R Tobias Materna; B Jan Hendrik Neidert; Kostüme Lorena Diaz // Premiere 24. Oktober 2015 im Großen Haus des Landestheaters Coburg

Ball im Savoy // Operette von Paul Abraham // ML Roland Fister; R Tobias Materna; B Jan Hendrik Neidert; Kostüme Lorena Diaz // Premiere 24. Oktober 2015 im Großen Haus des Landestheaters Coburg

Kurzinhalt

Aristide und Madeleine haben ihre Hochzeitsreise in Venedig verbracht und feiern nun in Aristides Villa in Nizza mit vielen Freunden, darunter Mustapha Bei. Da fordert Aristides frühere Geliebte Tangolita das alte Versprechen eines Galadiners ein – auf dem Ball im Savoy. Um ohne seine Frau dorthin gehen zu können, fälscht man eine persönliche Einladung des Komponisten „Pasodoble“ zum Konzert im Hotel Savoy. Jedoch verbirgt sich hinter „Pasodoble“ die Jazzkomponistin Daisy Parker, die ihre Freundin Madeleine tatsächlich eingeladen hat: Diese denkt nun, daß ihr Gatte sie betrügt und geht in Maske auf den Ball. Nach den „Wirren des Balles“ wollen beide sich scheiden lassen. Aber durch die Fürsprachen von Celestin und Daisy Parker, daß keine Seitensprünge begangen wurden, versöhnt sich das Paar. Und Daisy Parker wird die siebte Frau des Mustapha Bei.

Aufführung

Das Einheitsbühnenbild ist wenig spektakulär: Es besteht aus einer mehrfach abgestuften Treppenrampe, die zum Hintergrund hin durch einen hintereinander versetzt gestaffelten Vorhang abgeschlossen wird. Aber durch eine geschickt effektvolle Beleuchtung und durch wenige Dekorationsteile, wie glitzernde Showkugeln, Kronleuchter, Palmen, Sofa, Bett oder Stühle, entstehen unterschiedliche Räume wie Wohnung, Schlafzimmer, Hotelfoyer oder eben der Ballraum im Savoy. Die Treppenrampe bietet Auftrittsmöglichkeiten wie die einfache Nutzung als Showtreppe oder Foyer-Treppe. Als Kostüm findet allgemeine Gesellschaftskleidung, für den Ball festliche Abend -Garderobe Verwendung – alles allgemein und zeitlos gehalten. Nur wenige Accessoires (Pfauenfeder im Haar) oder sehr kräftige Farben und gewagte Schnitte der Kostüme haben Bezug zur Dekadenz am Ende der zwanziger Jahre.

Sänger und Orchester

Zugegeben, eine „klassische Operette“ ist es nicht, denn die Abraham-Operetten zeichnen sich eher durch internationalen Jazz, ausgefallene Exotik und einen Rest von Österreich-Ungarisch-Lokalkolorit aus. Wild und ungezähmt ist die Spielfassung, denn es muß erst eine spielbare Partitur aus der „Zentralpartitur“ Abrahams erstellt werden. Das Coburger Landestheater übernimmt die Spielfassung der Komischen Oper Berlin, in der auch die Arrangements von Adam Benzwi, Känguruh-Fox und Niagara-Fox enthalten sind. Die beiden Stücke sind dann auch Höhepunkte, gesungen von der Soubrette Carolin Soyka als Daisy Parker. Diese eigentliche Hauptrolle gestaltet sie in Anlehnung an Lotte Lenya. Musikalisch ist es bewundernswert wie das Philharmonische Orchester mit der Herausforderung zurechtkommt, als Jazz-Big-Band zu agieren. Unter der Leitung von Roland Fister wird es ein heiter schwungvoller Abend, voller mitreißender Melodien. Da ist es schön, abends bummeln zu gehen: Anna Gütter ist die ausdrucksstarke Soubrette, die der Madeleine die passende jugendliche Strahlkraft verleiht: Ebenso Dirk Mestmacher als Ehemann Aristide, der als Spieltenor gesanglich und sprachlich den Mann zwischen zwei Frauen lebhaft gestalten kann. Gabriela Künzler als seine Ex-Geliebte Tangolita ist mit ihrer harten Alt-Stimme (mit Tendenz zum Mezzo) eher eine „rauhe Geliebte“. Erwähnenswert auch Nebendarsteller wie Stephan Ignaz, der aus mehreren Dienerrollen devote Charaktere formt und Benjamin Hübner, der schwungvoll einen Sprechgesangauftritt als Celestin hinlegt – eine Mischung aus feurigem Liebhaber und steifem Advokaten.

Fazit

Ein Abend, der alle Theaterbesucher zufriedenstellt, wird szenisch ohne Regieeinfälle, aber mit der komplexen und aufwendigen Bewegungschoreographie einer großen Revue, sehr ansprechend auf die Bühne gestellt. Die Dekadenz und die Untergangsstimmung am Ende der zwanziger Jahre bleiben allerdings außen vor. Trotz Verstärkung durch Mikro Ports ist es ein musikalisch anregender Abend, der zu Sylvester zweimal ein volles Haus verspricht!

Oliver Hohlbach

Bild: Henning Rosenbusch

Das Bild zeigt: Verwirrung im Separee: Benjamin Hübner (Celestin Formant), Anna Gütter (Madeleine), Stephan Ignaz (Archibald), Dirk Mestmacher (Marquis Aristide) und Gabriele Künzler (La Tangolita)

Veröffentlicht unter Coburg, Landestheater, Opern