LA FORZA DEL DESTINO – Opéra National de Paris, Bastille

von Guiseppe Verdi (1813-1901), Melodramma in vier Akten (Fassung von 1862),  Libretto: Francesco Maria Piave nach Angel de Saavedra und Friedrich Schiller, UA: 10. November 1862 Sankt Petersburg, Mariinski Theater

Regie: Jean-Claude Auvray, Bühne: Alain Chambon, Kostüme: Maria Chiara Donato, Licht: Laurent Castaingt, Choreographie: Terry John Bates

Dirigent: Philippe Jordan, Chor und Orchester de l’Opéra National de Paris, Choreinstudierung: Patrick Marie Auber

Solisten: Mario Luperi (Il Marquese de Calatrava), Violeta Urmana (Donna Leonora), Vladimir Stoyanov (Don Carlo de Vargas), Zoran Todorovich (Don Alvaro), Nadia Krasteva (Prezisiolla), Kwangchul Youn (Padre Guardiano), Nicola Alaimo (Fra Melitone) u.a.

Besuchte Aufführung: 14. November 2011 (Premiere)

Kurzinhalt

In der Auseinandersetzung mit Don Alvero, der um seine Tochter Leonore wirbt, den er aber als Inkamischling ablehnt, wird der Marchese di Calatrava ungewollt getötet. Die beiden Liebenden fliehen, aber werden getrennt. Don Carlo, Leonores Bruder schwört Rache. Leonore, die Alvaro tot glaubt, zieht sich bald darauf in eine Einsiedelei zurück. Zwei Jahre später, rettet Alvaro unerkannt Carlo das Leben, wird aber bald darauf in der Schlacht verwundet. Sich sterbend fühlend, vertraut er seinem neuen Freund persönliche Papiere an, durch die dieser ihn erkennt. Einige Wochen darauf, Alvaro ist  genesen, treffen sie wieder aufeinander, werden aber von Soldaten getrennt. Alvaro, der Leonore tot wähnt, tritt ins Kloster ein.

Nach fünf Jahren Suche gelingt es Carlo ihn auch dort aufzuspüren und herauszufordern. Der Zweikampf findet zufällig vor Leonores Klause statt. Carlo wird tödlich getroffen, die Liebenden erkennen einander. Leonore eilt an die Seite ihres sterbenden Bruders, der sie mit letzter Kraft ermordet.

Aufführung

Jean-Claude Auvray und Alain Chambon skizzierten mit nur wenigen Requisten und Kulissen, (einige Stühle und Tische, ein riesiges hängendes Kruzifix oder eine Mondsichel über der leeren Bühne) durchaus ausreichende, zeitentsprechende Dekors. Die Kostüme und Uniformen in den Volks- und Soldatenszenen waren bunt und heiter, in den Gesellschafts- oder Klosterzenen dunkel und schlicht. Die Choreographie der Chöre, besonders in der Schillers Wallensteins Lager entlehnten Szene, leider etwas enttäuschend.

Sänger und Orchester

Violeta Urmanas gewaltige, hochdramatische Stimme kam, verhalten und lyrisch, besser zur Geltung, besonders im Duett mit Kwangchul Youns warmen, gediegenen Baß Or siam solo – Nun bin ich allein und dem anschließenden Ritual In santo nome Dio Signore – im geheiligste Namen Gottes, in dem der Sopran sich strahlend über den Mönchschor hinaufschwingt (2. Akt). Zweifellos eine der schönsten Szenen des späten Verdi!  Dagegen, klang das flehende Gebet am Ende der Oper Pace, pace, mio Dio! – Friede, mein Gott (4. Akt) eher nach überfordertem Aufschrei als nach  mystischem Hilferuf einer Seele, die keinen Frieden findet. Zoran Todorovich, der für Marcelo Alvarez kurzfristig eingesprungen war, und Vladimir Stoyanov, wurden den schwierigen Tenor-Baß Duetten des aufrichtig strebenden, aber rassisch diskriminierten Don Alvaro mit dem Ehre und Rache besessenen Don Carlo weder stimmlich noch schauspielerisch völlig gerecht. Am ehesten noch im bekannten Solenne in quest’ora – In dieser ernsten Stunde (3. Akt). Nadia Krastavas heller Mezzosopran als Marketenderin und Nicola Alaimos schöner Bariton als Fra Melitone, brachten erfreulichen Humor und Heiterkeit in die düstere Atmosphäre.

Hervorragend der Chor sowohl in den Klosterszenen wie auch in den Wirtshaus- und Feldlagerszenen.

Philippe dirigierte  Orchester, Chor und Solisten kraftvoll und präzis durch die vielseitige Partitur.

Fazit

Im Vergleich zu anderen Verdi-Opern ist La Forza del Destino mit seiner langen psychologisch komplizierten Leidenschaften von Liebe, Mord, Schuld, Rache zweifellos nicht nur weniger mitreissend, sondern mit den vom Komponisten gewollten politischen und sozialen Anspielungen sicherlich auch schwieriger in Szene zu setzen. Zum ersten Mal seit 30 Jahren hat die Pariser Oper dieses Wagnis wieder in Angriff genommen. Eine lobenswerte Entscheidung, die, wenn auch nicht völlig gelungen, mit entsprechendem  Applaus bedacht wurde.

Alexander Jordis-Lohausen

Bild: Opéra national de Paris/ Andrea Messana

Das Bild zeigt : Zoran Todorovich (Don Alvaro), Violeta Urmana (Donna Leonora) et Kwangchul Youn (Padre Guardiano)

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