GÖTTERDÄMMERUNG – Ludwigshafen, Theater im Pfalzbau

von Richard Wagner (1813–1883), Dritter Tag des Bühnenfestspiels Der Ring des Nibelungen in drei Aufzügen und einem Prolog, Text vom Komponisten, UA: 17. August 1876 Bayreuth, Festspielhaus

Regie/Bühne/Kostüme: Hansgünther Heyme

Dirigent: Karl-Heinz Steffens, Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, Chor des Theaters Halle, Choreinstudierung: Jens Petereit

Solisten: Andreas Schager (Siegfried), Gerd Vogel (Gunther), Christoph Stegemann (Hagen), Lisa Livingston (Brünnhilde), Gerd Vogel (Alberich), Anke Berndt (Gutrune), Gundula Hintz (Waltraute) u.a.

Besuchte Aufführung: 30. November 2012 (Premiere)

Kurzinhalt

Für Siegfried besitzt der von Alberich verfluchte Ring des Nibelungen ewige Macht. Auch Hagen, Halbbruder des Fürsten Gunther, möchte den Ring besitzen. Als es Siegfried an den Rhein zu Gunther verschlägt, verliert er unter dem Einfluß eines Zaubertranks jede Erinnerung an Brünnhilde, begehrt Gutrune und verspricht Gunther Brünnhilde zur Frau. Haßerfüllt wendet sich Brünnhilde gegen Siegfried und berichtet, daß sie quasi vermählt seien. Für seinen Betrug an Gunther tötet Hagen auf der Jagd Siegfried, doch Brünnhilde stürzt sich mit dem Ring in den für den Toten brennenden Scheiterhaufen. Die Flammen erfassen Walhall, die Götterdämmerung bricht an: Der Ring versinkt im Rhein und die Welt ist erlöst vom Fluch.

Aufführung

Auch in der Götterdämmerung gibt es ein Wiedersehen mit dem Einheitsbühnenbild der übrigen Ringteile. Die drei Rheintöchter sind gealtert, haben sich überlebt wie die Nornen, die Ihre Seile zwischen den Götterfiguren spinnen bis es hörbar reißt. Der Zwischenvorhang Vorhang der Hoffnung (nach Ernst Bloch) hat einzelne Wörter verloren, der Untergang zeichnet sich ab. Dieser Zwischenvorhang trennt Brünnhildes Höhle ab (Brecht-Gardine für Vorder- und Hintergrund). Die Gibichungenhalle besteht aus zwei großen Podien für den Chor, auf der linken Seite hängen die Fahnen der verehrten Götter. Die Gibichungen sind eine farbenfrohe Soldateska mit Mao-Mütze, die Damen tragen schwarze Umhänge über brauner Uniform. Die Kostüme der Hauptdarsteller entstammen einem Wettbewerb und sollen ihren Charakter widerspiegeln. Nach dem etwas spartanischen Weltuntergang, dreht sich das Bühnenbild um 180° (man sieht den Aufbau des Bühnenbildes) und die überlebenden Gibichungen applaudieren ins Publikum.

Sänger und Orchester

Andreas Schager dominiert das Sängerensemble mit seinem Rollendebüt als Siegfried. Er hat sich vom Operettentenor zum Heldentenor weiterentwickelt. Die Heil-Brünnhild-Rufe kann er mit baritonalem Klang voll aussingen. Die Waldvogel-Erzählung des sterbenden Siegfrieds gelingt ihm mit tenoralem Schmelz in jedem einzelnen hohen Ton. Damit verfügt er über deutlich mehr stimmliche Mittel als Lisa Livingston. Zwar ist sie mit ihrem hochdramatischen Sopran eine überzeugende Brünnhilde, jedoch detoniert ihr heftiges Tremolo bei den Heil-Rufen im Prolog, was nicht ohne heftiges Forcieren abgeht. Gundula Hintz gelingt hingegen eine herzzerreißende Waltraute: Mit ihrem großen Ton-Umfang folgt sie exakt der Gesangslinie und ermöglicht so die Verzweiflung fühlbar zu machen. Auch Anke Berndt gelingt ähnliches: Sie wertet mit ihrer hellen klaren Stimme die Gutrune von der jugendlichen Naiven zum Charakter auf, Gutrune wird zur echten Gegenspielerin der Brünnhilde. Gerd Vogel in der Doppelrolle des Alberich und des Gunther ist leider indisponiert, kann jedoch am Anfang mit schönen wohlklingenden baritonalem Timbre faszinieren, ehe ihm die Kraft für die höheren Töne ausgeht. Christoph Stegemann verleiht dem Hagen mit seiner solidem Baß entsprechendes Auftreten, wenn ihm auch ein wenig die Durchschlagskraft fehlt und er über weite Passagen zu leise ist. Der Chor aus Halle besticht durch transparentes Klangbild, auch wenn im Premierenfieber das Zusammenspiel mit dem Orchester manchmal hakte. Karl-Heinz Steffens führt die Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz ohne Probleme durch die Untiefen der Götterdämmerung. Die symphonischen Zwischenstücke wie Siegfrieds Rheinfahrt werden monumental breit mit viel Leidenschaft zelebriert. Manchmal ist das gewählte Tempo aber doch sehr breit, so daß die Spannung irgendwie versandet und das Finale weder Botschaft noch Hoffnung birgt.

Fazit

Der Ring in Ludwigshafen/Halle hat sich geschlossen, reiht sich mit der bühnenwirksamen Wucht seiner allgemeinverständlichen Schlichtheit in das Ring-Gesamtkonzept von Hansgünther Heyme ein. Mit geringen Mitteln und einer pointierten Personenführung stellt er am Schluß direkt dem Zuschauer die Frage, ob dieser Untergang wirklich ein Untergang war und ob somit überhaupt Hoffnung auf einen Neuanfang nötig bzw. möglich ist. Das Publikum reagiert zunächst spartanisch (fast 5 Stunden Oper sind in Ludwigshafen etwas ungewohnt), feiert dann aber alle Protagonisten fast euphorisch – und den ersten Ring in Ludwigshafen.

Oliver Hohlbach

Bild: Gert Kiermeyer

Das Bild zeigt: Lisa Livingston (Brünnhilde), Andreas Schager (Siegfried)

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