SAVITRI, ORFEO ED EURIDICE – Coburg, Landestheater

von Gustav Holst (1874-1934), Oper in einem Akt für Soli, Frauenchor und Orchester, eine Episode aus der indischen Mahabharata, UA: 1916, London

Regie, Bühne und Kostüme: Alexandra Szemeredy und Magdolna Parditka, Barock-Choreographie: Mark McClain

Dirigent: Anna-Sophie Brüning, Philharmonisches Orchester, Chor des Landestheater Coburg, Choreinstudierung: Lorenzo Da Rio),Ballett Coburg.

Solisten: Betsy Horne (Savitri), David Zimmer (Satyavan, ihr Mann), Jirǐ Rajniš (Tod)

Orfeo ed Euridice (Orpheus und Eurydike)

von Christoph Willibald Gluck (1714-1787), Oper in drei Akten, Libretto: Pierre-Louis Moline nach Ranieri de’ Calzabigi (deutsche Übertragung von Hans Swarowsky); UA (französische Fassung): 2. August 1774 Paris, Opéra

Solisten: Kora Pavelic (Orfeo), Anna Gütter (Euridice), Julia Jakob (Amor)

Besuchte Aufführung: 18. November 2014 (Premiere in der Bayreuther Stadthalle, in englischer Sprache mit deutschen Übertiteln)

Kurzinhalt

Savitri
Der Tod kommt, um Satyavan zu holen. Ein Jahr nach der Hochzeit mit Savitri ist seine Zeit um. Savitri tritt dem Tod entgegen, beeindruckt gewährt der Tod ihr einen Wunsch. Sie wünscht sich Kinder: „Wie kann ich Söhne haben, wenn mein Mann gestorben ist?“. Der Tod verläßt sie mit leeren Händen. Savitri läßt sich nicht von Maya blenden, Maya versinkt. Zurück bleibt die Liebe zwischen Mann und Frau. (Maya steht in der indischen Mahabharata, für eine Gottheit, für Energien, die uneinig sind, wie Schöpfung & Zerstörung, wie Sommer & Winter.)

Orpheus und Eurydike - Oper von Christoph Willibald Gluck / Regie und Ausstattung: Magdolna Parditka / Alexandra Szemerédy/ ML Anna Sophie Brüning/ Premiere: 22. Juni 2014/ Landestheater CoburgOrfeo ed Euridice
Euridice, die Gattin des sagenumwobenen Sängers Orfeo, stirbt. Amor gestattet ihm, zu seiner Geliebten in die Unterwelt zu steigen – allerdings unter der Bedingung, diese auf dem Rückweg nicht anzusehen oder dieses Verbot zu erklären. Euridice bedrängt Orfeo ob seiner Lieblosigkeit. Als er sich ihr schließlich zuwendet, stirbt sie. Verzweifelt will er ihr in den Tod folgen, aber Amor bringt die Liebenden wieder zusammen.

Aufführung
Ein spartanisch bestücktes Bühnenbild für die beiden ineinander übergehenden Opern (Pause nach dem 1. Akt Orfeo) ermöglicht den einfachen Transport zu den Gastspielorten des Coburger Landestheaters. (Ein anderes Konzept wäre in der spärlich bühnentechnisch ausgestatteten Stadthalle Bayreuth nicht durchführbar gewesen.)
Ein Vorhang quer über die Mitte der Bühne gezogen, trennt immer wieder den Hintergrund ab, ermöglicht Umbauten, verkürzt die Spielfläche. Im Hintergrund laufen eine weiße und eine schwarze Wand in einem stumpfen Winkel aufeinander zu. An der Schnittlinie schließt eine Tür wechselweise die beiden Öffnungen in den Wänden. Vor der weißen Wand ist der Boden schwarz gefärbt, vor der schwarzen Wand ist der Boden weiß. Ein Wald aus Türen bildet Zugänge, liegende Türen sind Gräber. Die Hochzeitsgesellschaft, die gleichzeitig eine Trauergemeinde ist, trägt heutige, schwarze Anzüge bzw. Kleider mit weißem Hemd oder Bluse. In der Unterwelt sind es „gruselige Leichen“. Amor ist ein Zwitterwesen, halb Mann halb Frau.

Sänger und Orchester
Üppig ist das Orchester zunächst nicht besetzt: Zwölf Instrumente, bestehend aus zwei Flöten, Englischhorn, neun Streicher (Geige bis Kontrabaß). Unter der Leitung von Anna-Sophie Brüning werden die Klangwelten von Gustav Holst ausgerollt, die hier ein wenig an Peter Grimes von Britten erinnern. Unterstützt lediglich vom Frauenchor dominieren drei Solisten das Orchester: Jiri Rajniš als Tod hat mit seinem großen A-cappella-Auftritt zu Beginn die Hauptrolle an sich gerissen, sie wird am Ende, nach dem Orfeo, wiederholt. Diese Todesdrohung gestaltet er mit klarer Stimme, eine machtvolle düstere Drohung mit Ausflügen in die tieferen Lagen. Betsy Horne singt wie immer ausdrucksstark und wortverständlich, verfügt über viel Volumen in den dramatischen Ausbrüchen, kann auch verständnisvoll in den lyrischen Passagen leuchten. Ihre Rolle der  Savitri als geschickte Gegenspielerin des Todes beherrscht das Stück, genauso wie David Zimmer als ihr Mann Satyavan, der ein schmissiger Tenor für die „Nebenrolle des Ehemannes“ ist.

Für Orfeo ed Euridice muß man, wie Anna-Sophie Brüning andeutet, wesentlich stringenter vorgehen, die Klangwelten Glucks folgen der klaren barocken Musiksprache. Sie schlägt einen transparenten schlanken Klang an, der Trauerfall wird deutlich. Eine barocke Pracht wird sich aber nicht entfalten.  In der Wiener Fassung hat Gluck die Rolle des Orfeo für den Alt-Kastraten Gaetano Guadagni vorgesehen. Heutzutage ist es üblich, die Rolle mit einer Altistin, einem Mezzo mit Tiefe, oder einem Countertenor zu besetzen. Kora Pavelic verfügt, mit ihrem leichten Mezzosopran, über das nötige „männliche“, samtig herbe Klangbild für diese Rolle. Anna Gütter ist die ausdrucksstarke Soubrette, die die kafkaesken und verzweifelten Momente der Euridice auch sängerisch darstellen kann. Julia Jakob ist ein Kindersopran und war bisher dem Kinderchor des Landestheaters verbunden. Das führt zu einer ungewöhnlichen, nichtsdestoweniger interessanten Gestaltung der beiden Arien des Amor. Sie hat vom Tonumfang das stimmliche Potential, die Gesangstechnik wird sich noch entwickeln.

Fazit
Der Abend überzeugt dadurch, daß beide Stücke nahtlos ineinander übergehen, nahtlos von einer Hochzeits- zu einer Trauerfeier wechseln, eigentlich eine Endlosschleife bilden – der Tod erscheint am Ende wieder. Nur die mythologischen Hintergründe (was ist Maya?) lassen sich nicht darstellen, sind dafür aber im Programmheft ausführlich erläutert. Auch wenn der musikalische Übergang zwischen Holst und Gluck naturgemäß hart ausfällt, ist dies eine spartanische Produktion, die – emotional eng gewoben auf die Bühne gebracht – für das sich das (man muß hinzufügen: wie immer spärlich erschienene) Publikum am Schluß mit euphorischem Beifall bedankt, zu Recht.

Oliver Hohlbach

Bild: Andrea Kremper

Das Bild zeigt: Anna Gütter (Euridice)

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