GRÄFIN MARIZA – Chemnitz, Oper

von Emmerich Kálmán (1882-1953), Operette in 3 Akten, Libretto: Julius Brammer u. Alfred Grünwald, UA: 28. Februar 1924, Wien

Regie: John Dew, Bühne: Thomas Gruber, Kostüme: José Manuel Vázquez

Dirigent: Anja Bihlmaier, Robert-Schumann-Philharmonie, Opernchor Chemnitz

Solisten: Johanna Stojkovic (Gräfin Mariza), Andreas Schager (Tassilo), Susanne Thielemann (Lisa), Frank Ernst (Baron Zsupán), Tiina Penttinen (Manja), Monika Straube (Fürstin Bozena), Matthias Winter (Populescu), Thomas Mäthger (Penizek) u. a.

Besuchte Aufführung: 19. November 2011 (Premiere)

Kurzinhalt

Der verarmte Graf Tassilo verdingt sich unter falschem Namen als Verwalter auf dem Gut von Gräfin Mariza, um seiner Schwester Lisa die zu ihrer Hochzeit benötigte Mitgift zu verdienen. Die Gräfin zieht sich indessen auf ihr Anwesen zurück unter dem Vorwand der Verlobung mit einem imaginären Baron Zsupán. Unerwartet taucht wirklich ein Adeliger namens Zsupán auf dem Gut der Gräfin auf, der um die Hand Marizas wirbt. Tassilo und die Gräfin kommen sich im Laufe der Zeit näher, begünstigt durch den Umstand, daß Baron Zsupán bereits ein Auge auf Lisa geworfen hat. Als Mariza zufälligerweise ein Brief Tassilos in die Hände fällt, in welchem er seine wahre Identität offenbart, zeigt sie ihm zunächst die kalte Schulter. Beide kommen letztendlich doch noch zusammen, nachdem Tassilos Tante seine Güter zurückgekauft hat und ihn so als ebenbürtigen Partner der Gräfin ausweist.

Aufführung

Das ganze Geschehen der in Koproduktion mit dem Staatstheater Darmstadt dargebotenen Inszenierung spielt sich im Ausschnitt eines durch hohe Öffnungen und klassizistische Vertäfelungen angedeuteten Schloßsaals ab. Ein auseinanderschiebbares, mehrfach gegliedertes Liegesofa läßt in den unterschiedlichen Akten dabei in äußerst geringem Maß eine Variation des Bühnenbildes erkennen. Hinweise auf die ländliche, parkähnliche Umgebung des Schloßgutes finden sich in der mit stilisierten Bäumen bedruckten Leinwand hinter den Durchbrüchen und in piktogrammähnlicher Darstellung von Schweinen auf der Borte oberhalb der Türöffnungen. Dem Bühnenbild gemäß agieren die Darsteller in Roben aus der Entstehungszeit der Operette sowie die Gräfin, im 3. Akt, auch in ungarischer Fantasie-Tracht.

Sänger und Orchester

Eine gesangstechnisch gute Leistung bot Tenor Andreas Schager (Tassilo). Sein Grüß mir … die Frauen im schönen Wien im ersten Akt leuchtet in walzerleichter, sauber intonierter Entrückheit, wobei er auch die lang ausgehaltenen Töne und die Höhen, ebenso wie im Komm Zigan, zum Glühen bringt. Die Rolle der Gräfin Mariza von Johanna Stojkovic bleibt hingegen im Gesang ohne Feuer. In der Mittellage fehlt es ihrem Sopran an dichter Wärme, in den oberen Bereichen paart sich ein mühsam erzwungener Druckaufbau dazu, der zu schrillen Dissonanzen unter schneller Ermüdung im Tonhaltevermögen führt. Ihre Darstellung zeigt zudem, insbesondere im Zusammenwirken mit Tassilo, wie beim Duett Einmal möcht‘ ich wieder tanzen stark distanzierte Unterkühltheit. Wesentlich lebendiger als Mariza und Tassilo formuliert hingegen Frank Ernst (Baron Zsupán) seine Rolle aus. Als Wirbelwind mischt er darstellerisch das Geschehen auf und sein süffisantes Lied Komm mit nach Varasdin gerät zu einem gesanglich mitreißenden Parforceritt. In den beiden Duetten mit Tassilo (Schwesterlein, Schwesterlein) sowie mit Baron Zsupán gerät der ausdruckslose Sopran von Susanne Thielemann (Lisa) gesanglich ebenso ins Hintertreffen, wie der Mezzosopran von Tiina Penttinen (Manja) bei ihren Partien mit unangenehm flattrigem Vibrato nicht überzeugen kann.

Anja Bihlmaier läßt die Robert-Schumann-Philharmonie in breitem, bisweilen etwas zu schleppend aufgetragenem Leinwandklang erklingen. Der Chor ist gut abgestimmt, wirkt jedoch im Ansingen gegen das Orchester an einigen Passagen zu schrill.

Fazit

Die pastose orchestrale Darbietung der Walzer und Csárdástänze bei den Massenszenen steht im unverständlichen Kontrast einer lediglich lustlos im Ringelreihen schreitenden Chormenge sowie zweier, auf dem musikalischen Liebeshöhepunkt-Walzerrausch, sich gelangweilt auf weit zueinander entfernten Liegesofas räkelnden Hauptprotagonisten. Durch den satten Orchesterklang werden zudem die Sänger über weite Strecken lautstärketechnisch zurückgedrängt, so daß ganze Passagen inhaltlich unverständlich und, an besonders dynamischen Stellen, die Sänger zu unschön überreiztem Gesang  mit dem Orchesterspiel animiert werden. Anstelle von scharfem ungarischem Paprika wird hier, insbesondere was die Inszenierung angeht, insgesamt unterkühlte, fade Kost geboten, die durch wenige sängerische Glanzpunkte keine bleibenden Akzente setzt.

Dr. Andreas Gerth

Bild: Dieter Wuschanski

Das Bild zeigt: Das Ensemble der Operette Gräfin Mariza

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