ARIODANTE – Aachen, Stadttheater

von Georg Friedrich Händel (1685-1759), Dramma per musica in drei Akten, Libretto: Anonymus nach Antonio Salvi und Lucovico Ariostos Orlando Furioso. UA: 1735 London, Covent Garden Theatre

Regie: Jarg Pataki, Bühne: Anna Börnsen, Kostüme: Sandra Münchow

Dirigent: Peter Halász und das Sinfonieorchester Aachen

Solisten: Pawel Lawreszuk (König von Schottland), Violetta Radomirska (Ariodante), Katharina Hagopian (Ginevra), Patricio Arroyo (Lurcanio), Sanja Radisić (Polinesso), Jelena Rakić (Dalinda)

Besuchte Aufführung: 3. Februar 2013 (Premiere)

Kurzinhalt

Ginevra, die Tochter des Königs von Schottland, ist in Ariodante verliebt. Polinesso spielt Ariodante eine Intrige vor, um ihn und Ginevra auseinanderzubringen. Ariodante glaubt daraufhin, Ginevra sei in Polinesso verliebt und versucht sich umzubringen. Lurcanio verkündet am Hof den Tod Ariodantes und beschuldigt Ginevra der Untreue. Der König verstößt Ginevra. Doch Dalinda, die von Polinesso in die Täuschung verwickelt wurde, findet Ariodante lebend und überzeugt ihn, daß Ginevra ihm treu ist. Währenddessen tötet Lurcanio Polinesso im Kampf. Ariodante kehrt an den Hof zurück und überzeugt den König von Dalindas und Ginevras Unschuld. Gemeinsam befreien sie Ginevra aus dem Gefängnis und feiern ihre Liebe.

Aufführung

Die Bühne zeigt einen Garten: Aus dem Steinboden ragen Blumenattrappen, an den Seiten sind Mauern aufgemalt, ein Baum wächst schräg aus der linken Mauer und die hintere Wand ist mit Blattmotiven tapeziert. An der Seite steht eine Holzkommode, auf die die Sänger gelegentlich klettern. Auch die Kostüme haben botanische Elemente. Sowohl die Anzüge der Herren, als auch die barocken Kleider der Damen sind mit Palmen- und Blätterprints verziert und in dunklen Oliv- und Blautönen gehalten. Im zweiten Akt bedeckt eine durchsichtige Plane die gesamte Bühne und deutet das Meer an. Am Ende wird eine Art Karikatur über den Pomp des Barock gezeichnet: die Darsteller erscheinen mit grell geschminkten Gesichtern, laufen als Brautpaare verkleidet über einen roten Teppich während pinkfarbene Luftballons in der Luft schweben. Im Hintergrund werden Bilder von chinesischen Kindern aufgestellt, darüber ist der Spruch „Zukunft wählen“ zu lesen.

Sänger und Orchester

Fast durchgehend hält Peter Halász das Orchester während der Ouvertüre und im weiteren Verlauf im Mezzoforte und nimmt die Lautstärke in den Violinen bei der Sängerbegleitung weiter so zurück, daß der Gesang nicht übertönt wird. Im ersten Akt sticht Katharina Hagopians (Ginevra) warmer, inbrünstiger Sopran hervor. In den Höhen intoniert sie mit viel Druck, aber nicht forciert. Leider überschattet das Vibrato ihrer Stimme die Triller. Diese gelingen Jelena Rakic (Dalinda) dafür umso besser. In der Arie Apri le luciÖffne die Augen singt sie die Triller so flink und sauber artikuliert, daß es an Vogelzwitschern erinnert. Dabei läßt sie ihren schlanken Sopran in den Höhen anmutig glänzen, ohne dabei zu viel Druck zu erzeugen. Ein Gegengewicht dazu schafft Sanja Radisić (Polinesso). In den Triolen der Arie Se l’inganno sortisce feliceSollte ich in dieser Täuschung Glück haben gibt sie ihrer Mezzosopran-Stimme im Vibrato energischen Schwung und wechselt bei den tiefen Tönen in die Bruststimme, wodurch sie das Gefühl des Hasses noch stärker hervorhebt. Die größte Überraschung ist allerdings Violetta Radomirska (Ariodante). Sie singt mit einer klaren, weich schmelzenden Sopranstimme. Den Höhepunkt ihres Könnens zeigt sie im zweiten Akt in der Arie Scherza infida – Ergötze dich Untreue. Sehr sanft haucht sie die hohen Töne im sotto voce pianissimo, was sich wie Schluchzer anhört, während sie zusammengekauert am Boden liegt. Von den Männern zeigt Patricio Arroyo (Lurcanio) die beste Leistung. Er singt die Liebesarie Del mio sol vezzosi raiVon meiner Seite die Strahlen der Sonne im ersten Akt mit seinem lyrischen Tenor sehr sanft und legato. In der Höhe klingt er sehr zerbrechlich und läßt seinen hellen Tenor schimmern. Pawel Lawreszuks (König) knarrender Bariton klingt dagegen zu wenig differenziert, da er durchweg im Mezzoforte singt. Erst im dritten Akt gelingt es ihm leiser zu singen und dadurch die Sanftmütigkeit seiner Rolle hervorzuheben.

Fazit

Bühnenbild und Kostüme wirken stimmig, da sie authentisch die Zeit des Barock vermitteln. Abgesehen von kleinen Irritationen im letzten Akt, wie dem Plakat mit der Aufschrift „Zukunft wählen“, ist die Inszenierung auf das Können der Sänger konzentriert. Und dieses ist absolut hervorragend. Allen voran Violetta Radomirska, die der Publikumsliebling des Abends war. Sie sorgt für einen abwechslungsreichen Abend. Sehens- und hörenswert!

Melanie Joannidis

Bild: Will van Iersel

Das Bild zeigt: Katharina Hagopian (Ginevra) in grünem Kleid, Violetta Radomirska (Ariodante)

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