Aachen, Stadttheater – LUCIO SILLA

von Wolfgang Amadeus Mozart, Text: von Giovanni de Gamerra, Dramma per musica in drei Akten, UA: 26. Dezember 1772, Mailand
Regie: Ludger Engels, Bühne: Christin Vahl
Dirigent: Marcus R. Bosch, Sinfonieorchester und Opernchor Aachen, Einstudierung: Frank Flade
Solisten: Juhan Tralla (Lucio Silla), Antonia Bourvé (Giunia), Iva Danova (Cecilio), Jana Havranova (Cinna), Eva Bernard (Celia), Louis Kim (Aufidio)
Besuchte Aufführung: 29. März 2009 (Premiere)

Kurzinhalt
aachen-lucio-silla.jpgLucio Silla hat die Macht an sich gerissen und ist Roms Diktator. Den Patrizier Cecilio hat er verbannt und seinen Tod bekannt gemacht, damit er seine Verlobte Giunia heiraten kann. Sie ist die Tochter des ermordeten Gajus Marius, der ein Erzfeind des Diktators war. Die Ehe mit ihr soll seine Macht vor dem Volk festigen. Giunia wehrt sich aber dagegen. Cecilio kehrt heimlich zu ihr zurück und plant zusammen mit seinem Freund Cinna ein Komplott, um Silla zu stürzen. Doch Cecilio wird beim Alleingang gegen den Diktator festgenommen und zu Tode verurteilt. Giunia will daraufhin mit Cecilio zusammen sterben. Silla ruft erneut den Senat und das Volk zusammen. Völlig unerwartet begnadigt er das Paar. Er gibt seiner Schwester Celia Cinna zum Mann und tritt als Herrscher zurück.
Mozart schrieb die Oper mit gerade mal 16 Jahren. In Aachen wird in dieser Spielzeit mit Lucio Silla der vierteilige Zyklus von Mozarts Herrscherdramen geschlossen.
Aufführung
Das Geschehen wurde vom antiken Rom in das 20. Jahrhundert verlagert. Dementsprechend war die Bühne sehr minimalistisch und ganz in Weiß gestaltet. Auf eine weiße Rückwand im hinteren Teil wurden Videoaufnahmen projiziert. Sie betonten die Schreckensherrschaft des Terrorregimes. Am Anfang zeigten sie beispielsweise den toten Gajus Marius blutverschmiert auf einer Toilette. Es wurde dargestellt, daß Silla ihn durch Erpressung in den Selbstmord getrieben hatte. Die Rückwand wurde von den Darstellern aber auch genutzt, um mit bunten Filzstiften ideologische Sprüche (z.B.: RACHE) aufzumalen. Die Kostüme paßten sich der Umgebung an: Anzüge und Kleider in schlichten Farben. Goldene Armbrüste bei den Männerrollen stellten den Bezug zur Antike her.
Sänger und Orchester
Von Beginn an faszinierte Jana Havranova (Cinna). Sie war aus Freiburg, wo sie ebenfalls die Rolle der Cinna sang, für die erkrankte Iva Danova eingesprungen. Sie verlieh ihrer Rolle mit einem sehr klaren und beweglichen Sopran Durchsetzungsvermögen. In der Arie Komm wohin die Liebe einlädt sang sie auch die schwierigen Koloraturen mit Leichtigkeit. Durch ihr Schauspiel betonte sie die freundschaftliche Loyalität zu ihrem Gegenpart, Iva Danova (Cecilio). Deren Sopran war ebenfalls sehr bereichernd und zwar besonders im Zusammenklang mit Antonia Bourvé (Giunia). Im Duett Erwarte mich im Elysium gleichten sich Antonia Bourvés heller und lyrischer Sopran mit dem warmen und dunklen Sopran von Iva Danova aus. Dies hatte die Wirkung, daß die Vertrautheit zwischen beiden so für den Zuschauer spürbar wurde. Sie bildeten ein sehr harmonisches Paar. Gestört wurde diese Harmonie von Juhan Tralla (Lucio Silla), der das komplette Gegenteil verkörperte, nämlich Gewaltbereitschaft. Schauspielerisch setzte er sehr viel Mimik ein, wie etwa weit aufgerissene Augen, die einen besessenen Blick ausstrahlten. Er schubste und würgte Antonia Bourvé (Giunia) um seine Überlegenheit zu demonstrieren und sie zur Ehe mit ihm zu zwingen. Sein metallischer und durchdringender Tenor paßte zum Charakter des Herrschers sehr gut. Das Orchester vollzog die schnellen Tempowechseln unter Marcus R Bosch gut an. Auch die Lautstärke war immer so gewählt, daß das Singen nicht überdeckt wurde. Das Ende der Oper wurde von der Regie anscheinend ironisch interpretiert. Die Darsteller reagierten nämlich auf Juhan Trallas Begnadigung geschockt und ungläubig und nicht mit Freude. Dies stand ein wenig im Widerspruch zum Libretto und stimmte nachdenklich.
Fazit
Die Aufführung bestach durch eine hervorragende musikalische Leistung. Das Ensemble war gesanglich sehr gut aufeinander abgestimmt und auch schauspielerisch konnte das ernste Thema der Oper verständlich vermittelt werden. Ein Abend, der zur Auseinandersetzung anregte.

Melanie Joannidis

Bild: Will van Iersel
Das Bild zeigt: Jana Havranova (Cinna), Eva Bernard (Celia), Louis Kim (Aufidio), Juhan Tralla (Lucio Silla), Iva Danova (Cecilio) und Antonia Bourvé (Giunia), von links nach rechts

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