Mannheim, Nationaltheater – ARIADNE AUF NAXOS

Von Richard Strauß (1864-1949), Oper in einem Aufzug nebst einem Vorspiel, Libretto: Hugo von Hoffmannsthal, UA: erste Fassung: 25. Oktober 1912, Hoftheater Stuttgart, zweite Fassung: 4. Oktober 1916, Hofoper Wien;
Dirigent: Alexander Kalajdzic, Orchester des Nationaltheaters Mannheim; Regie: Monique Wagemakers; Bühne: Thomas Rupert; Kostüme: Rien Bekkers, Licht: Bernard Häusermann
Solisten: Romanus Fuhrmann (Haushofmeister), Thomas Berau (Musiklehrer), Marie-Belle Sandis (Komponist), István Kovácsházi (Tenor/Bacchus), Florian Richter (Offizier), Uwe Eikötter (Tanzmeister), Koichiro Tani (Perückenmacher), Nikola Diskić (Lakai), Antje Bitterlich (Zerbinetta), Caroline Whisnant (Primadonna/Ariadne), Lars Møller (Harlekin), Christoph Wittmann (Scaramuccio), Martin Busen (Truffaldin), Hans Jürgen Schöpflin (Brighella), Iris Kupke (Najade), Anne-Theresa Albrecht (Dryade), Hannah Zitzmann (Echo)
Besuchte Aufführung: 14. Februar 2009 (Premiere, zweite Fassung)

Kurzinhalt
mannheim-ariadne.jpgIm Haus des reichsten Mannes von Wien soll ein Opernabend stattfinden. Auf dem Programm steht das Trauerspiel Ariadne auf Naxos. Die Vorfreude des Komponisten wird jedoch durch das Auftreten einer Komödiantentruppe gestört, bestehend aus Zerbinetta und ihren vier Begleitern. Diese werden nach der Oper Ariadne ein heiteres Nachspiel geben. Auf Anweisung des Haushofmeisters sollen zur Zeitersparnis einige Minuten vor Beginn die Stücke nicht nacheinander, sondern gleichzeitig aufgeführt werden.
So wird im zweiten Teil, also der eigentlichen Oper, die um Theseus klagende Ariadne immer wieder vergeblich von Personen aus der Commedia dell’arte aufgeheitert, unter anderem von Harlekin und Zerbinetta. Am Ende der Oper landet Gott Bacchus auf der Insel, soeben aus den Fängen der Zauberin Circe entflohen. Ariadne hält ihn für den Todesgott und verläßt gemeinsam mit ihm die Insel.
Aufführung
Das Haus des reichsten Mannes von Wien ist eine graue Betonarchitektur mit Überwachungskameras und einem Bildschirm, über welchen der Haushofmeister seine Anweisungen erteilt. Zerbinettas vier Begleiter erscheinen in Trainingsanzug und Rockerkleidung, während der Sänger des Bacchus im Bademantel orientierungslos und schlaftrunken auf der Bühne umherirrt, empört darüber, daß der Perückenmacher es wagt, ihm einen Schutzhelm als Bacchuskopf aufsetzen zu wollen. Die wüste Insel im zweiten Teil besteht aus einer Palme, die in blauem Neonlicht erstrahlt, umgeben von zwei Liegestühlen, die auf ausgestreutem Sand stehen. Im Hintergrund ist das Meer als Videoanimation zu sehen, vor welchem die Dienerinnen Ariadnes ihren Wellness-Urlaub verbringen. Insbesondere wegen der durchsichtigen aufblasbaren Liegestühle und der grellen Strandbekleidung wirkt die Szene eher an einem Viva-Girl-Group-Video angelehnt als am Ariadne-Libretto. In der Szene Es gilt, ob Tanzen, ob Singen tauge umwerben die vier Begleiter Ariadne, indem sie sich mehr und mehr entblößen. Sind wir auf Mallorca? Und gegen Opernende landet Bacchus nicht als Todesbote mit einem Schiff, sondern hat sich mit einem Fallschirm im Baum verfangen. Die ersten Minuten seines Auftritts verbringt er also damit, den Fallschirm zu sich nach unten zu holen. Zum Schluß läßt Ariadne diesen neuen Liebhaber dann allein auf der Bühne zurück.
Sänger und Orchester
Das Orchester des Nationaltheaters unter Alexander Kalajdzic musizierte einen fein differenzierten Richard Strauss und bewies sich als äußerst anpassungsfähig im Wechselspiel von tragischem und burleskem Musizierspiel. Marie-Belle Sandis (Komponist) beeindruckte in ihrer Hosenrolle des unerfahrenen Eleven mit ihrer knabenhaft-frischen Stimme. Auch Antje Bitterlich als Zerbinetta, die virtuoseste Rolle der Oper, vermittelte technisch einwandfrei mit ihrem klaren schlanken Sopran das kokett-spielerische Element. Caroline Whisnant schien dagegen in ihrer Rolle als Ariadne phasenweise stimmlich überfordert: in den tiefen Lagen sang sie dunkel und kräftig, ihre Spitzentöne klangen jedoch gepreßt und äußerst nasal.
Fazit
Musikalisch war der Abend dank der stark besetzten Rollen des Komponisten und der Zerbinetta ein Genuß. Die Inszenierung allerdings schien sich an vielen Stellen mehr der Pflege zeitgenössischer (Video)-Kunst zu widmen als der Oper Ariadne auf Naxos. Zwar werden aktuelle Klischees mit einem Augenzwinkern in Szene gesetzt, entstellen aber, z.B. der Auftritt des Bacchus, die Botschaft der Oper vollständig.. Akustisch gesehen hat das Bühnenbild Vorzeigecharakter: auch wenn die Sänger mit dem Rücken zum Publikum stehen, entstehen klanglich keinerlei Verluste. Da dem Programmheft kein Wort über Idee und Konzept hinsichtlich der Regieabsichten zu entnehmen war, kann man die vereinzelten, aber unmißverständlichen Buh-Rufe nachvollziehen.

Daniel Rilling

Bild: Hans-Jürgen Michel
Das Bild zeigt eine schon fast verklärte Ariadne (Caroline Whisnant),
während Bacchus(István Kovácsházi) im Hintergrund mit einem Fallschirm zu kämpfen hat.

Veröffentlicht unter Mannheim, Nationaltheater, Opern