WERTHER – Magdeburg, Theater

von Jules Massenet (1842-1912), Lyrisches Drama in vier Akten, Libretto: Edouard Blau, Paul Milliet und Georges Hartmann nach dem Roman Die Leiden des jungen Werther von Johann Wolfgang von Goethe, UA: 16. Februar 1892, Wien, Hofoper

Regie: Walter Sutcliffe, Bühne/Kostüme: Kaspar Glarner, Dramaturgie: Ulrike Schröder

Dirigent: Rudolf Piehlmayer, Magdeburgische Philharmonie

Solisten: Iagos Ramos (Werther), Mario Solimene (Albert), Lucia Cervoni (Charlotte), Julie Martin du Theil (Sophie), Paul Skretis (Amtmann), Chan Young Lee (Schmidt), Wolfgang Klose (Johann), Marie Neumann (Marie), u.a.

Besuchte Aufführung: 29. Januar 2011 (Premiere, in französischer Sprache)

Kurzinhalt

Der junge Werther hat sich in die älteste Tochter des Amtmanns, Charlotte, verliebt. Diese übernimmt seit dem Tod ihrer Mutter die Erziehung ihrer jüngeren Geschwister. Sie kann Werthers Liebe nicht erwidern, da sie ihrer Mutter auf dem Sterbebett versprochen hat, Albert zu heiraten. Nachdem Werther ihr seine Gefühle gestanden hat, schickt sie ihn fort und heiratet Albert. Unglücklich und schwermütig liest sie immer wieder Werthers Briefe. Als dieser zu Weihnachten zurückkehrt, geben sie sich gemeinsamen Erinnerungen hin. Doch Werther darf nicht bleiben und läßt durch einen Boten um Alberts Waffen für seine Reise bitten. Tatsächlich plant er jedoch seinen Selbstmord. Charlotte ahnt Werthers Vorhaben, eilt ihm nach und findet ihn tödlich verwundet. Mit ihrem Geständnis, ihn immer geliebt zu haben, stirbt er.

Aufführung

Entsprechend der sich immer mehr in die Tiefe schraubenden Entwicklung des Librettos wandern auch die Handlungsorte von außen nach innen. Das musikalische Gerüst des Werkes besteht aus den vier großen Duetten von Werther und Charlotte, die auf die vier Akte verteilt sind, die wiederum vier sich intensivierende Stadien des Dramas an vier unterschiedlichen Orten wiedergeben. Die erste Hälfte der Oper ist nach Art eines Adventskalenders inszeniert. Auf einer senkrecht stehenden schwarzen Wand öffnet sich bei der Ouvertüre die erste Tür, und in den ersten zwei Akten geben weitere Türen den Blick auf spielzeugartig wirkende Szenen frei. So tauchen z.B. das Häuschen der Familie mit Vorgarten und später das Dorf mit dem Wirtshaus auf. Im dritten Akt sieht man Charlottes karg eingerichtete Stube und im vierten etliche Spiegel, von denen die Sterbeszene verdoppelt wird. Zwischen den Spiegeln bewegen sich Doppelgänger von Charlotte und Werther und andere Personen. Alle Sänger, auch die Kinder, tragen historische Kostüme.

Sänger und Orchester

Die Magdeburger Philharmonie schlägt unter der Leitung von Rudolf Piehlmayer einen durchsichtigen Klang an. Über einem Klangteppich von Streicher- oder Paukentremolos erheben sich immer wieder die sehnsuchtsvollen und wehmütigen Bläserstimmen, die allerdings auch in Bedrohlichkeit und Verzweiflung umschlagen.

Für die Hauptrolle des an seiner unerwiderten Liebe verzweifelnden Werthers ist Iagos Ramos

eine gute Wahl. Mit seinen stimmlich weitgreifenden Ausdrucksmöglichkeiten, von der leisen Klage bis zur tiefen Verzweiflung, verleiht er der Figur – wenn auch mehr musikalisch als darstellerisch – Glaubwürdigkeit. Lucia Cervoni kann die vor allem zu Beginn unschuldig-pflichtbewußte und mütterlich wirkende Charlotte gut spielen. Sie singt ihren Part überzeugend, wobei der Höhepunkt im dritten Akt liegt Va! Laisse couler mes larmes – Ja! Laß meine Tränen fließen als sie ihre nicht zu verwirklichende Liebessehnsucht erkennen muß und der Klang des Altsaxophons ihre unendlich große Traurigkeit unterstreicht. Julie Martin du Theil (Sophie) ist ein heiteres Gegenbild zu ihrer schwermütigen Schwester, aufmerksam und wachsam, mit hellem Sopran, intonationssicher, wenn auch etwas zu leise singend. Mario Solimene wirkt als Charlottes Ehemann Albert eher etwas unbeholfen als mißtrauisch und eifersüchtig. Manchmal klingt seine sonst angenehme Baritonstimme in der Tiefe etwas gedrückt. Paul Skretis (Amtmann) gibt mit Chan Young Lee (Schmidt) und Wolfgang Klose (Johann) dem Stück Lokalkolorit. Der kleine Kinderchor trifft mit der mehrfach auftauchenden Weihnachtsmelodie die jeweilige Gefühlslage.

Fazit

Das Lehrstück über die Liebe mit der nicht mehr zu korrigierende Entscheidung für den falschen Ehepartner wurde entsprechend der Absicht des Librettisten Paul Milliet, demzufolge ein Opernsujet einfach und unmittelbar sein solle, umgesetzt. Den Musikern gelang es, diese Geschichte menschlicher Leidenschaft stimmlich und instrumental ausdrucksstark wiederzugeben. Es war insgesamt eine runde, sich im Dramatischen konsequent steigernde Aufführung mit viel Applaus, durchsetzt mit einigen Bravos für das unglückliche Liebespaar.

Carola Jakubowski

Bild: Andreas Lander

Das Bild zeigt: Iagos Ramos (Werther) und Lucia Cervon (Charlotte)

Charlotte weist Werther erneut zurück, woraufhin er endgültig seinen Tod beschließt

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