LE NOZZE DI FIGARO – FIGAROS HOCHZEIT – Aachen, Stadttheater

von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) Commedia per musica (Opera buffa)  in vier Akten, Libretto: Lorenzo da Ponte nach Beaumarchais UA: 1. Mai 1786 Wien, Burgtheater

Regie: Michael Helle,  Bühne und Kostüme: Dieter Klaß

Dirigent: Marcus R. Bosch, Aachener Sinfonieorchester und Opernchor Aachen

Solisten: Hrólfur Saemundsson (Graf Almaviva), Katharina Hagopian (Gräfin Almaviva), Astrid Pyttlik (Cherubino), Shadi Torbey (Figaro), Jelena Rakic (Susanna), Corinnal Heller (Marcellina), Pawel Lawreszuk (Bartolo), Patricio Arroyo (Basilio), Katrin Stösel (Barbarina)

Besuchte Aufführung: 04. Dezember 2011 (Premiere)

Kurzinhalt

Die Hochzeit seines Dieners Figaro mit der Kammerzofe Susanna will Graf Almaviva unbedingt verhindern, denn Susanna soll seine Liebhaberin werden. Figaro plant den Grafen auszutricksen. Die betrogene Gräfin hilft dem Brautpaar dabei. Sie soll mit Susanna die Kleider tauschen und zu einem geheimen Treffen erscheinen, um den Grafen auf frischer Tat zu ertappen. Doch Figaro verstrickt sich so sehr in Lügen, dass der Plan zu scheitern droht. Also nehmen die Frauen die Sache selber in die Hand. Susanna steckt dem Grafen einen Brief mit dem Ort ihres Treffens zu. Figaro glaubt daraufhin, Susanna sei ihm tatsächlich untreu. Als Gräfin verkleidet führt sie ihm vor Augen, dass seine Eifersucht unbegründet ist. Die verkleidete Gräfin überführt ihren Ehemann der Untreue. Dieser ist nun endlich einsichtig.

Aufführung

Die Inszenierung fokussiert von Anfang an die Handlung sehr stark. Schlicht sind dagegen Bühne und Kostüme. Die Bühne zeigt das Innere eines verschachtelten Raums zu dem mehrere weiße Türen führen. Während der Ouvertüre sitzen die Darsteller auf Kiefernholzstühlen wie eine große Familie zusammen und warten bewegungslos auf ihren Auftritt – das deutet schon die enge Bindung zwischen Bediensteten und Graf bzw. Gräfin an, die später noch mehr in den Vordergrund gerückt wird. Die Kammerdienerinnen tragen einheitlich schwarze Kleider mit Schürzen, dazu hellblonde Perücken, die männliche Dienerschaft schwarze Anzüge. Die reduzierte Ausstattung lässt somit fiel Raum für die schauspielerische Darbietung, bei der die weibliche Diplomatie auf männlichen Jähzorn trifft – ein Kampf der Geschlechter, den die Frauen für sich entscheiden.

Sänger und Orchester

Marcus R. Bosch dirigiert das Orchester während der Ouvertüre mit sehr schnellem Tempo und treibt die sforzando dabei auf die Spitze. Es entsteht ein sehr schwungvoller Klangcharakter, der gut zur opera buffa passt. Die Anfangsarie des Figaro Se vuol ballare signor Contino wird von Shadi Torbeys (Figaro) reinem, dunkel gefärbten Bariton sehr lebendig dargestellt: Er klingt sowohl in den Höhen als auch in den Tiefen immer sicher. Dabei sorgt sein akzentuiertes Schauspiel dafür, dass man ihm jede einzelne Emotion am Gesicht ablesen kann. Seine weibliche Partnerin, Jelena Rakic (Susanna), ist in ihrem Schauspiel eben so vital: kokettierende Gesten für die Männer und ein aufmunterndes Lächeln für ihre Gräfin zeichnen sie aus. Durch ihren glockenklaren, leichten Sopran ergänzt sie sich sehr gut mit dem Bariton. Sehr viel schwerer und dunkler klingt Katharina Hagopians (Gräfin) Sopran. Er verleiht der Herrscherin eine tiefgründige Trauer über die Untreue ihres Mannes. Dies hebt sie besonders im dritten Akt in der Arie Dove sono i bei momenti hervor. Erwähnenswert ist ebenfalls Hrólfur Saemundssons (Graf) Darbietung. Sein herrischer, metallischer Bariton eignet sich für die Darbietung eines eifersüchtigen Grafen ausgenommen gut. Er bekommt Tobsuchtsanfälle, schlägt dabei Türen auf der Bühne ein und packt seine Frau hart am Arm. Dass er selber aber kein Unschuldiger ist, zeigt die Darbietung des Chors: als Susanna-Kopien laufen die Sängerinnen mit schwangeren Bäuchen über die Bühne und singen sehr lieblich die Chorpartie Giovani liete fiori spargete im ersten Akt. Das wirkt doch sehr ironisch und sorgt für einige Lacher im Saal. Die größte Überraschung unter den Sopranistinnen ist Astrid Pyttlik (Cherubino). In der sogenannten „Hosenrolle“ brilliert sie mit einer klaren Sopranstimme, die ein warmes Timbre hat und dabei technisch sehr versiert ausgeführt wird. Die Arie Coi che sapete im zweiten Akt setzt sie hervorragend um: die schnellen Wechsel von Höhen und Tiefen zeigen wie anpassungsfähig ihre Stimme ist. Beim Publikum entwickelt sie sich zum Liebling des Abends.

Fazit

Der Abend ist unterhaltsam inszeniert, das Ensemble perfekt aufeinander eingestimmt und die musikalische Darbietung auf höchstem Niveau: dies ist eine hervorragende Interpretation von Mozarts Oper! In Erinnerung bleibt besonders Astrid Pyttliks wundervoller Gesang. Das Publikum war ebenso begeistert und gab am Ende sogar standing ovations.

Melanie Joannidis

Bild: Carl Brunn

Das Bild zeigt: Katharina Hagopian (Gräfin), Astrid Pyttlik (Cherubino) und Jelena Rakic (Susanna) v.l.n.r.

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