SALZBURGER FESTSPIELE – HERZOG BLAUBARTS BURG

von Bela Bartók (1881-1945); Oper in einem Akt; Dichtung von Bela Balász; Uraufführung: 24. Mai 1918 in Budapest.
Regie: Johan Simons, Bühnenbild: Daniel Richter und Kostüme: Greta Goris
Dirigent: Peter Eötvös, Wiener Philharmoniker, Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor.
Solisten: Falk Struckmann (Blaubart), Michelle deYoung (Judith), André Jung (Barde)
Besuchte Aufführung 14. August 2008 (Premiere: 6. August 2008)

Kurzinhalt
blaubart.jpgHerzog Blaubart hat Judith geheiratet. Sie begehrt zu wissen, was hinter den Türen seiner Burg verborgen ist. Widerwillig öffnet er sie, um ihr seine Folterkammer, seine Waffenkammer, seine Schatzkammer, seinen Zaubergarten und sein Weites Land zu zeigen. Schließlich zeigt er ihr den Tränensee und die Kammer, in der sich seine drei früheren Frauen als Erinnerungen befinden. Judith gesellt sich zu ihnen; die Tür wird verschlossen, und Blaubart versinkt wieder in sein nächtliches Dunkel.
Aufführung
Der Regisseur Johan Simons hat Bartóks einzige Oper nicht, wie üblich, mit einem weiteren Musiktheaterstück gekoppelt, sondern mit zwei Werken Bartóks: den vor dem geschlossenen Vorhang gespielten Vier Orchesterstücken op. 12 und der Cantata profana, einem bedeutenden Werk für Chor, Orchester und Solisten, das die Verwandlung von neun Söhnen eines Jägers in Hirsche schildert.

Der Maler Daniel Richter schuf für die Kantate einen assoziativen, betont malerischen Bühnenraum: mit einem orangenen Baum, Hochhäusern und gruseligen Figuren. Die Oper findet auf der leeren Bühne vor einem geschmackvollen schwarzgrauen Baumgeäst statt. Der krieggeschädigte Blaubart sitzt im Rollstuhl, Judith ist seine Krankenschwester. Das zunächst absurd anmutende Konzept geht auf, denn die beiden Sänger zeigen ein rätselhaftes psychologisches Drama als archetypischen, also nicht historisch zu bebildernden Konflikt von Mann und Frau, in dem es keine „Erlösung“ mehr geben kann.
Sänger
Mit Falk Struckmann und Michelle DeYoung (und dem Barden des André Jung, der den sonst immer gestrichenen Prolog wunderbar maniriert sprach), hatte man zwei erstklassig artikulierende und agierende Sänger-Schauspieler gewonnen. Auch die Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor muß genannt werden, die die schwierige Cantata profana glänzend bewältigten.
Peter Eötvös ist z. Zt. einer der Bartók-Dirigenten: seine glutvolle wie differenzierte Interpretation der drei denkbar unterschiedlichen Werke war vom ersten, noch Debussy verpflichteten Ton über die rein bartóksche Kantate zur berühmten C-Dur-Akkordfolge der Fünften Türöffnung, schlichtweg beglückend.
Fazit
Ein origineller Opernabend, der drei gattungsmäßig und inhaltlich nicht wirklich zusammengehörende Werke (sieht man von den thematischen Ähnlichkeiten zwischen den Orchesterstücken und der Oper ab) glücklich koppelte, weil die Konzentration auf den dramatischen Ausdruck niemals durch Regie-Spielereien gestört wurde.

Dr. Frank Piontek

Bild: Monika Rittershaus

Das Bild zeigt Falk Struckmann (Blaubart) und Michelle DeYoung (Judith)

Veröffentlicht unter Opern, Salzburger Festspiele