Halle Händelfestspiele, Konzerthalle Ulrichskirche, SAMSON

von G. F. Händel, Oratorium in drei Akten (Fassung nach der Erstaufführung): U.A. 1743
Libretto: Newburgh Hamilton nach Samson Agonistes (1671) von John Milton
Dirigent: Nicholas McGegan, Festspiel Orchester Göttingen (auf historischen Instrumenten), NDR-Chor
Einstudierung: Ralf Popken
Solisten: Thomas Cooley, Tenor (Samson)
Sophie Daneman, Sopran (Dalila), Franziska Gottwald, Alt (Micah), William Berger, Baß (Manoa), Wolf Matthias Friedrich, Baß (Harapha), Michael Slattery, Tenor (philistine man, israelitish man), Sophie Daneman (philistine woman, israelitish women)
Besuchte Aufführung: 8. Juni 2008

Kurzinhalt
Dem Oratorium wird die biblische Geschichte von Samsons Liebe zur verräterischen Dalila zugrunde. (Buch der Richter 16,23-31). Dalila entlockt Samson das Geheimnis seiner Stärke, so daß ihre Soldaten ihn überwältigen können. Samson ist nun Gefangener der Philister, die ihn blenden. Gott gegenüber fühlt er sich schuldig. Da kommt der Philister Harapha zu Samson und verspottet dessen Gott und fordert Samson zum Zweikampf. Samson besiegt aber den Philister. Manoa will parallel dazu seinen Sohn befreien. Während die Philister feiern, bringt ein Bote die Nachricht nicht nur von deren Vernichtung des Tempels und der Festgesellschaft, sondern auch von Samsons Tod. Mit einer mehrteiligen Totenklage wird Samsons Tod betrauert. Doch sein Vater ruft am Ende des Oratoriums zu deren Ende auf. Da Samson heldenhaft gestorben ist, hat er ewigen Ruhm verdient, worauf die Israeliten einen großen Jubelchor zum Lob ihres Gottes anstimmen.
Aufführung
Diese Aufführung war in mehrfacher Hinsicht ein ganz besonderes Musikereignis.
Zum ersten Mal wurde bei den diesjährigen Händelfestspielen die Uraufführung des Oratoriums von 1743 wiederholt mit den Kürzungen, die Händel selbst für die folgenden Wiederaufnahmen vornahm. Ein besonderer Reiz dieses Oratoriums besteht darin, daß Händel sich vom Da-Capo-Schema löste und Chöre an die Stelle der Wiederholung treten.
Er komponierte Samson kurz nach der Vollendung des Messias. Das Oratorium wurde zu einem seiner beliebtesten Werke, u.a. aufgrund der emotionalen Musik der Chöre. Für die Premiere des Samson stand Händel ein erstklassiges Sängerensemble zur Verfügung. Genau das alles konnte der Zuhörer in der Konzerthalle der Ulrichskirche in Halle auch finden. Der NDR-Chor sang, teilweise in Männer- und Frauenchor getrennt, höchst einfühlsam im Ausdruck der dramatischen Tragik, in der Lautstärke deutlich differenzierend und als Höhepunkt klangvoller Klagegesänge den äußerst ergreifenden Schlußchor. Trotz vieler Chorstellen ist Samson jedoch kein eigentliches Chordrama, Arien und Rezitative stehen im Vordergrund. Nicholas McGegan schaffte es mit freundlicher Gelassenheit zu dirigieren und das Festspielorchester Göttingen, mit dem er seit zwei Jahren arbeitet, war für die dreieinhalbstündige Aufführung stets präsent und konzentriert. Alle Instrumentengruppen konnten die die Stimmung charakterisierenden Effekte des Oratoriums, wie zum Beispiel den Schall der Engelschöre, den dahingaloppierenden Donner, den sich entfesselnden Groll des Sturms, das Anhalten des Atems vor Schreck über die Todesbotschaft Samsons eindrucksvoll verdeutlichen.
Allen Solisten gelang es gleichermaßen gut und ganz entsprechend Händels Vorstellung, den Charakteren des musikalischen Dramas Leben zu verleihen. Sie gestalteten perfekte Übergänge zu den Chorstücken. Thomas Cooley (Samson) sang mit gut abgesetztem Fortissimo und Pianissimo eindrucksvoll klagend und Sophie Daneman – als Dalila mit einer Boa um den Hals zur Kennzeichnung ihrer verführerischen Weiblichkeit – mit einem reinintonierten Sopran, intensivem Piano und leichter Höhe.
Franziska Gottwald hat einen Alt mit außergewöhnlich klangvoll-dunkler Tiefe. Damit verkörperte sie Micah als klugen und reflektierenden Ratgeber Samsons.
William Berger verlieh Manoa mit seinem voll klingenden Baß glaubwürdig sorgenvolle Vaterliebe. Trauervoller Höhepunkt dazu war die emotionsgeladene Interpretation der Arie im 3. Akt how willing my paternal love – wie willig trägt mein Vaterherz, die einen geradezu verzaubern konnte. Diese Arie fehlt in den gekürzten Aufführungen des Oratoriums.
Wolf Matthias Friedrich sang die prahlenden Koloraturen des Harapha leicht, wunderbar deutlich, und zeigte nicht nur musikalisch, sondern auch mimisch, daß der Philister nicht wirklich gefährlich sein konnte, indem er über seine Lesebrille hinweg ins Publikum lächelte.
Das Publikum dankte allen in großer Begeisterung mit nicht enden wollenden Beifallsstürmen.
Carola  Jakubowski

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