OTELLO – Zürich, Opernhaus

von Giuseppe Verdi (1813-1901), lyrisches Drama in vier Akten, Libretto: Arrigo Boito nach der Tragödie Othello von William Shakespeare, UA: 1887 Mailand

Regie: Graham Vick, Paul Brown: Bühne/Kostüme, Licht: Jürgen Hoffmann

Dirigent: Daniele Gatti, Orchester der Oper Zürich, Chor der Oper Zürich, Zusatzchor, Kinderchor der Oper Zürich, Choreinstudierung: Jürg Hämmerli

Solisten: José Cura (Otello), Fiorenza Cedolins (Desdemona), Thomas Hampson (Jago), Stefan Pop (Cassio), Judith Schmid (Emilia), Benjamin Bernheim (Roderigo), Pavel Daniluk (Lodovico), Tomasz Slawinski (Montano), Evgeny Sevastyanov (Ein Herold)

Besuchte Aufführung: 20. Oktober 2011 (Premiere)

Kurzinhalt

Ende des fünfzehnten Jahrhunderts: Dem Mauren und Statthalter Zyperns Otello gewinnt die Seeschlacht für die Venezianer gegen die Türken. Otello ist mit der Venezianerin Desdemona glücklich verheiratet. Sein Fähnrich Jago kommt jedoch nicht zu den gewünschten Ehren und schmiedet Pläne zu Otellos Vernichtung. Ihm gelingt es, ein Taschentuch, das Otello Desdemona einst als Liebespfand schenkte, in die Hände zu bekommen und es Hauptmann Cassio zuzustecken. Auf Jagos Empfehlung hin trifft Cassio Desdemona. Otello hatte Cassio wegen einer Streiterei degradiert. Nun hofft er auf Desdemonas Fürsprache bei Otello. Bei dem Gespräch benutzt er arglos das Taschentuch. Als Otello das aus seinem Versteck sieht, glaubt er, daß Desdemona ihm untreu geworden sei. Zur Rede gestellt, beteuert Desdemona ihre Unschuld, jedoch umsonst. Otello erwürgt sie im Schlafzimmer. Jagos Frau Emilia klärt die Intrige auf. Daraufhin nimmt sich Otello das Leben und Jago flieht.

Aufführung

Militärisch und politisch gefärbt erscheint und bleibt das Bühnenbild vom Anfang bis zum Ende der Aufführung. Ein Panzer rollt über die Bühne, Feuer, ein ausgebranntes Auto und Stacheldraht sind unter anderem zu sehen. Die Bühne ist von schwarzen Wänden umschlossen, bietet den Zuschauern aber auch immer wieder farbenfrohe Augenblicke. Unter den keiner Epoche zuzuordnenden Kostümen sind vor allem die farbigen Kleider wie auch das weiße Brautkleid der Desdemona ansprechend. Hell gekleidete Chormitglieder schmieren zu Beginn schwarze Farbe auf die hellen Kleider und den Boden, wo das Paar später den Tod findet. Der Raum verwandelt sich in einen Festsaal, dann in ein Schlachtfeld und später in eine romantische Dämmerung, eine Wüstenlandschaft und ein leeres, schwarzes Schlafzimmer. Die ausgeklügelte Lichtregie setzt hier und da Akzente. Der große Vorhang zeigt einen riesengroßen Kußmund.

Sänger und Orchester

Das Orchester der Oper Zürich vermochte es durchgehend, die ausdrucksstarke Musik unter der Direktion von Daniele Gatti exzellent zu interpretieren. Eindrucksvoll wurde der gewaltige Sturm im ersten Akt dargestellt. Die Chöre wie auch der Kinderchor zeigten klangschöne Einsätz. Einen unermüdlichen, düsteren Charakter präsentierte der schauspielerisch wie stimmlich sichere Thomas Hampson als Jago. In Ardua impresa sarebbe Das wäre ein schwieriges Unterfangen kommen in vielfältiger Weise die unterschiedlichen Gefühlsregungen Jagos klar erkennbar zum Ausdruck (2. Akt). Der brillante José Cura (Otello) befand sich in der Stimmfärbung im Einklang mit dem hellen Sopran Fiorenza Cedolins (Desdemona). Sie standen im Mittelpunkt mit ihrem Liebesduett Già nella notte densa – Schon erstirbt in tiefer Nacht jeder Lärm (1. Akt). Fiorenza Cedolins sang betörend in A terra… – Am Boden mit zarten Koloraturen und schmerzlichen Ausdruck in ihrer Stimme (3. Akt). Ihr Talent konnte sie ebenso in Mia madre – Meine Mutter oder Ave Maria – Sei gegrüßt, Jungfrau Maria ergreifend darbieten (4. Akt). Außerdem konnte sie stets mit ihrem ihren freudestrahlenden Gesichtsausdruck begeistern. José Cura zeigte seine gewaltige Stimme unter anderem in Ah! Mille vite – Ah! Tausend Leben (2. Akt). Die klare Stimme von Stefan Pop (Cassio) schimmerte in der Unterhaltung mit Jago in Miracolo vago – Schönes Zauberwerk, bei der er das Tuch betrachtet (3. Akt). Judith Schmid gab eine selbstbewußte Emilia. Benjamin Bernheim (Roderigo), Pavel Daniluk (Lodovico) und Tomasz Slawinski (Montano) ergänzten das Sängerensemble mit ihrer sicheren Bühnenpräsenz, präziser Intonation und makellosem Spiel.

Fazit

Die Aufführung war rührend und erlebnisreich, sie stimmte nachdenklich und mitfühlend. Es ist dem Zürcher Opernhaus neben der musikalischen Perfektion einwandfrei gelungen, die zwischenmenschliche Dramaturgie der Oper Verdis auf die Bühne zu zaubern. Die Überladung der Inszenierung mit politischen Anspielungen auf die in den letzten fünfzehn Jahren stattgefundenen kriegerischen Ereignisse in der Welt hat das Publikum allerdings eher verstimmt.

Ruta Akelyte Hermann

Bild: Suzanne Schwiertz

Das Bild zeigt: Fiorenza Cedolins (Desdemona)

Veröffentlicht unter Opern, Zürich, Opernhaus